Für immer und eh nicht (German Edition)
Raphael mich hören konnte.
»Wir sind so schnell wie möglich bei dir«, versicherte mir mein Bruder und beendete das Telefongespräch.
»Vielen Dank«, murmelte ich und warf das Handy aufs Bett. Nervös rieb ich mir die Stirn und überlegte, was ich Harald sagen sollte. Ich war kaum in der Stimmung für ein Liebesgeständnis. Außerdem hatte ich vorgehabt, die Gespräche mit beiden Männern in Ruhe und getrennt voneinander zu führen. Aber in den letzten Minuten war die Situation außer Kontrolle geraten.
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich zusammenfuhr, als ein leichtes Klopfen an der Tür ertönte.
»Theresa?«, fragte Raphael vorsichtig.
Mir stellten sich vor Panik alle Nackenhaare hoch.
»Bitte, Theresa!« Es klopfte wieder.
»Was willst du?«, quiekte ich ein paar Oktaven zu hoch. »Können wir reden?«
»Reden? Worüber?«
»Die Nachrichten auf meinem Handy haben dich sicherlich ziemlich beunruhigt …«
»O ja!«
»… und dafür möchte ich um Entschuldigung bitten«, fuhr er fort. »Ich will nicht, dass du Angst hast.«
Seine Worte überraschten mich. Ich hatte mit fast allem gerechnet, als er an die Tür klopfte – nur nicht damit, dass er um Verzeihung bitten würde. Vielleicht hatte ich mich doch nicht völlig in ihm getäuscht. Vielleicht war er nur ein wenig verrückt, aber harmlos.
»Was haben diese merkwürdigen SMS zu bedeuten?«
»Das ist nicht einfach zu erklären. Schon gar nicht durch eine Tür.«
»Versuch es einfach!«
»Wo soll ich anfangen?«
»Wie wäre es mit der Wahrheit über deine Person?«
»Mein Name ist Raphael von Hohenberg. Ich bin 39 Jahre alt, ledig und führe als leitender Direktor das Schlosshotel Silberstein sowie den dazugehörigen Reitstall und das Weingut.«
»Das weiß ich alles schon. Und bis vor einer Stunde dachte ich auch, dass es stimmt.«
»Es stimmt«, versicherte er mir eindringlich.
»Und was hat es mit diesen merkwürdigen Nachrichten von Eva und Gabriel auf sich?«
Wie auf Kommando ertönte in diesem Moment »Glory, Glory, Halleluja!«
»Siehst du!«, schimpfte ich und schlug mit der Hand gegen die Tür. »Die können dich nicht einmal jetzt in Ruhe lassen!«
Die Melodie spielte weiter.
»Willst du nicht lesen, was du zu tun hast?«
»Ich weiß es nicht.« Raphaels Stimme klang ratlos.
»Gabriel weiß es bestimmt«, bemerkte ich höhnisch. »Und ich wette, Eva hat auch noch einen guten Tipp auf Lager.«
Das Lied verstummte, und es war mit einem Mal sehr ruhig. Vorsichtig schaute ich durch das Schlüsselloch. Raphael saß auf dem Boden und starrte gedankenverloren auf die Schlafzimmertür. Das Handy lag neben ihm.
»Und, was schreibt er?«
»Keine Ahnung.« Raphael schubste das Telefon achtlos Richtung Küche. »Ich habe nicht nachgesehen.«
»Wirklich nicht?«
Er schüttelte den Kopf, und ich zog mich rasch vom Schlüsselloch zurück. Wahrscheinlich hatte er mich dort längst entdeckt.
»Ich muss eine Entscheidung treffen«, sagte er bedächtig. »Und ich muss sie allein treffen. Jetzt. Ohne die Hilfe des Himmels.«
»Was hat denn der Himmel damit zu tun?«
»Vieles.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Warte einen Moment!« Er seufzte, und danach war es wieder still. Zögernd wagte ich einen weiteren Blick durchs Schlüsselloch. Raphael hatte sich erhoben, die Hände im Nacken verschränkt, und dachte offenbar gründlich nach. Ein paar Sekunden später nickte er entschlossen und ließ seine Finger sinken. »Wirst du mich anhören, wenn ich dir die Wahrheit erzähle?«
»Äh … natürlich.« Was blieb mir denn anderes übrig? Ich saß hier fest.
»Könntest du die Tür öffnen? Ich möchte dir dabei in die Augen sehen. Bitte!«
Ich versuchte, meine chaotischen Gedanken zu ordnen. Einerseits verursachte mir die Situation immer noch riesige Angst. Vor meiner Schlafzimmertür stand der Mann, in den ich mich vor zwei Wochen Hals über Kopf verliebt hatte. Er trug irgendein Geheimnis mit sich herum, das ich nicht kannte und das im schlimmsten Fall gefährlich, vielleicht aber auch nur völlig harmlos und durchgeknallt war.
Andererseits war ich trotz meiner Furcht sehr neugierig auf seine Erklärung. Außerdem: Was konnte mir schon passieren, wenn ich die Tür öffnete? Raphael hatte in den letzten Wochen mehr als eine Gelegenheit gehabt, mir zu schaden. Offensichtlich wollte er momentan tatsächlich nichts von mir. Und Harald würde bald hier sein.
»Also gut.« Vorsichtig drehte ich den Schlüssel um. Langsam
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