Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
großen Zeitabständen aufgebracht worden waren, technisch einwandfrei voneinander trennen konnte. Und zwar gerichtsfest.
Seit einigen Stunden saß er nun schon mit einem auf Daktyloskopien und einem auf Fasern und Papier spezialisierten Kollegen zusammen und experimentierte herum. Sie hatten sich aus dem großen Papiercontainer des Polizeipräsidiums weggeworfene Ausdrucke fehlerhafte Formulare herausgefischt und brachten nun ihre eigenen Fingerabdrücke auf die zerknitterten Papiere auf, um sie anschließend wieder abzuziehen. Die damit verbundenen Schwierigkeiten waren offensichtlich. Die verschiedenen Fingerabdrücke hatten extrem unterschiedliche Fettgehalte, so dass sie sich beim Abnehmen schnell in einen unbrauchbaren Zustand vermischten. Es gelang ihnen zwar nach einigem Herumfummeln, übereinanderliegende Abdrücke verschiedenen Alters in einem Stück aufzunehmen, aber eine anschließende Trennung misslang. Zudem deckten sich bei einigen übereinanderliegenden Abdrücken feine Papillarlinien, die eine exakte Trennung und Zuordnung nicht zuließen.
Hajo Eggert, der Papierspezialist, schlug vor, das auf das Trägerpapier aufgebrachte Ninhydrin, das auf die im Schweiß enthaltenen Aminosäuren reagiert und vorhandene Fingerabdrucklinien blau nachzeichnet, anschließend noch mit einer Silbernitratlösung zu besprühen, um möglicherweise durch Nuancen im Blauton der Verfärbung der unterschiedlich alten Abdrücke eine Differenzierung zu erreichen.
Behrmann war einverstanden, und sein Kollege sprühte vorsichtig aus einem feinen Zerstäuber die Silbernitratlösung auf. Er legte das Blatt Papier unter eine UV-Lampe. Mit dem bloßen Auge war kaum eine Veränderung zu erkennen. Aber unter dem Mikroskop zeigten die unterschiedlichen Abdrücke auch feine Unterschiede in der Farbintensität. Doch es kam leider auch zu Auflösungserscheinungen, da die Farben begannen sich zu vermischen.
„Verdammt!“ ärgerte sich Willi Schenk, der Daktyloskop im ED, und schlug mit der flachen Hand auf seinen Monitor, auf den das Mikroskop das Bild der verlaufenen Fingerabdrücke übertragen hatte. „So haben wir zu wenig Zeit, um mit dem Ergebnis arbeiten zu können.“
„Die Konzentration des Silbernitrats ist noch zu hoch“, ergänzte Hajo Eggert.
„Kann man es nicht verdünnen?“ fragte Behrmann und merkte, dass er auf diesem Gebiet maximal als interessierter Laie einzustufen war und Gefahr lief, eine dumme Frage gestellt zu haben.
„Das kann man machen, aber dann fehlen die Ergebnisse. So lange es sich um eine Lösung handelt, behalten wir unser Problem. Die Aminosäuren der verschiedenen Abdrücke vermischen sich. Sie sind ja im Großen und Ganzen identisch.“
Behrmann war froh, kein dummes Zeug geredet zu haben und fühlte sich angespornt, eine weitere Idee beizusteuern. „Und kann man Silbernitrat nicht als Gas bekommen? Dann gibt es ja keine Flüssigkeit, die sich mischen kann.“
Eggert überlegte lange. Er war von Haus aus Chemiker, und Experimente waren ihm immer lieb. Aus einem Bücherregal an der Wand zog er einen roten Band heraus. Nach einigem Blättern vertiefte er sich in einen Text, klappte dann das Buch wieder zu und stellte es zurück. „Bei 440 Grad beginnt sich Silbernitrat zu zersetzen und bildet dann ein nitroses Gas. Wir probieren das aus. Ich habe das aber noch nicht gemacht. Wir werden sehen.“
Der Chemiker ging in Gedanken vertieft in sein Labor. Behrmann wies Schenk mit einer Kopfbewegung an, ihm zu folgen. Dort standen überall technische Geräte, Bunsenbrenner, Glaskolben und Ständer mit Reagenzgläsern herum. Alles wirkte sehr modern. Und klinisch rein. Edelstahl spiegelte in verschwommenen Bildern die Einrichtung wider. Unter der Decke lief ein dickes Rohr entlang bis zu einem riesigen Kasten an der Wand. Einer Absaugvorrichtung. Auch mit Edelstahl verkleidet.
Eggert hatte vor einem metallischen Kasten Platz genommen, der an einen Brennofen für Keramik erinnerte. Aus einer braunen Flasche mit Glasstöpsel tropfte er die darin enthaltene Flüssigkeit in einen gläsernen Napf. Er öffnete die Tür des Erhitzungsgeräts und stellte den Napf hinein. Dann griff er in eine Schublade und zog mehrere Atemsschutzmasken heraus. „Hier, die müsst ihr tragen. Wenn Silbernitrat erhitzt wird, entsteht ein Reizgas.“
Dann schaltete er das Gerät ein, wählte auf einer Tastatur die erforderliche Temperatur und startete den Erhitzungsvorgang. Behrmann und seine Kollegen setzten die Masken
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