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Für immer und eh nicht (German Edition)

Für immer und eh nicht (German Edition)

Titel: Für immer und eh nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Wanner
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ich die Zahnbürste aus dem Mund. »Ja, und?«
    »Ich putze ihm jeden Samstag die Wohnung.«
    Das konnte doch wohl nicht wahr sein! »Du putzt ihm die Wohnung?«
    »Der arme Junge arbeitet so hart. Und dann muss er abends auch noch Papa helfen.«
    »Ich arbeite auch hart. Mir hast du noch nie die Wohnung geputzt.«
    »Du kannst das auch allein. Er nicht.«
    »Er könnte es lernen.«
    »Das wird er auch. Später, wenn er mehr Zeit hat.«
    »Und bis dahin hilfst du ihm? Wie nett und fürsorglich.«
    Sie überhörte den Spott in meiner Stimme.
    »Das tut eine Mutter gern. Aber jetzt brauche ich erst einmal Frühstück.« Damit rauschte sie zur Tür hinaus.
    Erschöpft ließ ich mich auf den Badewannenrand sinken. Die momentane Situation überforderte mich. Nicht nur die Anwesenheit meiner Mutter bereitete mir Kopfschmerzen, sondern auch die Geschichte mit Raphael und die Aussicht auf eine baldige Hochzeit. Das alles war gestern so furchtbar schnell gegangen! Ich hatte bislang keine Zeit gehabt, über diese Entwicklungen nachzudenken, geschweige denn, eine Entscheidung zu treffen. Aber hatte ich bei diesem Durcheinander momentan überhaupt eine Wahl?
    Die Badezimmertür ging wieder auf, und ein Hauch Kaffeeduft wehte herein. »Möchtest du ein Milchbrötchen? Ich gehe zum Bäcker.«
    »Ich hatte schon ewig kein Milchbrötchen mehr zum Frühstück.«
    »Früher hast du das jeden Tag gegessen, dick mit Nutella bestrichen.«
    »Deshalb habe ich jetzt auch so breite Hüften.«
    »Rede keinen Unsinn! Von einem guten Frühstück ist noch niemand dick geworden.«
    »Also gut, dann bringe mir bitte eines mit.«
    »Soll ich auch Nutella kaufen?«
    »Nein, danke, ich habe Diätmargarine im Haus.«
    »Diätmargarine?« Sie verzog angewidert das Gesicht. »Die schmeckt doch nicht. Auf ein Brötchen gehört echte Butter.«
    »Wie du meinst.«
    »Die Kaffeemaschine läuft.« Sie drehte sich um und wollte das Bad verlassen.
    »Mama?« Ich räusperte mich. »Es ist trotz allem irgendwie schön, dass du da bist.«
    Zwanzig Minuten später, als ich in die Küche kam, bereute ich diese Bemerkung. Meine Mutter saß am Frühstückstisch, Franz-Ferdinand kam unter einem Stuhl hervor und begrüßte mich schwanzwedelnd, und aus dem Radio ertönte leise Blasmusik.
    Blasmusik?
    »Hast du den Sender gewechselt?«
    Sie nickte. »Dieses ewige Gerede war ja nicht auszuhalten.«
    »Das ist kein Gerede, das ist ein Nachrichtensender.«
    »Wozu musst du morgens Nachrichten hören?« Sie deutete auf die Zeitung, die sie vor sich liegen hatte. »Du kannst doch lesen.«
    »Gut.« Ich ließ mich auf einen Küchenstuhl fallen. Um nicht schon wieder einen Streit anzufangen, tolerierte ich die Blasmusik. »Gib mir doch bitte mal ein Stück Zeitung rüber.«
    »Hier!« Sie hielt mir den Anzeigenteil hin.
    »Das sind die Annoncen für Immobilien und Gebrauchtwagen. Was soll ich damit? Ich will mir weder ein Haus noch ein Auto kaufen.«
    »Mehr kann ich dir noch nicht geben.«
    »Aber da liegt noch ein ganzer Stapel vor dir. Gib mir einfach das vordere Stück.«
    Sie seufzte und drückte mir weitere Blätter in die Hand.
    »Mama, das ist der Sportteil.«
    »Ja, und?«
    »Ich interessiere mich nicht für Sport.«
    »Ich auch nicht. Und jetzt sei still! Ich will lesen.«
    Ich beobachtete sie ärgerlich. »Wieso liest du die Todesanzeigen?«
    »Das tue ich immer. Man muss doch wissen, wer gestorben ist.«
    »Kennst du die Leute denn?«
    »Nein. Wiesbaden ist eine große Stadt, da kann man nicht jeden kennen.«
    »Und warum liest du dann die Anzeigen?«
    »Man muss informiert bleiben. Außerdem könnte es ja sein, dass ich eine sehr schöne Anzeige sehe, die ich mir für meinen Tod merken will.«
    »Dieses Gespräch wird mir unheimlich.« Ich schüttelte den Kopf und deutete auf die Zeitung. »Kann ich jetzt bitte den Hauptteil haben?«
    »Nein. Ich sagte doch schon, dass ich den noch nicht gelesen habe.«
    »Mama!«
    »Kind.« Sie seufzte. »Ich lese die Zeitung immer so, und dein Vater beschwert sich nie.«
    »Wie wäre es, wenn du wieder zu ihm ziehst? Dann kannst du die Zeitung weiter so lesen, wie du willst. Hier aber bestimme ich!« Damit zog ich ihr die Zeitung fort.
    Beleidigt biss sie in ihr Brötchen. Demonstrativ begann ich zu lesen, aber jedes Mal, wenn ich aufblickte, traf mich ihr anklagender Blick.
    »Okay, du hast gewonnen.« Ich schob die Zeitung zu ihr zurück und trank hastig meinen Kaffee aus. »Ich muss jetzt los.«
    »Du hast dein Brötchen noch

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