Fuer immer und einen Tag
ihrer Zunge perlten. Auch als sie das Aroma erkannte, blieb es unerklärlich, also trank sie noch einen Schluck. Diesmal kitzelte kein Hauch von Champagner ihre Geschmacksknospen. So etwas gehörte nicht zu den üblichen Nachwirkungen eines epileptischen Anfalls, dennoch war sie sicher, dass sie gerade einen gehabt hatte. »Warum, was habe ich gesagt?«, fragte sie. Sie konnte sich nicht erinnern, nur noch an dieses seltsam klamme Gefühl.
»Du hast irgendwas von âºkein Dummkopfâ¹ gesagt, aber du klangst ganz komisch dabei. Du sahst auch komisch aus.«
Emma las in seinem Gesicht wie in einem offenen Buch. Er war entsetzt über das Ungeheuer, zu dem seine Freundin geworden war. Es reizte sie, ihm zu sagen, dass das wahre Ungeheuer sich den Blicken entzog, während es sich einen Weg in ihren Kopf und in ihr Leben grub, doch sie sparte sich den Atem.
»Ich erinnere mich nicht, aber ich vermute, ich habe gesagt, dass ich kein Dummkopf bin«, sagte sie. Ihre geschriebenen Worte laut ausgesprochen zu hören brachte eine solche Erleichterung mit sich, dass sie den Impuls zu lachen kaum unterdrücken konnte. »Ich habe keine Zeit für so etwas, tut mir leid. Du bist jetzt auf dich allein gestellt, Alex.«
Er starrte sie an und schüttelte ungläubig den Kopf. »Aber du brauchst mich«, sagte er.
»Du bist das Letzte, was ich brauche, Alex, und ich möchte, dass du gehst. Bitte. Jetzt gleich.«
»Zweimal köstliches Lachs-Teriyaki«, verkündete Steven laut, so dass Alex erschrocken zusammenfuhr.
»Alex kann nicht länger bleiben«, sagte Emma. »Trag sein Essen zurück in die Küche.« Falls ihre Stimme etwas zitterte, so war das nur ein Nachbeben von ihrem Anfall. Ansonsten fühlte sie sich so ruhig, so kühl wie die Atmosphäre, die sich auf ihren Winkel des Bistros herabgesenkt hatte.
»Kein Problem«, sagte Steven, stellte einen Teller vor Emma ab, vollführte eine schwungvolle Drehung und ging mit dem anderen zurück in die Küche.
Als Ben wenig später an ihren Tisch kam, war Alex verschwunden.
»Mein Kompliment an den Küchenchef«, sagte sie und leckte sich die Finger. »Der Lachs war wirklich köstlich.«
Ben lieà sich nicht von ihr hinters Licht führen. »Geht es dir gut?«
»Bestens«, sagte sie mit einem Unterton eiserner Entschlossenheit. »Alex musste gehen, das ist alles. Ich werde noch in Ruhe zu Ende essen und dann nach Hause fahren.«
Sie hatte keine Lust, jetzt schon aller Welt zu verkünden, dass Alex nicht mehr der Mann an ihrer Seite war. Vor allem hatte sie keine Lust, es ihrer Familie zu sagen, und Ben gehörte quasi dazu. Ihr Besuch im Büro und die befreiende Szene in ihrem Buch waren die Auslöser für eine Trennung gewesen, die sich schon lange angekündigt hatte, aber es war noch nicht vorbei. In ihr ging es drunter und drüber, und sie würde niemandem sagen, wie sie sich fühlte, bis sie es selber wusste.
»Ich kann jetzt nicht weg aus der Küche, aber ich werde Steven bitten, dich nach Hause zu fahren. Ein Stündchen kommen wir schon ohne ihn zurecht. Es sei denn, du möchtest, dass ich deine Mutter anrufe?«
»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich das für eine Drohung halten.«
»Als könnte man dich herumschubsen, Emma Patterson«, sagte Ben und hob abwehrend die Hände.
Emma zuckte die Achseln. »Vielleicht früher mal, aber jetzt nicht mehr.«
Sie sah ihm an, dass er hin- und hergerissen war, einerseits bei ihr bleiben wollte, andererseits in der Küche gebraucht wurde.
»Geh! Ich glaube, hier riechtâs schon verbrannt«, rief sie mit einem Lächeln, das sie ihre restliche Kraft kostete. »Und sag Steven, ich bin jederzeit abfahrbereit.«
Als Ben aufstand, sah er sie noch einmal eindringlich an. »Das Angebot steht noch, falls du Lust hast, morgen ins Museum zu gehen.«
»Mal sehen, wie ich mich fühle«, sagte Emma, weil sie nicht wusste, in welchem Zustand sie sein würde, körperlich wie seelisch.
»Also, wenn du mich fragst, du siehst umwerfend aus heute Abend.«
Diesmal kam ihr Lächeln spontan, wenn auch mit einer Spur von Traurigkeit. »Das hat man mir schon gesagt, ja«, antwortete sie und dachte an Alexâ linkisches, zweifelhaftes Kompliment. Aus Bens Mund klang es ehrlich. »Jetzt geh, bevor wir noch die Feuerwehr rufen
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