Für immer tot
Egal, Max, hast du das nicht gesehen? Ähnlicher kann man einem Menschen nicht sehen. Keine Ahnung, wer diese Frau ist, aber das Kind ist von Wagner.
– Du redest Scheiße, Baroni.
– Ich beweise es dir.
Baroni steigt aus und verschwindet im Eingangsbereich.
Max wartet, beobachtet weiter die Ausfahrt. Es kann nicht sein, was Baroni sagt. Wie sollte es möglich sein, dass Wagner ein Kind hat, ein Baby, eine Frau, die weiß, wer er ist, und trotzdem mit ihm schläft, eine Frau, die ihn besucht. Das kann nicht sein, niemand geht mit diesem Schwein ins Bett. Auch wenn er es geschafft haben sollte, jemanden zu verführen, spätestens wenn sie herausgefunden hätte, wer er ist, hätte sie beschlossen, ihn nie wiedersehen zu wollen. Keine Mutter würde ihn im Gefängnis besuchen, ihrem Kind einen solchen Vater schenken. Keine. Doch Baroni ist sich sicher, er hat seinen Posten verlassen, er riskiert, dass Wagner entkommt. Er ist einfach ausgestiegen und zurück ins Gefängnis, seine Augen waren so überzeugt von diesem Unsinn, hätte er darauf wetten müssen, hätte er sein Haus eingesetzt.
Max lässt das Tor nicht aus den Augen. Minuten vergehen. Warum hat Baroni ihn alleingelassen? Was, wenn Wagner wirklich kommt? Wenn er in einem Auto durch das Tor kommt? Alleine kann er ihn nicht aufhalten, alleine kann er das Auto nicht überprüfen, durchsuchen, den Fahrer dazu bringen stehenzubleiben, die Türen aufreißen. Warum musste Baroni dieser Frau nachgehen, seinen Hirngespinsten, warum hat er ihn alleingelassen? Warum ist Baroni ein so gottverdammter Spinner? Warum? Max starrt auf das Tor.
Dann geht die Autotür auf.
– Bingo.
– Was, Bingo?
– Weißt du, wer das war?
– Es ist mir scheißegal, wer das war, du sollst mich nicht allein lassen, ich kann das hier nicht ohne dich.
– Planänderung, Max.
– Was ist los, verdammt?
– Die Justizwachebeamtin war sehr freundlich, sie hat mir alles erzählt.
– Was?
– Das war die Frau von Blum.
– Schön für ihn.
– Und das war sein Sohn.
– Bravo, Baroni, und?
– Das Kind ist knapp ein Jahr alt, Frau Blum zweiundvierzig. Sie haben es offenbar jahrelang versucht, jahrelang hat es nicht funktioniert.
– Was willst du damit sagen?
– Mein lieber Max, unser gottverdammter Wagner hat wieder zugeschlagen.
– Blödsinn.
– Die Beamtin sagt, im Gefängnis gab es schon seit Jahren Gerüchte darüber, das Ehepaar Blum war in fünf verschiedenen Befruchtungskliniken, hat unzählige Versuche hinter sich, sie haben wohl ein Vermögen ausgegeben, sagt sie.
– Du meinst, Blum hat sich von Wagner helfen lassen?
– Und Wagner hat sich von Blum helfen lassen.
– Blum soll also Wagner dazu überredet haben, seine Frau zu befruchten?
– Und Wagner hat seine Finger wieder nicht von seinem eigenen Sperma lassen können.
– Blödsinn.
– Doch, Max.
– Nur wegen einem Paar Ohren.
– Genau so war es. Blums Frau bekommt ein Kind, und Wagner bekommt Ausgang und das perfekte Alibi.
– Das ist doch an den Haaren herbeigezogen. Dass er ihr das Kind gemacht haben soll, dass Blum sich hat helfen lassen, dass es sein Sohn sein soll.
– Doch, Max, ich schwöre dir, das Kind ist von ihm. An solche Zufälle glaube ich nicht.
– Dumm nur, dass wir nichts davon beweisen können, mein lieber Baroni. Wir können sie ja kaum zu einem Vaterschaftstest zwingen.
– Doch, können wir.
Baroni startet den Wagen. Auf die Einwände von Max hört er nicht, er weiß, was er tut, er glaubt daran, er sieht die Rettung in den kleinen Kinderohren, aufgeregt versucht er Max davon zu überzeugen, ihm klar zu machen, dass es ihre einzige Chance ist, dass sie etwas abseits parken müssen. Baroni versteckt den Wagen hinter Mülltonnen, so, dass sie den Eingang gerade noch sehen können, dass sie sie sehen können, wenn sie wieder zu ihrem Auto zurückkommt, wenn sie losfährt.
Max weiß, was er vorhat, er wehrt sich, will das Tor nicht aus den Augen lassen, er glaubt nicht an Baronis wahnwitzige Theorie, er will bleiben, warten, Wagner aus dem Auto reißen. Doch Baroni lässt ihm keine Wahl. Mit ernsten Augen schaut er Max an, sie sagen, dass er sich zurückhalten soll, dass er still sein soll, ihm vertrauen.
Max lehnt sich zurück. Seine Augen verabschieden sich von dem Gedanken, Wagner in einem Kofferraum zu sehen, ihn unschädlich zu machen, ihm Tildas Versteck aus dem Mund zu reißen. Baroni hat anders entschieden. Max nickt nur. Alles, was passiert ist, war so
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