Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
und sandte ihm einen giftigen Blick zu, der ihm unzweifelhaft klarmachte, dass er Anordnungen zu befolgen hatte. „Und Sie halten Kontakt mit von Sülzen. Vielleicht hat der noch eine Überraschung für uns parat.“
Roder schluckte seine Wut herunter. Jetzt zu opponieren würde nur seine eigene Autorität untergraben. Schließlich vertrat er als Vorgesetzter selbst dauernd die Ansicht, dass man sich als Kriminalbeamter für keine Aufgabe zu fein fühlen sollte.
Mit Genugtuung registrierte Mechthild Roders Verhalten und fuhr fort: „Herr Heller, Sie klappern die Banken und Sparkassen ab und versuchen herauszukriegen, wo Lautermann sein Konto hatte. Versuchen Sie es aber zuerst bei der Bundeswehr. Die Gehaltsstelle dort müsste es ja auch wissen, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Ihnen Auskunft geben werden. Sie wissen ja: der Datenschutz!“ Ayse bat sie, mit Wolfgang Tölling in Kontakt zu treten. Sie selbst erklärte, die Spur im Senegal zu verfolgen. Dann erhob sie sich.
Stein und Krasnitz riefen wie im Chor: „Und wir?“
„Entweder Sie nehmen sich noch mal das Haus am Rembertiring vor, oder Sie sichten mit Herrn Roder die Karten. Aber das muss mein Stellvertreter entscheiden. Dem sind Sie ja unterstellt. Genauso wie Kollege Ludovic.“
Dann verließ sie eilig den Raum. Behrmann lachte. Sehr zum Unbehagen von Krasnitz und Stein. Denn beide ahnten, was jetzt auf sie zukam: Sie würden die Generalstabskarten auswerten müssen und Roder die Gerichtsmedizin aufsuchen.
Doch Kurt Roder hatte Mechthilds Spiel zur Festigung ihres Führungsanspruchs durchschaut. Darauf fiel er so schnell nicht herein.
„Hör zu, Krasnitz. Ruf von Sülzen an und frag, ob es etwas Neues gibt. Wenn nicht, fahren wir drei gleich zur Bereitschaftspolizei und suchen nach Karten. Die haben von jedem Winkel in Deutschland eine Generalstabskarte.“
Krasnitz, Ludovic und Stein waren erleichtert, dass sie nicht mit dieser unangenehmen Aufgabe alleingelassen wurden. Und wenn der Chef dabei war, sah sie doch gleich viel besser aus.
Der Mitarbeiterin in der Pensionskasse beim Senator für Finanzen war es ein Vergnügen, für Ayse die Adresse von Wolfgang Tölling herauszusuchen.
Ayse machte sich sofort auf den Weg. Von der Fahrbereitschaft erhielt sie einen der neuen japanischen Vans, die die Polizei seit kurzem fuhr. Früher wurden nur deutsche Automarken gekauft, in den letzten Jahren hauptsächlich Mercedes Benz, da die Stuttgarter Autobauer in Bremen ein Werk gegründet hatten. Für dieses Investment wollte die Politik sich erkenntlich zeigen und stieg von Opel und Ford um auf Mercedes. Mittlerweile waren die öffentlichen Kassen in Bremen aber so leer, dass die teuren Mercedesmodelle zum Teil durch preiswertere Autos aus dem Ausland, vornehmlich Japan, ergänzt wurden. Und die japanischen Autohersteller stellten großzügig gleich mehrere Probewagen zur Verfügung, was das polizeiliche Budget für Fahrzeugbeschaffungen spürbar entlastete.
Der Mitsubishi, mit dem sich Ayse auf den Weg machte, verfügte glücklicherweise über ein Navigationssystem. Das ersparte ihr eine Menge Sucherei, denn Tölling wohnte seit seiner Pensionierung in einer Ortschaft namens Beckedorf, in der Nähe von Schwanewede. Einer Gegend, die Ayse überhaupt nicht vertraut war.
Sie brauste die A 27 Richtung Norden entlang, und als die Stimme aus dem Off ihr zusäuselte, dass sie die nächste Abfahrt nehmen sollte, wechselte sie auf die sich anschließende Stadtautobahn Richtung Vegesack. Dann kurvte sie, gelenkt vom Navigationssystem, durch ihr völlig unbekannte Straßen, kam auf eine Allee mit dem Namen Borchshöher Straße und musste dann links abbiegen. Ein paar Kilometer weiter ging es wieder links ab nach Beckedorf.
Beckedorf war ein kleines, gepflegtes Dörfchen. Als Ayse ihr Ziel erreicht hatte, parkte sie vor einem Einfamilienhaus aus den fünfziger Jahren. Zwei Etagen, Satteldach, rundum glatt verputzt, das ehemalige Weiß der Wände war grau geworden. Ein unscheinbares Haus ohne Schnörkel.
Nicht mein Fall, dachte Ayse. Aber das Grundstück war schön. Es war groß, ein gepflegter Garten breitete seine erste Pracht mit sattblühenden Kamelien vor dem Haus aus, und im hinteren Teil des Grundstücks waren alte und große Eichen zu erkennen. Schwule mögen eben Blumen, dachte sie und ärgerte sich sofort, dass sie den gleichen Vorbehalten Raum gegeben hatte wie Roder. So sehr wirkt hintergründig die Erziehung einer Gesellschaft, wurde ihr
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