Für immer und eh nicht (German Edition)
schenkte Tee ein. Er hatte Hannas letzte Worte gehört. »Wenn ihr lieber schon los wollt, statt mit mir hier Tee zu trinken, dann sagt es ruhig!«
»Nein!«, kreischte ich, und als Hanna mich verwundert ansah, setzte ich leiser hinzu: »Ich brauche jetzt dringend eine Tasse starken Tee.«
Hannas Blicke wanderten zwischen Raphael und mir hin und her. Dann grinste sie vielsagend und flüsterte mir zu: »Und ich glaube, dass wir beide heute Abend dringend eine Flasche Rotwein brauchen. Du hast mir bestimmt einiges zu erzählen!«
2
S o, und jetzt raus mit der Sprache: Was läuft zwischen Raphael und dir?« Hanna schenkte Rotwein nach und machte es sich danach wieder in ihrem Sessel gemütlich. Seit einer Stunde saßen wir nun schon in Hannas Wohnzimmer vor dem knisternden Kaminfeuer und wärmten unsere Füße. Das Abendessen in einem Strandrestaurant war köstlich gewesen, aber nach Sonnenuntergang wurde es empfindlich kalt. Jetzt war ich froh über meinen Platz direkt am Kamin. Zufrieden zog ich mir eine Wolldecke über die Schultern, schwenkte den Rotwein in meinem Glas hin und her und schaute träumerisch in das flackernde Licht.
»Was soll schon laufen? Gar nichts. Ich kenne ihn doch kaum.«
»Du kanntest Lukas vier lange Jahre lang, und bei ihm habe ich deine Augen nie so strahlen sehen.«
»Das liegt am Licht des Feuers.« Es war mir unangenehm, dass Hanna mich so schnell durchschaut hatte.
»Irrtum, meine Liebe! Das liegt an Raphael.«
»Raphael von Hohenberg.« Ich ließ mir den Namen genießerisch auf der Zunge zergehen und spülte mit einem Schluck Rotwein nach.
Hanna kicherte. »Komischer Name, oder?«
»Was soll daran komisch sein? Ich finde, er klingt sehr edel und passt irgendwie zu ihm.«
»Du hältst ihn für ziemlich vollkommen, oder?«
»Du nicht?«
»Ich weiß nicht. Ich finde ihn fast schon zu perfekt, als dass es wahr sein könnte.«
»Wie meinst du das?«
»Fassen wir mal zusammen«, dozierte Hanna. Das konnte sie gut, schließlich war sie ausgebildete Pädagogin. »Er sieht toll aus, besitzt ein Schloss und einen Reitstall, und nun hat er anscheinend auch noch ein Auge auf dich geworfen. Das klingt wie im Märchen.«
Tat es das? Wenn ich ehrlich war, kam Raphael tatsächlich sehr nahe an die Vorstellung meines Märchenprinzen heran. Eigentlich traf er sie sogar perfekt. Aber warum sollte ich nicht auch einmal Glück haben?
Hannas Gedanken schienen in eine ähnliche Richtung zu gehen, denn sie tätschelte mir freundschaftlich die Hand. »Keine Sorge, ich gönne ihn dir von Herzen! Mögest du auf immer mit ihm glücklich sein.«
»Vielen Dank!« Ich prostete ihr zu. »Aber ganz so weit sind wir noch nicht.«
»Warten wir es ab.« Sie nahm einen großen Schluck Wein.
»Und, äh … Haben sich deine Töchter schon von ihrem Schulausflug gemeldet?«, fragte ich, bemüht um einen Themenwechsel. Noch konnte ich die Sache mit Raphael nicht richtig einordnen und wollte deshalb so wenig wie möglich über ihn sprechen.
»Ja, sie haben angerufen, als du unter der Dusche warst.«
»Und Peter?«
»Der meldet sich wegen der Zeitverschiebung immer erst gegen Mitternacht.«
Träge blickte ich zur Uhr. »Dann haben wir ja noch ewig Zeit zum Quatschen …«
»Genau«, bestätigte sie gut gelaunt. »Und nachdem du anscheinend lieber über die Familie als über deine neue Eroberung reden willst, tue ich dir den Gefallen. Also, wie geht es deinen Eltern?«
»Hm, ich weiß es nicht so genau. Mein Vater ist seit vier Wochen pensioniert und macht jetzt zu Hause meiner Mutter das Leben zur Hölle. Er organisiert den gesamten Haushalt um, ohne ihr wirklich zu helfen.« Ich dachte daran, wie gestresst meine Mutter ausgesehen hatte, als ich sie vor dem Abflug zum letzten Mal besucht hatte.
Hanna lachte. »Sie werden sich schon zusammenraufen.«
»Das hoffe ich. Sogar der Hund läuft momentan verstört durch die Gegend und wünscht sich sein früheres Leben zurück.«
»Franz-Ferdinand lebt noch?«
»Irgendein Franz-Ferdinand lebt immer.« Meine Mutter nannte alle ihre Hunde Franz-Ferdinand.
»Der wievielte ist es derzeit?«
»Der fünfte.«
Hanna rechnete nach. »Ich glaube, dann kenne ich ihn sogar.«
»Ja, er ist schon ein recht betagter alter Herr. Trotzdem zwingt ihn mein Vater seit vier Wochen zu langen Spaziergängen, gleichgültig bei welchem Wetter.«
»Das ist sehr gesund.«
»Nicht, wenn du ein Dackel bist, der jahrelang von seinem Frauchen hoffnungslos verwöhnt wurde. Ich
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