Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für immer und eh nicht (German Edition)

Für immer und eh nicht (German Edition)

Titel: Für immer und eh nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Wanner
Vom Netzwerk:
schüttelte den Kopf. Jetzt ging aber wirklich meine Fantasie mit mir durch. Schnell blickte ich zu Raphael. Wie gut, dass er keine Gedanken lesen konnte!
    Meine Mutter hatte nichts von unserem kleinen Wortwechsel mitbekommen. Sie war tief in den Kissen versunken. »Meine Tochter wird eine Gräfin«, flüsterte sie verzückt.
    Raphael beugte sich besorgt über sie. »Alles in Ordnung?«
    »Aber natürlich!« Sie nickte. »Mehr als in Ordnung.«
    »Wie wäre es jetzt mit einem Kaffee?«
    »Gern! Habt ihr auch Kuchen?«
    »Nein. Aber ich glaube, es sind noch ein paar Croissants von heute Morgen da. Ich hole sie. Der Kaffee müsste auch gleich fertig sein.«
    Nachdem er das Zimmer verlassen hatte, atmete meine Mutter tief durch und richtete sich langsam wieder auf. Dann begann sie, mich gründlich zu mustern. »Setz dich wieder zu mir, mein Kind.«
    Gehorsam nahm ich neben ihr Platz.
    »Du musst etwas mit deinen Haaren machen.«
    »Warum?«
    »Als Gräfin läuft man nicht mit so einer wilden Lockenfrisur herum.« Ihr Blick wanderte tiefer. »Und einen BH hast du auch nicht an.«
    »Wieso sollte ich? Ich habe heute noch frei.«
    »Die weibliche Brust sollte immer gestützt werden, sonst hängt sie irgendwann durch.«
    »Können wir vielleicht das Thema wechseln?«
    »Na gut.« Meine Mutter seufzte. »Wie war es im Urlaub?«
    »Schön.«
    »Wie geht es Hanna?«
    »Gut.«
    »Hanna hat immer eine tadellos sitzende Frisur. Und ihr Busen ist …«
    »Mama!«
    »Ich will dir doch nur helfen.«
    »Ich kriege das schon allein hin.«
    »Ich weiß.« Liebevoll tätschelte sie mir die Wange. »Du bist immer schon sehr selbstständig gewesen, im Gegensatz zu deinem Bruder, der –«
    Dankbar für das Stichwort unterbrach ich sie. »Ich habe Sebastian übrigens heute in der Stadt getroffen.«
    »Wirklich? Wo denn?«
    »Im Schuhgeschäft.« Schlagartig fielen mir die peinlichen Ereignisse vom Mittag wieder ein. Der Themenwechsel war vielleicht doch keine so gute Idee gewesen.
    »Hat er sich neue Schuhe gekauft?«
    »Nein«, erwiderte ich unwillig. »Es war eine Damenboutique.«
    »Hat der Junge endlich eine feste Freundin?« Das Gesicht meiner Mutter erhellte sich. Vermutlich hoffte sie, gleich auch noch ihr zweites Kind verheiraten zu können.
    »Das bezweifele ich.«
    »Und was wollte er dann in diesem Schuhgeschäft?«
    »Gar nichts. Ich war diejenige, die Schuhe kaufen wollte. Er hatte gerade Mittagspause und hat mich im Laden gesehen.«
    »Und dann ist er einfach hereingekommen und hat sich mit dir unterhalten? Wie nett von ihm!«
    »So ähnlich.« Ich ersparte ihr und mir die Einzelheiten, aber leider ließ sie nicht locker.
    »Worüber habt Ihr euch denn unterhalten?«
    »Ach, über dies und das.«
    »War Harald auch dabei?«
    »Ja.«
    »Eigentlich können wir Sebastian und Harald in den nächsten Tagen mal hierher zum Abendessen einladen. Schließlich helfen sie Papa so tatkräftig.«
    »Gute Idee!«, stimmte Raphael ihr zu, der gerade mit der Kaffeekanne wieder ins Zimmer kam. »Es geht nichts über ein Essen mit der Familie.«
    »Mal sehen.« Mir gefiel weder, dass meine Mutter ihre Anwesenheit in meiner Wohnung für länger plante, noch dass Raphael eine Art Familienzusammenführung organisieren wollte.
    Das konnte ja heiter werden!

5
     
    A m nächsten Morgen erwachte ich, als die ersten Sonnenstrahlen durch die hellroten Gardinen ins Wohnzimmer fielen.
    Moment Mal! Wohnzimmer?
    Erst jetzt registrierte ich, dass ich nicht in meinem Bett, sondern auf dem Sofa lag. Seufzend zog ich mir die Decke über den Kopf.
    Dass ich im Wohnzimmer aufgewacht war, war kein gutes Zeichen. Es bedeutete, dass ich den gestrigen Tag nicht geträumt, sondern wirklich erlebt hatte. Es bedeutete weiterhin, dass meine Mutter im Schlafzimmer lag, was wiederum bedeutete, dass sie mitsamt Dackel vorübergehend bei mir wohnte.
    Sie hatte es Raphael zu verdanken, dass sie in meinem weichen Bett liegen durfte. Er hatte gestern darauf bestanden, dass sie es bequem haben sollte. »Schließlich ist sie deine Mutter!«
    Ich stöhnte, als ich an den Blick dachte, den sie ihm nach dieser Bemerkung zugeworfen hatte. Tiefe Dankbarkeit und grenzenlose Bewunderung hatten darin gelegen. Nach nur einem Nachmittag war sie ihm schon völlig verfallen.
    Und ich? Was war mit mir?
    Trotz der Verwicklungen des gestrigen Tages ging es mir nicht anders. Allein der Gedanke an Raphaels Nähe, als er sich von mir verabschiedet hatte, entlockte mir einen sehnsuchtsvollen

Weitere Kostenlose Bücher