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Fuer immer und einen Tag

Fuer immer und einen Tag

Titel: Fuer immer und einen Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Brooke
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ihrer Mutter nach, als sie im Gang verschwand, und tastete rasch nach ihrem Handy. Mit dem Bild von Alex vor Augen, der schon voller Sorge auf ihren Anruf wartete, zog sie es aus der Hosentasche ihres Pyjamas.
    Ihr Telefon war den ganzen Vormittag an gewesen, auf Stummalarm gestellt. Keine verräterische Vibration hatte einen verpassten Anruf oder eine SMS angekündigt, und doch war sie jetzt enttäuscht, als sie die leere Anrufliste sah. Bedrückt tippte sie auf den Touchscreen und wartete darauf, dass die Verbindung zustande kam.
    Â»Emma?«, schrie Alex durch stampfende Musik und lautes Stimmengewirr hindurch.
    Â»Wo bist du?«, fragte sie so laut, wie sie es wagte. Abgesehen von dem gelegentlichen Stöhnen eines Mitpatienten oder dem Klappern eines Medikamentenwagens war es totenstill auf der Station.
    Â»Wir sind zum Lunch im Pub«, erklärte er. »Die neuesten Verkaufszahlen sehen richtig gut aus, und Mr Bannister hat darauf bestanden. Ich konnte schlecht ablehnen.« Eine Pause entstand, während Alex auf ihre Reaktion wartete. Ihr Schweigen veranlasste ihn schließlich dazu, die Frage zu stellen, von der sie angenommen hätte, dass sie ihm als Erstes in den Sinn kam. »Aber genug von mir, ich habe den ganzen Morgen an dich gedacht. Wie ist es gelaufen? Was gibt’s für Neuigkeiten?«
    Emma wurde schmerzlich bewusst, dass das Leben außerhalb des Krankenhauses seinen gewohnten Gang ging – noch ein Hieb gegen ihre ohnehin schon stark angeschlagene Gemütsverfassung. Die erschütternde Nachricht, die sie gerade erhalten hatte, hatte dort draußen nicht das kleinste Beben verursacht. Kurz wallte Empörung in ihr auf, als sie sich vorstellte, wie die anderen feierten. Sie hätte dabei sein sollen, sie verdiente das Schulterklopfen des Chefs genauso wie ihre Kollegen, aber ihr Ärger wurde rasch von einer weitaus stärkeren Welle der Verzweiflung hinweggespült. Es gab Schlimmeres im Leben. »Mein Tumor ist zurück«, sagte sie stoisch.
    Der Lärm im Hintergrund ging ungerührt weiter.
    Â»Alex? Bist du noch da?«
    Â»Das tut mir leid, Em. Wirklich«, sagte er. »Ich fühle mich ganz schlecht, weil ich nicht für dich da war. Ich wollte bei dir sein, ehrlich.«
    Â»Ist schon gut«, sagte sie und stellte fest, dass sie schon wieder dabei war, ihn zu trösten statt umgekehrt, aber so war es oft. Sie hasste ihre Krankheit, nicht bloß für das, was sie ihr selbst antat, sondern auch für den Kummer, den sie den Menschen in ihrer Nähe zufügte. »Wir reden am Wochenende miteinander, wenn du weniger zu tun hast, aber ich werde am Montag wahrscheinlich sowieso entlassen.«
    Â»Dann komme ich dich besuchen, versprochen.«
    Â»Eine Sache noch«, sagte Emma. »Ich werde für eine Weile wieder zu meiner Mutter ziehen müssen.«
    Â»Das ist vielleicht das Beste. Du brauchst jemanden, der sich um dich kümmert.«
    Emma war versucht, ihn anzuschreien, dass er sich um sie kümmern solle. Sie wollte, dass er sie in die Arme nahm und ihr sagte, dass sie es schaffen werde, aber sie wählte den leichteren Weg. Sie sagte nichts.
    Â»Wir helfen dir da durch«, fügte er hinzu. »Wir stehen dir alle bei.«
    Â»Ich weiß«, sagte sie, aber sie wusste es keineswegs. Es war eine automatische Antwort auf ein automatisches Angebot, und vielleicht war ihnen das beiden klar.
    Â»Ich mache jetzt besser Schluss«, sagte Alex in die neue Pause hinein, »aber wir sprechen uns bald. Kuss, Em.«
    Emma hielt das Handy ans Ohr gedrückt, bis ihre Verbindung zum Alltagsleben getrennt wurde und die Stille zurückkehrte. Sie fühlte sich erschöpft, schloss die Augen und leistete keinen Widerstand, als sie einschlummerte, gab ihrem Geist die Freiheit, selbstständig auf Reisen zu gehen.
    Im Traum saß sie immer noch in Dr. Spellings sonnendurchflutetem Büro und blickte zum Fenster hinaus auf eine einsame Gruppe von Bäumen. Eine Handvoll schon arg mitgenommener Blätter zeichnete sich vor dem kühlblauen Himmel ab. Ihr Augenmerk richtete sich auf ein einzelnes Blatt, das die Herbststürme überlebt hatte und sich standhaft an seinen Zweig klammerte, anscheinend entschlossen, dem Winterfrost zu trotzen. Ohne Vorwarnung fuhr eine gemeine Windbö herbei und wirbelte es in die Luft, so dass es, rotgoldenen Funken gleich, in der Sonne tanzte. Doch sein Fallen war unvermeidlich, und

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