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Für immer und eh nicht (German Edition)

Für immer und eh nicht (German Edition)

Titel: Für immer und eh nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Wanner
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Stoffpuppe vom Boden auf, die vermutlich aus dem Karton mit den Kuscheltieren gefallen war.
    »Ernie aus der Sesamstraße«, schmunzelte ich. »Das war auch mein Liebling.«
    Harald setzte Ernie auf den Boden und lehnte ihn gegen sein Knie. »Komisch, dass alle Mädchen von Barbie schwärmen«, sagte er dann. »Meine drei Schwestern waren auch total verrückt nach ihr.«
    »Du hast drei Schwestern? Das muss hart gewesen sein.«
    »Ich war der Jüngste und der einzige Junge.«
    »Du Armer!«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe es überlebt, wie du siehst.«
    »Wahrscheinlich warst du deshalb die ganzen Jahre so nett zu mir«, sagte ich nachdenklich. »Du bist durch eine harte Schule gegangen.«
    »Ich war noch nie nett zu dir«, murmelte Harald. »Höchstens aus Versehen.«
    Ich hätte ihn leicht vom Gegenteil überzeugen können, doch stattdessen steckte ich meinen Kopf wieder in den Karton. »Jetzt kommt der absolute Höhepunkt – Barbie als Braut!« Ich präsentierte ihm meine Lieblingspuppe, die in einem spitzenbesetzten weißen Brautkleid steckte. Der mit Perlen besetzte Schleier war zur Seite gerutscht und hing ihr um den Hals, aber sie trug immerhin noch den Strauß Plastikblumen in der Hand.
    »Für dieses Kleid habe ich drei Monate lang mein Taschengeld gespart«, sagte ich, während ich den Schleier zurechtzupfte. »Sieht sie nicht atemberaubend aus?«
    »Sicher.« Vorsichtig nahm Harald sie mir aus der Hand. »Aber nicht besonders glücklich.«
    Erstaunt betrachtete ich die Puppe. »Sie sieht aus wie immer.«
    »Sie lacht nicht.«
    »Tatsächlich!« Barbies Lippen waren üppig geformt und glänzten knallrosa, aber sie verzogen sich nicht einmal ansatzweise zu einem Lächeln. »Das ist mir bislang noch gar nicht aufgefallen.«
    »Dabei hat sie alles, was man sich nur wünschen kann: ein schönes Kleid, eine Kutsche, ein Pferd und sogar einen Bräutigam mit Cabriolet.«
    Ich warf Harald einen prüfenden Blick zu, aber er erwiderte ihn ruhig und offen. Vielleicht bildete ich mir nur ein, dass er auf Raphael anspielte.
    »Ken tut alles für sie. Sie hat keinen Grund, traurig zu sein«, entgegnete ich einen Ton schärfer als nötig.
    »Natürlich vergöttert er sie.« Harald lächelte bitter. »Ist dir mal aufgefallen, dass er überhaupt kein eigenes Leben hat? Er macht alles nur, um Barbie zu gefallen.«
    »Was ist falsch daran?«
    »Die beiden werden sich nach ihrer Hochzeit zu Tode langweilen.«
    »Werden sie nicht!« Ich wühlte wieder in der Kiste herum und zog zwei winzige Barbie-Babys heraus, die in rosa und blau gekleidet in einem Kinderbettchen lagen. »Hier! Sie werden zwei süße Babys bekommen.«
    »O ja!«, sagte Harald spöttisch. »Ken wird auch die Kinder vergöttern und ein perfekter Vater sein. Er ist ja in allem perfekt. Hast du nicht auch ein passendes Kinderzimmer im Barbie-Schloss für sie?«
    »Nein, aber das wird er ihnen bauen.« Ich war mir inzwischen sicher, dass wir längst nicht mehr von Barbie und Ken sprachen.
    »Natürlich. Er tut ja alles, was Barbie will.«
    Ich knallte das Bett mit den beiden Baby-Puppen auf den Boden und sprang auf. »Was ist so schlimm daran, einen Mann zu haben, der einem jeden Wunsch von den Augen abliest?«
    Auch Harald erhob sich. Er hatte immer noch das Cabriolet mit Ken in der Hand und sah auf einmal traurig aus. »Nichts«, antwortete er bedrückt. »Außer dass das, was man sich wünscht, nicht immer das ist, was einem guttut.«
    In diesem Moment steckte Sebastian den Kopf zu Tür herein. »Ach, hier bist du«, sagte er zu Harald. »Mein Vater braucht jetzt unbedingt diese blöden Klemmen.« Überrascht starrte er auf das Cabriolet in Haralds Hand. »Habe ich euch beim Spielen gestört?«
    »Nein.« Harald stellte das Auto vorsichtig auf den Boden. »Ich spiele nicht mehr mit. Mit rosaroten Mädchenträumen konnte ich nämlich noch nie etwas anfangen.«
    »Ich auch nicht«, bestätigte Sebastian grinsend.
    »Hier sind die Klemmen.« Harald bückte sich und hob eine kleine Packung vom Boden auf. »Komisch, dass ich sie vorhin übersehen habe.«
    »Wo seid ihr denn alle?«, brüllte mein Vater. »Ich brauche diese verdammten Klemmen!«
    »Wir kommen!« Gemeinsam verließen Sebastian und Harald das Zimmer.
    Ich starrte ihnen noch eine Weile lang nach und begann dann, die Spielsachen wieder in den Karton zu räumen. Zum Schluss lagen nur noch Barbie, Ernie und das Cabriolet mit Ken auf dem Boden. Vorsichtig nahm ich Barbie in die Hand und

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