Für immer und eh nicht (German Edition)
war mir auch jetzt sicher, dass er Raphael mögen würde.
»Würden Sie bitte zurück ins Geschäft kommen?« Die Verkäuferin wurde ungeduldig. »Sonst muss ich Sie anzeigen.«
»Die Polizei kommt sicherlich nicht wegen eines einzelnen Schuhs, schon gar nicht, wenn es ein Damenschuh ist«, sagte Sebastian grinsend.
»Das werden wir ja sehen. Wenn Sie mir nicht sofort folgen, rufe ich an.«
»Das können Sie sich sparen: Wir sind schon da.« Sebastian griff in den Mantel und zog seine Dienstmarke heraus. Dann stieß er seinen Kollegen auffordernd in die Seite. Dieser verdrehte entnervt die Augen und holte ebenfalls seine Dienstmarke heraus.
»Wen sollen wir verhaften?« Sebastian bedachte die Verkäuferin mit einem so eindringlichen Blick, dass diese ihren Ärger schlagartig vergaß und albern kicherte.
Ich seufzte. Er konnte es einfach nicht lassen, mit jeder Frau zu flirten! Und noch schlimmer war es, dass die Frauen reihenweise auf ihn hereinfielen. Dabei sah er nicht einmal besonders gut aus, er war einfach eine größere, jüngere und schlankere Ausgabe von mir selbst.
»Vielleicht sollten wir ins Geschäft zurückgehen und uns dort weiter unterhalten«, schlug ich vor und humpelte los. Die anderen folgten mir, wobei Raphael die Hand nicht von meiner Schulter ließ. Zum Glück waren unsere Zuschauerinnen mittlerweile verschwunden.
»Sie sind also Theresas Bruder?«, fragte Raphael im freundlichen Plauderton, während er mich zum Sessel führte.
Sebastian nickte. »Sieht ganz so aus.«
Ich ließ mich in die Polster fallen und streifte den Schuh ab.
»Soll ich dir noch ein paar Modelle bringen, Schatz?«, fragte Raphael. Er hatte mich tatsächlich »Schatz« genannt! Das war auch nicht viel besser als »Engelchen«. Und dann auch noch vor meinem Bruder. Wie peinlich!
Sebastian zog prompt eine Augenbraue in die Höhe, sagte aber nichts.
Ich schüttelte hastig den Kopf. »Nein, danke. Ich glaube, ich nehme die Sandalen.«
»Gute Wahl.« Raphael drückte der Verkäuferin den Karton in die Hand und begann, die übriggebliebenen Schuhe vom Boden aufzuheben. »Ich räume schnell die Modelle wieder in die Regale.« Damit verschwand er mit einem Arm voller Schuhe.
»Ich helfe Ihnen!«, rief die Verkäuferin eifrig und rannte hinter ihm her. Das hätte ich mir ja denken können.
Leider konnte ich den beiden nicht folgen, denn Sebastian startete jetzt sein Verhör. Er hatte sich auf einem der roten Sessel niedergelassen, während sein Kollege neben ihm stand und ein unbeteiligtes Gesicht machte.
»Arbeitet Raphael hier?«
»Nein. Warum?«
»Weil er den Eindruck vermittelt, dass er sich hier sehr wohl fühlt. Das ist ungewöhnlich für einen Mann.«
»Du findest sein Verhalten unmännlich?«
»Irgendwie schon.«
Ich griff nach der Prosecco-Flasche, die die Verkäuferin freundlicherweise auf einem Tisch hatte stehen lassen, und goss mir noch ein Glas ein. »Ich kann dir versichern, dass er ansonsten ziemlich männlich ist.«
»Warum hast du noch nie von ihm erzählt?«
»Du berichtest mir auch nicht von jeder neuen Freundin, oder?«
Sebastians Kollege lachte. »Das würde er zeitlich gar nicht schaffen.«
»Halt dich da raus, Harald!«, schimpfte Sebastian.
»Seit wann geht das schon mit Raphael und dir?«, wandte er sich dann wieder an mich.
»Seit einer Woche.«
»Und wo genau habt Ihr euch kennengelernt?«
»Bei Hanna in Kapstadt.«
»Oh, sozusagen ein Urlaubsflirt. So was hält erfahrungsgemäß nie lange.«
»Sehr hilfreich! Du musst es ja wissen.«
Harald lachte. Mein Bruder warf ihm einen bösen Blick zu.
»Haben wir jetzt alles geklärt?«, fragte ich.
»Nein. Ich muss mit dir noch über ein anderes Problem reden.«
»Wie bitte? Wir haben noch nie miteinander über ein Problem gesprochen. Warum jetzt? Und warum ausgerechnet in einer Boutique für Damenschuhe?«
»Manchmal spielt einem der Zufall einen Streich«, murmelte Sebastian und ließ seinen Blick über die sündhaft teuren Schuhmodelle in den Regalen wandern. »Ich kann doch nichts dafür, dass du heute hier bist und ich gerade zufällig draußen meine Mittagspause verbringe!«
»Also gut.« Ich kippte das Glas Prosecco in einem Zug hinunter und schlüpfte in meine ausgelatschten Turnschuhe. »Schieß los. Du hast genau drei Minuten.«
Er runzelte die Stirn und schaute flüchtig auf seine Armbanduhr. »Kannst du mir am nächsten Samstag helfen?«
»Nein«, antwortete ich prompt, aber dann siegte doch meine Neugier.
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