Fuer immer und einen Tag
entgegengeblickt. Zum ersten Mal, seit sie aus dem Krankenhaus entlassen war, hatte sie sich wieder einmal richtig schick gemacht, mit allem Drum und Dran. Sie hatte mehr Farbe bekommen in der vergangenen Woche, und ihre Haare waren jetzt auch in einem besseren Zustand und zu weichen Wellen frisiert, die ihre Kopfwunde bedeckten. Die dunklen Augenringe waren fast verschwunden, und sie konnte sich beinahe einreden, dass ihre Augen strahlten. Sie würde sogar so weit gehen zu sagen, dass sie sich lebendig fühlte.
»Tut mir leid, ich meinte nur, dass es für mich auch schwer ist. Ich weià nicht, was auf mich zukommt.«
»Mir ist klar, dass es schwer ist, und es wird noch schwerer werden«, sagte Emma und zwang sich zu einem freundlichen Ton. »Die Zeit wird kommen, da ich krank aussehen werde, sehr krank, und ich fürchte, sie wird früher kommen, als uns allen lieb ist, besonders mir.« Das klang nun doch recht scharf, nicht zuletzt, weil sie selbst Worte des Trostes und des Beistands hören wollte, statt anderen gut zureden zu müssen, damit sie die letzte Strecke mit ihr gingen.
Ein langes Schweigen entstand, und als Steven mit den Getränken und Knabbereien kam, bemerkte er die wachsende Spannung zwischen ihnen und verschwand so schnell wieder, wie er aufgetaucht war. Alex trank einen langen Zug von seinem Bier, während Emma sich selbst ein Glas Wasser einschenkte.
»Erzähl mir, was ich im Büro verpasse«, bat sie, auf der verzweifelten Suche nach einem harmloseren Gesprächsthema.
Alex lieà daraufhin eine endlose Tirade darüber vom Stapel, wie viel er zu tun hatte, wie sehr Jennifer sich anstrengte, aber meistens von den anstehenden Aufgaben überfordert war, da sie keinerlei Erfahrung mit der Leitung eines Büros hatte und sich im Betrieb ihres Vaters schon gar nicht auskannte, und wie hektisch es manchmal zuging. AuÃerdem schilderte er ihr lang und breit, wie kühl Gina sich zu ihm und Jennifer verhielt, ja sich geradezu querstellte, und wie er den Laden überhaupt praktisch alleine schmiss. Es dauerte nicht lange, bis er mit dem Plan herausrückte, auf den er hingearbeitet hatte. Er schlug vor, dass Emma, solange sie noch halbwegs bei Gesundheit war, das Beste daraus machen und mehr Zeit, wenn schon nicht im Büro, so doch mit der Arbeit an einigen Projekten verbringen solle. So hätte sie etwas Konstruktives, mit dem sie sich beschäftigen könne, meinte er. Es sei in ihrem eigenen Interesse.
In ihrem eigenen Interesse ignorierte Emma seinen dreisten Versuch, sie zu manipulieren, und schaltete ab. Sie starrte in ihr Glas und beobachtete, wie die Kohlensäurebläschen nach oben stiegen. So sehr konzentrierte sie sich darauf, die Tränen zurückzuhalten, dass sie zuerst gar nicht merkte, wie ihr Herz plötzlich schneller schlug, nicht bis das warme Leuchten ihrer Umgebung ein feuchtkaltes Frösteln hervorrief. Die Warnzeichen eines bevorstehenden Anfalls waren ihr nur allzu vertraut, und sie fühlte, wie die Dunkelheit, die in ihren Augenwinkeln saÃ, sich ringsherum auszudehnen begann. Voller Panik sah sie sich um, und ihr Blick wurde von den groÃen Fenstern angezogen, die kein flackerndes Kerzenlicht mehr reflektierten, sondern auf eine schwarze Leinwand hinausgingen, gespickt mit Abertausend Lichtern, von denen jedes ihr verschwörerisch zuzwinkerte. New York City erstreckte sich vor ihr, so weit das Auge reichte.
Emma schnappte nach Luft, ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb, und dann, mit einem Wimpernschlag, war das Bild wieder weg. Als sie sich Alex zuwandte, war sie im ersten Moment verwirrt, nur ihn zu sehen, und hielt erwartungsvoll nach einer schlanken, eleganten Gestalt mit hochgesteckten blonden Haaren Ausschau.
»Emma? Um Gottes willen, Emma, was ist denn los?« Echte Furcht schwang in Alexâ Stimme mit.
Emmas Mund war total ausgetrocknet, als sie sich über die Lippen lecken wollte. Sie blickte auf das vor ihr stehende Wasser, fühlte sich aber nicht gefasst genug, um das Glas sicher in die Hand zu nehmen.
»Was hast du gemeint?«, wollte Alex wissen.
Emma runzelte die Stirn vor Konzentration, während sie versuchte, ihre Atmung zu kontrollieren und ihren Herzschlag zu verlangsamen. SchlieÃlich nahm sie das Glas Wasser und trank versuchsweise einen Schluck. Es hatte einen unerwarteten und nicht sofort bestimmbaren Geschmack, stellte sie fest, als die Bläschen auf
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