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Für immer tot

Für immer tot

Titel: Für immer tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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wird nicht tatenlos warten, bis der nächste Mensch stirbt, den er liebt. Das wird er nicht.
    Sie stehen an einer Autobahnraststation und Max tritt auf eine Mülltonne ein.
    – Wir bleiben.
    – Was soll das bringen, Max?
    – Wir suchen jetzt diesen Vinzenz und prügeln die Wahrheit aus ihm heraus.
    – Das muss nicht sein, dass er ihn herausgelassen hat. Nur weil er uns geholfen hat, heißt das nicht, dass er auch Wagner geholfen hat. Ich glaube nicht, dass er etwas damit zu tun hat, er wollte einfach weg, nach Thailand, er hat seine Chance gerochen und zugegriffen.
    – Er war es.
    – Es ist wirklich besser, wenn wir zurückfahren, Max. Es ist genug passiert.
    – Dieser Scheißkerl wird uns sagen, was er weiß, das verspreche ich dir.
    – Wagner ist gefährlich, Max.
    – Das bin ich auch.
    Mit diesen vier Worten beendet Max das Gespräch und setzt sich ans Steuer. Fragend schaut er Baroni an, er lässt ihm die Wahl, einzusteigen oder stehen zu bleiben auf dem Parkplatz. Drei Sekunden lang, vier. Wie Max den Wagen startet und losfahren will, wie er die Beifahrertür zuzieht, wie er Gas gibt. Wie Baroni die Tür aufreißt und in den Wagen springt.
    Scheißdreck, sagt er.
    Scheißdreck, sagt Max.
    Sie nehmen die nächste Ausfahrt, Baroni telefoniert. Er spricht mit einer Justizwachebeamtin, er fragt nach ihm, er fragt, ob er da ist, wo er wohnt. Freundlich erklärt er, Vinzenz habe in der Kneipe, in der sie sich kennengelernt haben, seine Jacke vergessen mit seiner Geldtasche darin, er will sie ihm zurückbringen. Vinzenz ist nicht zur Arbeit gekommen, antwortet sie ihm und gibt ihm seine Adresse. Baroni bedankt sich, er tippt die Adresse ins Navi, Max gibt Gas.
    Er will Antworten, er will retten, was noch zu retten ist, er will nicht weinen, nicht an sie denken, er will ihre Haut vergessen, ihre Finger, die sich nicht mehr bewegten. Er will nicht begreifen, was passiert ist, es nicht verstehen, er will nur zu diesem korrupten Scheißkerl, er will Tilda finden.
    Ohne Worte zurück in die Stadt. Nur die Frau im Navi spricht. In dreihundert Metern werden sie rechts abbiegen. Max malt sich aus, was er mit ihm machen wird, er fährt zu schnell, er überfährt rote Ampeln, er bleibt nicht stehen. Bis die gelangweilte Stimme ihn stoppt.
    Sie haben Ihr Ziel erreicht, sagt sie.
    Die Tür ist versperrt.
    Niemand öffnet. Ein kleines Stöckelgebäude, ein liebevoll gepflegter Innenhof, eine junge Frau, die ihr Baby hin und her schiebt. Max hört nicht auf zu klingeln, er klopft an die Tür, ruft seinen Namen. Keine Antwort, kein Vinzenz, niemand, der ihnen die Tür aufmacht, sie hereinbittet und ihnen erzählt, was sie wissen wollen. Nichts, nur die Frau mit dem Kind, die neugierig in ihre Richtung starrt.
    Der kommt so schnell nicht wieder, sagt sie.
    Max geht zu ihr. Das Kind brüllt. Er ist ungeduldig, er will wissen, was sie weiß, schnell, sofort.
    – Wo ist er hin?
    – Was wollen Sie denn von ihm?
    – Wir sind befreundet.
    – Dann müssten Sie doch wissen, dass er weg ist.
    – Wohin?
    – Er verlässt das Land, ohne seine Freunde zu informieren?
    – Ich will wissen, wo er hin ist.
    – Ich muss mich um mein Kind kümmern.
    – Du sagst mir jetzt sofort, wo er hin ist, sonst muss sich irgendwer um dich kümmern.
    Baroni greift ein. Er stellt sich zwischen die beiden, lächelt sie an, spielt mit seinem Charme, er versucht, die verschreckte Frau doch noch dazu zu bringen, ihren Mund aufzumachen. Er sagt, wie wichtig es sei, Vinzenz zu finden, dass er helfen könnte, ein Verbrechen aufzuklären, dass sie dafür aber sofort mit ihm sprechen müssen. Baronis Stimme ist weich, vertrauenswürdig, er umgarnt sie, beruhigt sie, lenkt von Max ab, der von einem Bein auf das andere tritt.
    Max ist ungeduldig, er hat keine Lust, sich mit dieser Frau abzugeben, sich ihr Vertrauen zu erschleimen. Sie soll einfach sagen, was sie weiß, wo er hin ist, schnell. Max ist ungeduldig, er wäre bereit, ihr weh zu tun, einer völlig Fremden, er wäre dazu in der Lage. Er spürt es, seine Ungeduld, die fast weh tut, die Angst, die ihn antreibt, der Hass auf Wagner, der Schmerz, den er mit Gewalt unten hält. Später wird er weinen. Später wird er zusammenbrechen. Später. Nicht jetzt. Jetzt wird er diese Frau dazu bringen zu reden.
    Kurz bevor Max Baroni zur Seite schieben will, bevor er sie aufheben und schütteln will, redet sie. Sie weiß, dass er gepackt hat, dass er sein Zimmer gekündigt hat, dass er nicht wiederkommen wird. Er

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