Für immer und eh nicht (German Edition)
Sommerkleid entgegen.
»Das ist traumhaft. Ist das deins?« Ich betrachtete den hellgrauen Stoff, der mit großen roten Blüten bedruckt war.
»Ja. Und das soll es auch bleiben. Ich leihe es dir nur für heute aus.« Hanna und ich hatten schon immer ungefähr die gleiche Figur gehabt – zu meinem Leidwesen auch nach ihrer Schwangerschaft. Doch sie konnte die überflüssigen Pfunde auf ihre Hormone schieben, während ich damit leben musste, dass man mir ansah, dass ich gut und gern aß.
»Danke! Du bist ein Schatz!«
Zwanzig Minuten später drehte ich mich neckisch vor dem Spiegel hin und her und bewunderte mich selbst. Der weit schwingende Stoff des Kleides ließ jede meiner Bewegungen weich und fließend erscheinen. Meine Haare fielen mir frisch gewaschen und duftend um die Schultern, und mein Mund glänzte dank Hannas Lippenstift verführerisch rot, Ton in Ton mit den Blumen auf dem grauen Kleid.
»Was machen wir wegen der Schuhe?« Hannas Blick blieb an meinen Füßen hängen.
»Verdammt! Ich habe nur Turnschuhe und Badelatschen dabei.«
»Hm. Beides ist nicht unbedingt erste Wahl«, grinste sie. »Und meine Schuhe passen dir nicht.« Sie hatte sehr kleine Füße.
»Macht nichts«, beschloss ich. »Dann gehe ich einfach ohne Schuhe.«
»Barfuß? Es ist recht frisch draußen.«
»Das ist egal.«
»Nackte Füße haben etwas sehr Erotisches an sich.«
»Hanna!« Ich streckte ihr die Zunge heraus.
»Nun geh’ schon!« Sie schob mich Richtung Tür. »Er hat sicherlich längst gesehen, dass wir zurück sind.«
Plötzlich bekam ich irrsinniges Herzklopfen. »Ich muss noch meine Sachen wegräumen.«
»Die können erst einmal hier liegenbleiben.«
»Ich habe die Dusche nicht geputzt.«
»Das macht Martha.«
»Aber meine Zahnbürste liegt noch auf dem Waschbecken.«
»Ich packe sie in deinen Beutel, keine Sorge.«
Keine Sorge? Momentan war ich so nervös und aufgeregt wie selten zuvor.
»Geh jetzt endlich!«, wiederholte Hanna. »Ich wünsche dir viel Glück!«
»Na, dann …« – ich atmete tief durch – »… dann mal los!«
Der Wind hatte aufgefrischt, als ich in den Garten trat, aber zum Glück war die Wiese trocken, so dass ich keine nassen Füße bekam. Langsam schlenderte ich an der Baumgruppe vorbei zu den Gästehäusern.
Ich war nur noch ein paar Schritte von den Häusern entfernt, als Raphaels Tür aufging und er auf die Terrasse trat.
Unwillkürlich hielt ich den Atem an. Er war noch attraktiver, als ich ihn in Erinnerung hatte. Sein marineblaues T-Shirt hing lose über die helle Jeans und war am Hals gerade so tief ausgeschnitten, dass man darunter seine braune, makellose Haut erkennen konnte. Ungeduldig strich er sich die Haare aus dem Gesicht und lächelte erfreut, als er mich erkannte.
»Da bist du ja wieder!«
»Ja.« Etwas enttäuscht blieb ich stehen. Nach den drei Tagen Trennung hatte ich etwas mehr erwartet als ein sachliches »Da bist du ja wieder!«
»Hat es Spaß gemacht?«
Noch solch eine nüchterne Frage! »Ja.«
»Habt ihr viel gesehen?«
Ich nickte.
»Das ist schön. Ich wollte gerade …« Die Titelmelodie aus »Mission Impossible« unterbrach ihn.
»Entschuldige!«
Während er die SMS las, stand ich unschlüssig auf dem Rasen und bewegte meine Zehen auf und ab. Langsam bekam ich kalte Füße. Außerdem war ich maßlos enttäuscht über seine Reaktion auf unser Wiedersehen. Und jetzt musste sich auch noch seine scheinbar so unentbehrliche Assistentin einmischen!
»Schläft diese Eva eigentlich auch mal irgendwann?«, erkundigte ich mich missgestimmt, als er das Handy wieder einsteckte.
»Wie meinst du das?«
»Sie textet dich zu jeder Tages- und Nachtzeit zu.« Ich deutete auf die Sonne, die langsam glutrot hinter der Baumgruppe unterging. »Sogar bei einem romantischen Sonnenuntergang.«
»Stimmt.« Zerstreut schaute er zum Himmel, und die Sonne tauchte sein Gesicht in warmes Orange. Bei diesem Anblick vergaß ich meinen Ärger schlagartig.
»Können wir noch einmal von vorn beginnen?«, bat er mit sanfter Stimme.
»Womit?«
»Mit der Begrüßung.«
»Warum?«
»Weil ich es vermasselt habe.« Er schaute mich bittend an, und sein intensiver Blick brachte sogar meine kalten Füße zum Glühen. Offensichtlich meinte er es ernst.
»Äh … okay …«, flüsterte ich.
»Dein Kleid sieht zauberhaft aus.«
»Danke.«
Behutsam breitete er die Arme aus und kam langsam auf mich zu. »Ich habe dich so vermisst!«
»Ich dich auch«, entgegnete ich
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