Für immer und eh nicht (German Edition)
meine Mutter wissen und sah mich anklagend an.
»Nein. Der Ring ist noch da«, murmelte ich. Den fehlenden Diamanten erwähnte ich nicht.
Raphael zog ein kleines Plastiktütchen aus seiner Jackentasche und überreichte es meiner Mutter. »Hier!«
»Der ist ja total verbogen. Wie hast du das denn gemacht?« Wieder traf mich ihr anklagender Blick.
»Sie hat keine Schuld.« Raphael drückte beruhigend meine Hand. Vermutlich spürte er, dass ich wütend war. »Ich hatte den Ring im Brot versteckt, und sie hat aus Versehen drauf gebissen.«
»Wie ärgerlich! Meinst du, man kann das reparieren?« Meine Mutter hielt die Tüte mit dem Ring ins Licht und betastete das Schmuckstück vorsichtig.
»Auf keinen Fall. Theresa bekommt einen neuen Ring, und dann feiern wir offiziell Verlobung.« Raphael küsste mich auf den Handrücken. »Einverstanden?«
Ich nickte. Es war mir ganz recht, das Thema Verlobung zu vertagen. Für heute hatte ich genug Aufregung erlebt.
»Ich werde jetzt gehen.« Raphael nickte meiner Mutter zum Abschied zu und küsste mich noch einmal flüchtig. Ich starrte ihm sehnsüchtig nach.
»Jetzt hat er den Ring vergessen«, sagte meine Mutter, als unten die Tür ins Schloss fiel.
»Das macht nichts.« Ich steckte die Tüte in meine Handtasche. »Ich sehe ihn ja morgen wieder.«
»Du willst ihn doch hoffentlich nicht mit zu Papas Grillparty nehmen?«
»Doch, das will ich.« Ich schlüpfte aus meinen Schuhen.
Mutter schüttelte missbilligend den Kopf. »Da passt er aber überhaupt nicht hin.«
»Das weiß ich. Trotzdem kommt er mit.« Ich knallte die Tür ins Schloss und rauschte an ihr vorbei zur Küche, wo ich zu meiner Freude eine Schüssel mit Schokoladenpudding auf dem Tisch entdeckte.
»Kann ich den Pudding essen?« Bis auf die paar Bissen Honig-Balsamico-Creme hatte ich nichts im Magen und merkte auf einmal, wie hungrig ich war.
»Eigentlich ist der Pudding für Sebastian. Er bekommt morgen Abend Damenbesuch.« Sie betonte das letzte Wort ausdrücklich.
»Zum Pudding-Essen?«
»Natürlich nicht! Es gibt auch noch eine Hauptspeise und einen Salat.«
Ich holte mir ein Schüsselchen und einen Löffel aus dem Schrank und setzte mich an den Tisch. Dabei fiel mein Blick auf einen Korb mit frischen Lebensmitteln, der neben dem Herd stand. »Lass mich raten: Du wirst ihm das ganze Menü vorkochen.«
Mutter nickte und beobachtete stirnrunzelnd, wie ich mir die Hälfte des Puddings in die Schale löffelte und dann hungrig darüber herfiel.
Franz-Ferdinand schlich müde zur Tür herein und ließ sich unter meinem Stuhl nieder. Dankbar schob ich meine Zehen, die in den neuen Sandalen ziemlich gefroren hatten, in sein dickes, warmes Fell. Er gähnte zufrieden und schloss die Augen.
»Du solltest um diese Zeit nicht so viel essen. Das macht dick.« Meine Mutter nahm die Schüssel mit dem restlichen Pudding und stellte sie in den Kühlschrank.
»Das ist das Erste, was ich heute Abend esse!«
»Warum musstest du auch ausgerechnet in diesen hübschen Ring beißen?«
»Ich habe es nicht mit Absicht getan.« Entnervt kratzte ich die Reste des Puddings in meiner Schale zusammen.
»Hast du denn nicht gespürt, dass etwas im Brot steckt?«
»Mama!« Ich erhob mich und funkelte sie böse an. »Das war ein ganz normales Baguette, das man vor dem Verschlucken kaut und nicht im Ganzen hinunterwürgt!«
»Ist ja schon gut. Warum bist du so schlecht gelaunt?«
»Weil ich noch Hunger habe.« Ich holte die Schüssel mit dem restlichen Pudding wieder aus dem Kühlschrank.
»Hilfst du mir beim Kochen?«
»Jetzt? Du willst um diese Zeit noch kochen? Es ist fast elf Uhr nachts!«
»Ich weiß, wie spät es ist.«
»Und?«
»Ich war bis abends unterwegs und komme erst jetzt dazu.«
»Was hast du denn den ganzen Tag gemacht?«
»Ich habe mit meiner Freundin Gertrud einen Computerkurs für Senioren besucht, und der dauerte bis sechs Uhr. Anschließend sind Gertrud und ich einkaufen gegangen, und dann haben wir noch eine Kleinigkeit beim Italiener gegessen.«
»Ganz schön viel Programm für einen einzigen Tag!« Ich schob mir einen Löffel Pudding in den Mund.
»Stimmt.« Mutter nickte. »Und wie du siehst, ist der Tag noch nicht vorbei.«
Fast bekam ich ein schlechtes Gewissen. Aber nur fast. »Ist das gesamte Essen für Sebastian?«
»Ja.«
»Dann kann ich nicht helfen, tut mir leid.« Ich war nicht in der Stimmung, irgendjemandem etwas Gutes zu tun. Dazu war ich zu enttäuscht. Dieser Abend hätte
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