Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
herumstreichenden Verkehrsüberwacher bewahren.
Er betrat den kleinen Laden. Wie eh und je war er vollgestopft mit Kleidung. Alle Wände waren auf zwei Etagen mit Kleiderstangen versehen, auf denen dicht gedrängt alles hing, was andere meinten, nur ein- oder zweimal tragen zu können. Aber hier im Erdgeschoss gab es nur Damenbekleidung. Die Haupteinnahmequelle des Geschäftes. Vor einem kleinen Hinterzimmer wurde ein dunkelroter Samtvorhang beiseitegeschoben, und eine Frau in Roders Alter erschien. Sie hatte ihre blonden Haare hochgesteckt und trug zu einer schwarzen Hose eine weiße Bluse, darüber noch eine schwarze Weste, die verspielt in Rot, Grün und Blau bestickt war. „Hallo Kurt! Schön, dass du mal wieder vorbeischaust!“
Roder trat auf sie zu und nahm sie leicht, zuviel Berührung vermeidend, in den Arm. „Hallo Elli! Ich wollt mal wieder schauen, ob du etwas für mich hast.“
„Geh nur runter! Es ist wieder einiges reingekommen. Bestimmt ist etwas für dich dabei.“
Etwas unbeholfen wandte sich Roder von ihr ab und schritt vorsichtig durch einen Mauerdurchbruch, der nach unten in den Keller führte. Er kannte die alte Holztreppe und wusste, dass man sich besser nur langsam auf den ausgetretenen, runden Stufen bewegte.
Der Kellerraum war stickig und die Decke sehr niedrig. Zwei Glaslampen mit Drahtkörben an der Decke gaben zu wenig Licht, um die hier ausgestellte Ware gut in Augenschein nehmen zu können. Aber Roder reichte das. Er schob auf einem Kleiderständer einige Anzüge hin und her, war aber noch nicht richtig bei der Sache.
Er hatte Elli mal geliebt. Vor einigen Jahren hatte er sie kennengelernt, als er im Kommissariat für Einbruchsdiebstahl aushalf, das damals einer Vielzahl von Einbrüchen in Nobelboutiquen nachging. Er hatte den Auftrag übernommen, alle Bremer Geschäfte zu überprüfen, die mit gebrauchter Kleidung handelten. So hatte er Elli das erste Mal getroffen. Sofort hatte er sich in sie verliebt. Er mochte ihr Lachen, ihr unbeschwertes Wesen, ihre Schönheit. Er blieb damals einen ganzen Nachmittag bei ihr, und sie sprachen über alles Mögliche, nur nicht über seine Ermittlung.
Danach hatte er sich noch ein paarmal mit ihr getroffen. Aber er merkte schnell, dass ihr Lebensstil nicht seiner werden konnte. Sie war immer unterwegs, ließ keine Party aus und ging sehr kokett mit anderen Männern um. Das verletzte ihn sehr und machte ihn eifersüchtig. Als er sie darauf ansprach und verlangte, dass sie sich zukünftig anders verhalten sollte, wies sie ihn schroff zurück. „Bleib du mal hübsch in deiner Welt. Ich bleibe in meiner!“ hatte sie zu ihm gesagt. Danach war Schluss.
Trotzdem erschien Roder immer wieder mal bei ihr im Geschäft und kaufte ab und an etwas. Er konnte nicht ganz von ihr lassen. Aber er wusste auch genau, dass er nur kommen würde, um zu sehen, ob es ihr schlecht ginge. Insgeheim wünschte er sich, dass sie scheiterte, ihr Geschäft würde aufgeben müssen und zu ihm zurückkehrte. Das war ein mieser Gedanke. Das wusste Roder. Aber er kam aus seiner Rolle nicht heraus. Er wollte bestimmen, wie es laufen sollte. Er wollte die Macht. Aber so hatte es eben nicht funktioniert.
Er wandte sich einem anderen Ständer mit einzelnen Sakkos zu. Aber er fand nichts Passendes. Er war auch nicht mehr in der Stimmung, um sich etwas Schönes zu kaufen. „Was soll ich eigentlich hier!“ sagte er zu sich selbst und schob mit einem heftigen Ruck die Sakkos auf dem Ständer wieder auseinander. Schnell stieg er die Stufen der Treppe hinauf. Er fühlte sich schwach und unbeholfen. Er wollte nur noch raus hier. Ohne ein Wort des Abschieds eilte er aus dem Laden. Er schaute auf seine Armbanduhr. Es war Zeit, den Diskothekenbesitzer aufzusuchen.
Wieder im Wagen, zog er sein Notizheft hervor und vergewisserte sich, dass er Namen und Adresse noch richtig im Gedächtnis hatte: Roland Koch, Schwachhauser Heerstraße. Roder fuhr in einem großen Bogen in Richtung des Bremer Nobelstadtteils Schwachhausen. Hier wohnten viele betuchte Bremer Bürger in alten Patriziervillen. Mondän wirkende Neubauten mit sündhaft teuren Eigentumswohnungen waren hinzugekommen. Die Mieten waren hoch, und die Preise in den Einzelhandelsgeschäften passten zu dem hohen Einkommen der hier ansässigen Bürger.
Roder suchte an der Schwachhauser Heerstraße nach den Hausnummern. Gleich musste das Haus von Koch kommen. Eine Einfahrt, kitschig eingerahmt von zwei weißen Löwen, musste von ihm
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