Fuer immer und einen Tag
und dich küsse«, sagte er. »Es ist völlig egal, ob der Wind drauÃen heult oder wir das Rauschen der Brandung hören. Sobald ich deine Lippen spüre, bin ich zu Hause.«
»Dann mach die Augen zu.«
Emma schob sich auf ihn, und sie schlossen beide die Augen. Schweigend begannen sie, sich gegenseitig auszuziehen, und als Ben ihre nackte Haut küsste, grub sie ihre Finger in die gesteppte Tagesdecke und fühlte warmen, seidigen Sand.
Als Emma aufwachte, fühlte sie sich anders, und anders bedeutete bei ihr meistens nichts Gutes. Sie schlief noch halb, aber ihr war warm, zu warm, und ihr Körper fühlte sich bleischwer an. Ein Adrenalinschub fuhr durch sie hindurch, und mit einem plötzlichen Aufkeuchen war sie hellwach. Das Zimmer lag noch im Dunkeln, nichts zu ahnen von der Morgendämmerung, doch sie sah trotzdem zu dem lichtlosen Fenster hin und wünschte den Tag herbei, damit er sie von diesem neuesten nächtlichen Schrecken erlöste. Sie versuchte, sich auf die Seite zu drehen, konnte sich aber nicht bewegen. Nach und nach erwachten alle ihre Sinne und meldeten fremde Gerüche und Geräusche. Ein langgezogener zischender Laut lieà sie zusammenzucken und einen Bruchteil einer Sekunde später beinahe laut auflachen.
Ben schnarchte leise hinter ihr weiter, während sie sich entspannte.
Sie sah auf die Uhr. Trotz der frühen Stunde musste sie ihre Medikamente nehmen. Ihre Mutter stellte die morgendlichen Tabletten samt einem Glas Wasser sonst immer auf ihrem Nachttisch bereit, hatte sich aber rar gemacht, seit sie gestern nach dem Abendessen mit Ben in ihrem Zimmer verschwunden war. Sie fühlte sich wie ein unartiger Teenager, auch wenn ihre Mutter sie nun endlich wie eine Erwachsene behandelte. Und wie eine Erwachsene würde sie sich nun auch selbst um ihre Medikamente kümmern.
Sie schob die Beine unter der Decke hervor und schlüpfte aus dem Bett, ohne Ben zu stören. Beim Aufstehen merkte sie, dass die Nacht ihr mehr abverlangt hatte als vermutet, denn ihr wurde schwindelig. Sie lieà sich in einem halb abgefangenen Fall zu Boden sinken und schnaufte dabei so leise sie konnte, um Ben nicht zu wecken. Wenn er sah, dass sie Probleme hatte, machte er sich vielleicht Vorwürfe oder hatte gar Angst, sie wieder anzufassen. Sie dachte an ihre gemeinsame Liebesnacht und bekam fast Panik bei dem Gedanken, darauf wieder verzichten zu müssen.
Mit dem Rücken ans Bett gelehnt saà sie auf dem FuÃboden und schloss die Augen, während ihr Bewusstsein sich von ihrer Umgebung zu lösen begann. Sie streckte die Hände aus, um sich zu erden, als die Halluzination sich einstellte, und ihre Finger schlossen sich um einen kleinen Gegenstand unterm Bett. Ihr war heiÃ, das Licht hinter ihren geschlossenen Lidern wurde auf einmal ungeheuer intensiv, und als sie die Augen aufschlug, glitzerte türkisblaues Wasser bis zum Horizont. Von der Strandlinie blickte sie zu unglaublich steil abfallenden Bergen hinüber. Ãppig grüne Palmen verdeckten den Blick auf die schlafenden Vulkane, aber sie wusste, sie waren da. Hinter sich hörte sie Ben immer noch schnarchen. Sie drehte sich zu ihm um, und die tiefe Dunkelheit vor dem Morgengrauen kehrte mit einem Wimpernschlag zurück.
Sie beruhigte ihre Atmung und behielt nur ein paar paradiesische Anklänge an den Ort zurück, an den ihr Anfall sie geführt hatte. Einen Geschmack von Kokosnuss im Mund und das Reiben von feinkörnigem Sand zwischen den Zehen. Sie hob ihre geschlossene Hand, und als sie sie öffnete, hatte sie keinen Zweifel mehr, wo sie gewesen war. Die in der Muschelschale eingeschlossenen Regenbogen leuchteten schillernd auf, als Licht darauf fiel.
»Emma? Was machst du da unten?« Ben hatte die Nachttischlampe angemacht und beugte sich stirnrunzelnd über die Bettkante.
Sie zeigte ihm die Muschel. »Das habe ich gefunden«, sagte sie, mehr erstaunt als beunruhigt. Erst als sie selbst einen genaueren Blick darauf warf, fiel ihr die unsaubere gelbe Linie auf, die um den Rand verlief. Es war angetrockneter Klebstoff, mit den Jahren vergilbt. Eine der Muschelschalen, die von dem Bilderrahmen abgefallen waren.
»Ein Souvenir von unseren Flitterwochen?«, fragte Ben. Er rieb sich gerade den Schlaf aus den Augen und bemerkte ihren enttäuschten Gesichtsausdruck nicht.
»Schön wärâs.« Sie kämpfte sich versuchsweise auf die Beine und
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