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Für immer tot

Für immer tot

Titel: Für immer tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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Pfarrersköchin, der alte Lehrer, Max. Drei Tage lang die Vorfreude, dann verschwanden die nackten Leiber zum ersten Mal in dem kleinen Holzhäuschen. Pfarrer Stein stand oben am Fenster und schaute finster.
    Hanni und Max waren damals kein Paar. Sie wollte ihn wieder zurück, aber Max ließ sich Zeit. Zwischenzeit. Er hatte sie verlassen, weil immer noch Emma in seinem Kopf war, diese Liebe, die ihn von klein auf begleitet hatte, er hatte zu wenig an ein neues Glück mit Hanni geglaubt, er konnte es nicht besser, ließ Hanni einfach gehen. Er wollte nur ihr Freund sein, mit ihr Pferde stehlen, mit ihr trinken, schwitzen, sie anschauen, wenn sie nackt neben ihm saß, sich vorstellen, wie es sich anfühlte, sie zu berühren. Nicht mehr. Er begehrte sie, doch er berührte sie nicht, er konnte nicht, lange nicht. Ihren wundervollen Körper spüren.
    Jahrelange Zwischenzeit. Die Zeit zwischen zwei Küssen. Jahrelang Hannis Wunsch, ihn wieder zurückzubekommen, jahrelang seine Abwehr, sein Zögern, seine Unsicherheit. Dann vor einem Jahr seine Zunge wieder in ihrem Mund, ihre in seinem, die Vertrautheit, die wieder sein durfte, Emma, die für immer aus dem Dorf ging, aus seinem Leben.
    Wie schön dieses halbe Jahr war. Schöner als alle vorher. Hanni war Heimat, mehr als es ein Haus je sein konnte, ein Dorf, eine Stadt, ein Land. Hannis Körper, Hannis Lachen, ihre Hände, ihre Worte beim Einschlafen, ihre sanfte Stimme beim Aufwachen. Mit ihr war alles besser, sein Leben, sie wiegte alles auf, sie war der Preis für alles, worauf er verzichtet hatte, die Belohnung für Entbehrungen, für sein Leben im Friedhofswärterhaus, für sein Leben mit der Schaufel. Hanni. Es war wunderschön. Bis vorgestern. Bis heute früh, als sie kalt neben ihm lag.
    Max schwitzt.
    Sauna, sein nackter Körper, Schweiß.
    Jede Pore schreit, weint, es rinnt aus ihm, alles, ob er will oder nicht. Er hat mit ihr geredet. Mit Blums Frau. Dann hat er sich vor den Fernseher gesetzt und zugesehen, wie sie nach Tilda suchten. Er wollte abwarten, bis Paul mit ihr fertig war, bis sie auch ihm alles erzählt hatte, bis die Dinge ihren Lauf nehmen würden. Max starrte in den Fernseher. Max wollte, dass sich alles auflöste, dass alles einfach aufhörte, dass die Bilder verschwammen, dass die Tränen endlich aus ihm herauskamen und er sich fallenlassen konnte, nicht mehr aufstehen musste.
    Dann ist er einfach aufgestanden.
    Die Treppen nach unten in den Garten.
    Er hat eingeheizt und sich ausgezogen. Er hat es nicht mehr ausgehalten vor dem Fernseher, er wollte davonlaufen, vor den Suchmannschaften und kreisenden Hubschraubern, sich vor ihnen verstecken, er wollte weg von diesen Bildern, von den Übertragungswagen, von den Versorgungszelten für die Journalisten. Er wollte nichts mehr sehen, nichts mehr hören, er wollte nur noch schwitzen, alles hinter sich lassen, es von sich abwaschen, es herausholen aus sich, alles, was weh tat, alle Bilder, jeden einzelnen Gedanken. Jeden Hund, der nach ihr schnüffelte. Jedes Stück Erde, das sie umdrehten. Alles.
    Auf allen Kanälen war es, ein Medienspektakel, sie warfen alles in die Schlacht, was ihnen zur Verfügung stand, sie versuchten dieselbe Geschichte jede Stunde neu zu erzählen, sie zeigten immer dieselben Bilder von Tilda, von Hanni, von Max. Verzweifelt hatten sie wieder und wieder versucht, ihn anzurufen, ihn zum Reden zu bringen, ihn zu überreden, sich fotografieren zu lassen im Kreise der Suchenden, sie bettelten ihn, boten ihm sogar Geld.
    Sie hatten herausgefunden, wo er war und was er dort wollte, sie hatten von Tildas Verdacht gehört, von Wagner, irgendjemand hatte geredet. Doch sie waren skeptisch, formulierten es vorsichtig, sie sprachen von einem möglichen Racheakt, an den die Vergrabene glaubte, sie selbst aber nicht, die Medien verfolgten diese Spur nicht weiter, sie wussten, dass es zu nichts führte, dass es sinnlos war, reinen Vermutungen hinterherzurennen. Sie konzentrierten die Berichterstattung auf die Suche, für etwas anderes gab es keine Basis, die Polizei ermittelte nicht gegen Wagner, er war nur ein Hirngespinst, dem niemand hinterherlaufen wollte.
    Tilda Broll lag irgendwo begraben, das war die Nachricht, nichts anderes. Ob man sie rechtzeitig finden würde, fragten sie sich, was sie am Telefon erzählte, wollten sie wissen, sie spekulierten, gaben Auszüge aus Gesprächen mit der Kripo wieder, die ihnen zugespielt worden waren. Alles drehte sich um Tilda, um die Suche, um

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