Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für immer tot

Für immer tot

Titel: Für immer tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
Vom Netzwerk:
hat sich für immer von ihr verabschiedet, sagt sie. Er ist zum Flughafen. Er will nach Thailand.
    Dieses Arschloch, sagt Max.
    Schnell, sagt Baroni.
    Er fährt.
    Es gibt nichts anderes zu tun, nichts, das sinnvoller wäre, nichts, das sie schneller zu Tilda bringen würde. Vinzenz ist der Schlüssel zu ihrem Grab. Max ist überzeugt davon, und egal ob er recht hat oder nicht, nichts kann ihn davon abhalten weiterzufahren. Baroni sitzt neben ihm. Er wird ihn nicht allein lassen, er wird bei ihm bleiben, bis zum Schluss. Max weiß das.
    Noch eine Stunde Autobahn.
    Vinzenz ist vor fünf Stunden aufgebrochen. Vielleicht ist er noch da, sie werden ihn am Flughafen finden, er wird dort auf seine Maschine warten, er wird ihnen sagen, was sie wissen wollen, er wird Wagner belasten, er wird. Max hofft. Was aber, wenn er schon in der Luft ist, weg für immer? Was, wenn sie ihn nicht finden? Was dann? Vinzenz. Sie werden ihn ausrufen lassen, sie werden bei der Information auf ihn warten, sie werden ihn zum Reden bringen, irgendwo im Keller, zwischen Gates und Toiletten.
    Bitte beeil dich, sagt Max.
    Baroni weiß, was Max denkt, was er sich ausmalt, was er hofft, worüber er nicht sprechen will. Über Hanni, dass er nichts davon wissen, nichts spüren will. Nur Wagner, Tilda, Vinzenz. Max will sich ablenken, er will nicht, dass es passiert ist, dass Hanni tot ist, er ignoriert es, will es nicht wahrhaben, er schweigt, so als wäre es nicht passiert, solange er nicht darüber redet.
    Max kaut an seinen Nägeln. Er reißt kleine Stücke Haut von sich und verschluckt sie. Dreißig Minuten noch. Er beißt ein großes Stück Nagel ab, sein Daumen blutet. Noch zwanzig Minuten. Baroni versucht, ein Gespräch zu beginnen, aber Max kann nicht. Nicht reden. Weiterfahren. Ankommen. Er spürt, wie es ihn zerreißen würde von innen, wenn er nur an sie denken würde, an ihre kalte Haut. Wie er sie nach unten drückt, die Bilder von ihr, ihre Stimme. Wie sie um ihr Leben ringt. Max will nichts davon, nichts wissen, er schiebt es von sich, lässt sich nicht die Luft nehmen, sich nach unten ziehen, er bleibt oben, er muss Tilda finden, muss wach bleiben, darf nicht weinen, nicht an sie denken. Nicht an sie denken. Sie ist wie eine Mure, die droht, ihn zu überrollen, kaputt zu machen. Hanni.
    Er beißt noch einen Nagel ab.
    Sie ist tot.
    Nicht an sie denken. Nicht jetzt. Später. Wie er weinen will und nicht kann. Wie alles zu Ende ist. Wie sie die Autobahn verlassen. Wie Max kämpft. Wie er ihre Stimme hört.
    Sie haben Ihr Ziel erreicht, sagt sie.
    Sie haben ihr Ziel erreicht.

Zwölf
     
    Baroni hat sich um alles gekümmert.
    Trotzdem kamen sie zu spät. Noch vom Auto aus hat er herausgefunden, wann er fliegt, welche Airline, Abflugzeit, welches Gate. Es war der einzige Direktflug, Wien-Bangkok. Baroni hat ihn ausrufen lassen, doch niemand hat sich gemeldet, keine Spur von ihm. Auskünfte über Passagierlisten bekam er nicht. Verzweifelt versuchte er, Max und sich in den Abflugbereich zu bringen, aber er scheiterte, sein charmantes Lächeln war zu wenig, dass er früher ein Star war, reichte nicht, sie blieben hinter der Sicherheitskontrolle, weit entfernt von Vinzenz, von der Wahrheit.
    Ohne Ticket kein Zutritt, sagte eine blonde Dame.
    Dann geben Sie mir zwei Tickets, sagte Baroni.
    Zweitausendeinhundertzwanzig Euro bezahlte er, nur um mit Max durch die Sicherheitskontrolle zu kommen, um zum richtigen Gate zu gelangen, um auf dem kleinen Bildschirm zu sehen, dass das Boarding für den Flug nach Bangkok bereits beendet war.
    Sie rannten quer durch das Gebäude, sie rempelten, stolperten, sie waren außer Atem, als sie bei der Dame ankamen, die sie stoppte.
    Es gibt keine Möglichkeit mehr, das Flugzeug zurückzuholen, hieß es, die Startvorbereitungen haben bereits begonnen.
    Baroni beschwerte sich, man habe ihm Tickets für diesen Flug verkauft, man müsse sie an Bord lassen, er schimpfte, bettelte, doch sie ließen sie nicht mehr nach unten, nicht mehr in das Flugzeug, nicht mehr zu Vinzenz. Man werde sich bemühen, bei einer Umbuchung behilflich zu sein, sagte die Stewardess.
    Scheißdreck, sagte Baroni.
    Die Dame versuchte Baroni zu beruhigen. Max stand an der Scheibe und starrte nach unten. Nichts ging mehr. Er sah, wie sie die Bremsklötze wegschoben, wie sie das Flugzeug langsam von ihm wegschoben. Wie Max auf die vielen kleinen Fenster starrte, wie sein Gesicht ganz nah an der Scheibe war. Wie seine Augen nach ihm suchten. Nach

Weitere Kostenlose Bücher