Für immer und eh nicht (German Edition)
Teufel mit dem Traummann!« Sie griff nach der Frauenzeitung, die immer noch auf dem Tisch lag, und schlug die Seite mit dem Bericht über Traummänner auf. »… geben neunzig Prozent der ledigen weiblichen Bevölkerung zu, einen Traummann im Kopf zu haben, den sie auch im wahren Leben zu finden hoffen. Die Realität sieht leider anders aus«, zitierte sie und klopfte wie wild mit ihrem Zeigefinger auf dem Bericht herum. »Wie wahr!«
Ich biss mir auf die Zunge, um nicht laut zuzustimmen. Auch ich hatte gedacht, meinen Traummann gefunden zu haben. Und jetzt? Sicher, Raphael war immer noch vollkommen und entsprach genau meinen Vorstellungen. Doch irgendetwas fehlte ihm. Irgendetwas, das ich nicht einmal in Worte fassen konnte. Aber war das von Bedeutung, wenn der Rest perfekt war? Ich schüttelte unwillig den Kopf.
Steffi verstand meine Geste falsch. »Ja, du hast es gut! Kein Wunder, dass du mir nicht zustimmst. Raphael ist völlig anders. Du bist zu beneiden.« Sie lachte bitter.
War ich das? Momentan fand ich meine Situation eher bemitleidenswert. Selbst das junge Paar auf der sinkenden Titanic hatte gestern in nur einem kurzen Moment mehr Leidenschaft erlebt als Raphael und ich zusammengezählt in den letzten Wochen. Und das, obwohl wir die ganze Zeit nebeneinander auf dem Sofa gesessen und dem Schiff beim Untergang zugesehen hatten. Doch außer Händchenhalten bei den besonders traurigen Stellen war nichts passiert, und zum Schluss musste ich sogar einige Passagen vorspulen, damit Raphael noch das Ende des Films mit ansehen konnte, bevor er zu Onkel Manfred aufbrach.
Nein, ich war nicht zu beneiden. Doch verglichen mit Steffis Situation waren meine Probleme luxuriös. Und immerhin konnte ich Steffi helfen. Kurz entschlossen kramte ich mein Handy aus der Tasche.
Steffi beobachtete mich misstrauisch. »Was machst du da?«
»Ich rufe Sebastian an. Er soll herkommen und sich bei dir entschuldigen.«
»Bist du wahnsinnig?« Sie sprang auf. »Willst du mich bloßstellen?«
»Nein, nicht dich, sondern ihn. Er soll wissen, dass er zu weit gegangen ist.«
»Aber ich kann ihm unmöglich in die Augen sehen!«
»Doch, das kannst du, und das wirst du. Irgendwann musst du ihm sowieso wieder gegenübertreten. Je eher, desto besser.«
Ich hatte inzwischen Sebastians Nummer gewählt. Er meldete sich nach dem dritten Klingeln. »Hallo, geliebtes Schwesterherz!«
»Du kommst sofort her!«, blaffte ich unfreundlich ins Telefon. »Auf der Stelle!«
»Es ist kurz vor neun Uhr, und gleich beginnt mein Dienst.«
»Meiner auch. Aber ich kann nur mit halber Kraft arbeiten, weil meine Mitarbeiterin heute leider einen Totalausfall darstellt.«
Er seufzte leise. »Steffi?«
»Wer denn sonst? Was hast du dir nur dabei gedacht?«
»Gar nichts.«
»Das hatte ich befürchtet. Jetzt komm endlich her, dann reden wir weiter!« Ich wartete seine Antwort nicht ab, sondern legte das Handy beiseite.
Zehn Minuten später hielt sein schwarzer Dienstwagen vor der Apotheke. Ich dekorierte gerade eines der Schaufenster und konnte deshalb durch die große Scheibe beobachten, wie er tief Luft holte, bevor er ins Geschäft kam.
Suchend drehte er sich um. »Theresa? Steff? Wo seid ihr?«
»Ich habe Steffi eine Runde spazieren geschickt, aber sei unbesorgt – du wirst sie noch zu sehen bekommen. Zuerst will ich allerdings mit dir sprechen.« Ich drückte mich durch den schmalen Spalt zwischen Wand und dem Regal, das den Verkaufsraum vom Schaufenster abtrennte, und ging langsam auf ihn zu.
»Warum guckst du so böse? Du machst mir Angst.« Er trat einen Schritt zurück.
»Das ist auch meine Absicht«, entgegnete ich drohend. »Weil ich dir heute mal richtig die Meinung sagen will. Ich bin viel zu lange ruhig geblieben.«
»Das stimmt nicht. Du erziehst ständig an mir herum.«
»Aber heute meine ich es ernst.« Jetzt war ich bei ihm angelangt. »Du musst aufhören, deine Freunde für deine Zwecke auszunutzen, hörst du? Du darfst nicht jeden mit deinem Charme einwickeln, der nicht rechtzeitig fliehen kann. Du benutzt alle nur, und das ist furchtbar egoistisch.«
»So bin ich gar nicht.«
»Doch, so bist du! Zumindest kommt es bei den Leuten so an.«
Sebastian machte ein betretenes Gesicht, und ich nutzte die Gelegenheit, um ihm weiter ins Gewissen zu reden. »Versetze dich mal in die Lage von Steffi: Sie lässt alles stehen und liegen, um dir in der Küche zu helfen, weil sie glaubt, dass es für dich wichtig ist und dass du sie
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