Für immer und eh nicht (German Edition)
verdient.
»Wir gehen Schuhe kaufen!«
Ein Frühstück, zwei Stunden und drei Schuhgeschäfte später thronte ich in einem roten Ledersessel einer exklusiven Schuhboutique und kam mir vor wie Cinderella höchstpersönlich.
Ich war bester Laune. Eine Verkäuferin hatte mir soeben ein zweites Glas Prosecco gebracht, der hier anscheinend gratis ausgeschenkt wurde. Und vor mir kniete Raphael wie ein Prinz, schob geduldig einen schönen Schuh nach dem anderen über meine nackten Füße und sah dabei so umwerfend gut aus, dass ich kaum auf die Modelle achtete, die er mir überstreifte.
Doch ich war nicht die Einzige, die von seinem Charme angezogen wurde. Um uns herum standen mittlerweile drei Kundinnen und eine Verkäuferin, die uns fasziniert beobachteten.
»Wie sind diese hier?«, wollte er wissen und zeigte mir ein Paar Sandalen mit Strass-Riemchen.
»Ich müsste sie mal am Fuß sehen«, murmelte ich und registrierte zufrieden die neidischen Blicke der anwesenden Frauen, als Raphael mir einen Schuh anzog und dabei sanft über meinen Unterschenkel strich. Eine der Kundinnen konnte einen Seufzer nicht unterdrücken.
Sicherlich war sie ähnlich überrascht wie ich, dass es einen Mann gab, dem Schuhe kaufen Spaß bereitete. Mehr noch, Raphael war mit Feuereifer bei der Sache und bewies erstaunlich guten Geschmack. Meinen Ärger über ihn hatte ich längst vergessen. Stattdessen gab ich mich einem ganz neuen Glücksgefühl hin: Mein Freund und Beinahe-Liebhaber interessierte sich tatsächlich für Schuhe – der Wunschtraum einer jeden Frau!
Verzückt schlürfte ich von meinem Prosecco und warf hin und wieder einen wachsamen Blick auf unsere Zuschauerinnen. Wehe, wenn eine auf falsche Gedanken kam! Raphael gehörte mir, und es konnte sicherlich nicht schaden, die Besitzverhältnisse zu klären. Am leichtesten ging das mit einem vertraulichen Kosewort.
»Engelchen?«, flötete ich deshalb. Erstaunt blickte er auf, es war schließlich das erste Mal, das ich ihn so nannte.
»Wie bitte?« Er schien sogar etwas erschrocken zu sein. Vielleicht hätte ich einen weniger niedlichen Namen wählen sollen.
»Ich meine … äh … Liebling, wie findest du den Schuh?«
Sein verwirrter Blick glitt zurück zu meinen Fuß, und er räusperte sich. »Der sieht gut aus.« Zum ersten Mal an diesem Mittag klang seine Stimme gereizt.
Die Verkäuferin konnte sich ein schadenfrohes Lächeln nicht verkneifen, als in diesem Moment auch noch sein Handy mit »Mission Impossible« losging.
Raphael erhob sich und holte sein Handy aus der Hosentasche. Während er die Textnachricht las, fiel mein Blick aus dem Fenster.
»Sebastian!«, rief ich überrascht, sprang auf und humpelte mit nur einer Riemchen-Sandale vor die Tür.
Mein Bruder stand mit seinem Kollegen vor einem Eisstand. Als er mich sah, stopfte er sich den Rest seines Eises in den Mund und umarmte mich fröhlich.
»Was machst du hier? Seit wann bist du zurück?«, fragte er mit vollem Mund.
»Seit heute Morgen.«
»Und du gehst sofort Schuhe kaufen?« Er schluckte die Waffel hinunter. »Gibt es eine Krise? War der Urlaub so schlimm?«
»Im Gegenteil.« Ich drehte mich um und spähte ins Geschäft, wo Raphael inzwischen sein Handy wieder eingesteckt hatte und sich nun suchend umsah. Als er mich entdeckte, winkte er und kam ebenfalls nach draußen – leider nicht allein, sondern in Begleitung der Verkäuferin, die ein besorgtes Gesicht machte.
»Sie können nicht einfach mit der Ware vor die Tür rennen«, schimpfte sie. »Das ist Diebstahl.«
»Es ist doch nur ein einzelner Schuh«, versuchte Raphael sie zu beschwichtigen und legte beschützend den Arm um mich. »Der ist doch ohne den zweiten völlig wertlos.«
»Trotzdem.« Sie blieb neben ihm stehen und betrachtete mich feindselig. Vermutlich machte es ihr Spaß, mich zu ärgern. Neidische Ziege!
»Das ist mein Bruder Sebastian, und das ist mein Freund Raphael«, machte ich die beiden miteinander bekannt.
»Freut mich.« Raphael reichte Sebastian die Hand. »Und wer ist der junge Mann neben deinem Bruder?«
»Mein Name ist Harald.« Sebastians Kollege nickte uns zu, ohne seine Hände aus den Hosentaschen zu nehmen.
Währenddessen musterte Sebastian Raphael interessiert. Wir hatten eine Art stille Übereinkunft getroffen, was das Liebesleben des anderen betraf: Wir hielten uns heraus, gleichgültig, wie schlimm wir die Wahl auch fanden. Bislang hatte mich das eindeutig mehr Überwindung gekostet als ihn, und ich
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