Für immer und eh nicht (German Edition)
wie du tust, bist du gar nicht.«
Ich verschränkte die Hände vor meiner Jacke. »Und du?«
»Ich trinke nie. Ist dir nicht aufgefallen, dass ich den ganzen Abend nur Cola hatte?«
»Ach ja? Und warum bist du dann nicht mit deinem Auto nach Hause gefahren?« Diese Frage war eigentlich überflüssig und unwichtig. Ich stellte sie, weil ich mich nicht traute, etwas viel Wichtigeres zu formulieren: Wenn er den ganzen Abend nüchtern gewesen war, wie hatte es dann zu der Szene beim Tanzen kommen können?
Er schüttelte den Kopf. »Die Antwort verrate ich dir erst, wenn du es wirklich wissen willst.«
Langsam wurde ich wütend. »Kannst du mal aufhören, in Andeutungen zu reden?«
»Wie du willst.« Er zuckte mit den Schultern. »Versuchen wir es mal mit einer klaren Aussage: Ich werde jetzt gehen.«
»Warte.« Ich hielt ihn an der Jacke fest. Um Himmels willen! Was tat ich denn da?
»Ja?« Seine Stimme klang überhaupt nicht mehr so selbstsicher wie zuvor.
»Ich kann nicht … Ich meine … Raphael ist …«, stammelte ich.
»Psst!« Lächelnd legte er mir einen Finger auf den Mund und strich dann mit seiner Hand über meine Wange. Ich schloss die Augen und genoss die Berührung. »Kannst du Raphael nicht mal für eine Minute vergessen?«, fragte er leise.
»Ich kann es ja mal versuchen«, flüsterte ich und legte meine Finger vorsichtig auf seine Hand.
In diesem Moment erklang »Mission Impossible«.
»Deine Jacke macht Musik«, murmelte Harald.
»Verdammt!«, fluchte ich. »Dieses Handy klingelt immer zur falschen Zeit.« Ich löste mich von ihm, holte Raphaels Handy heraus und schaltete es aus. »So«, sagte ich zufrieden und starrte auf das dunkle Display. »Das hast du nun davon, du blöde Kuh!«
»Ist es jemand, den du kennst?«, fragte Harald.
»Ja. Und ich hasse sie.«
Weil sie immer in den schönsten Momenten störte. Sie hatte es auch jetzt wieder geschafft. Die vertraute Stimmung war dahin, aber vielleicht war das auch gut so. Ich musste zuerst einmal zur Ruhe kommen und nachdenken. Und natürlich meinen Rausch ausschlafen. Denn entgegen Haralds Meinung hielt ich mich sehr wohl für betrunken. Wie sonst sollte ich mir dieses Gefühlschaos erklären?
»Schlaf gut!« Harald hatte mich die ganze Zeit beobachtet und spürte wohl, dass es besser war, zu gehen.
»Ja. Gute Nacht.« Ich brachte es sogar noch fertig, zu lächeln, bevor er sich umdrehte und die Straße entlangschlenderte.
Leise stieg ich die Treppe hinauf und öffnete die Tür zu meiner Wohnung. Aus Rücksicht auf meine Mutter verzichtete ich auf Licht und stolperte prompt über ihre Schuhe, die sie mitten im Weg hatte stehen lassen.
»Verdammt!«, flüsterte ich und lehnte erschöpft meinen Kopf gegen die Tür. Es wurde dringend Zeit, dass ich in meinem Leben etwas Ordnung schaffte.
Wenigstens der Dackel bereitete mir noch eine kleine Freude. Er begrüßte mich schwanzwedelnd, als ich zu ihm auf das Sofa kroch. Offensichtlich betrachtete er das Arrangement der letzten Nacht nun als Dauerlösung. »Was soll’s«, sagte ich leise in sein Ohr und wickelte mich fest in die Wolldecke. »Gute Nacht!«
Er gähnte und leckte mir leicht über das Gesicht.
»Ach, FF …« Ich legte den Arm um seinen Körper. »Was ist nur mit der Welt, den Männern und mir selbst los?«
10
I ch habe ein Problem«, verkündete ich Hanna am Sonntagmorgen. Ich hatte die ganze Nacht schlecht geschlafen und mich unruhig hin und her gewälzt. Irgendwann war es sogar dem Hund zu viel geworden, und er hatte sich auf einen Sessel verzogen. Schließlich hatte ich mir gegen acht Uhr morgens ein Herz gefasst und Hanna angerufen. Wenn mir jemand helfen konnte, dann war sie es.
»Du hast mehr als ein Problem«, murmelte Hanna mit verschlafener Stimme. »Erstens hast du mich gerade aufgeweckt. Und zweitens warte ich immer noch auf eine Entschuldigung für das Telefonat am letzten Freitag.«
»Entschuldigung!«
»Okay.« Sie gähnte. »Jetzt kannst du loslegen. Du hast also ein Problem. Ist es noch dasselbe, das uns schon die ganze letzte Woche bewegt hat?«
»Hanna! Jetzt fang nicht schon wieder damit an.«
»Also gut. Ich schweige, und du redest.«
»Gut.« Ich holte tief Luft, bevor ich weitersprach. »Ich hatte gehofft, dass ich gestern einfach zu viel getrunken habe und sich das Thema über Nacht erledigt hat. Leider ist es aber nicht so.«
»Ich verstehe kein Wort.«
»Das macht nichts. Das Wesentliche kommt erst jetzt: Es gibt einen Mann, der mir
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