Fuer immer und ledig - Roman
(Obwohl ich persönlich natürlich nichts gegen ein bisschen abergläubisch zerstörtes Glück gehabt hätte.) Die Frage, die ich am häufigsten zu hören bekam, war die nach dem dress code , und die Gäste waren höchst erstaunt, wenn ich sagte: »Es gibt keinen dress code . Kommt, wie ihr wollt.« Einen von Finas Exfreunden aus ihrer Abizeit beauftragte
ich damit, dem Brauch nachzukommen, sowohl die Hose des Bräutigams als auch die Schuhe der Braut gegen Ende der Feier zu verbrennen. (Selbstverständlich würde ich »vergessen«, Marc und Fina an diesen Brauch zu erinnern.) Anschließend würden wir die Asche mit einer Flasche Schnaps vergraben. Und in einem Jahr ausgraben. Oder auch nicht.
Mutter raunzte mich an, warum der Polterabend nicht, »wie es sich gehört«, vorm Haus unserer Eltern stattfinden konnte. Ich redete mich damit raus, dass vermutlich zu viele Leute kommen würden.
»Was sollen denn da die Nachbarn sagen?«, entschied ich schließlich die Schlacht für mich.
»Aber dann müssen wir ja nach Bahrenfeld kommen«, bäumte sie sich ein letztes Mal auf. Es klang, als müsste sie in die Mongolei aufbrechen. Zu Fuß. »Wann müssen wir denn da losfahren?«
»Mittags um zwölf«, sagte ich. »Um acht geht’s nämlich schon los.«
Fina hatte mir ihre Kreditkarte überlassen, damit ich mich um das Catering kümmerte. Ich bestellte, wie schon beim Konditor, gleich noch ein paar Sachen für unser Fest mit. Nur, dass ich Fina diesmal um Erlaubnis fragte.
Der Caterer freute sich über den Großauftrag und versprach, gleich auch den ganztägigen Getränkeausschank für die hoffentlich zahlreichen Besucher unseres Künstlerhauses zu übernehmen.
Mit großem Herzklopfen telefonierte ich die Stars ab, die mir Rupert organisiert hatte. Es berührte mich ganz seltsam, weil sie mich alle als »Kollegin« ansprachen. Der berühmte Tenor Charles Bonham, aktuell mal wieder in den Top Ten der Albumcharts und auf Platz eins der Singlecharts (auch bei den Downloads), sprach von mir als seiner Kollegin!
Alle im Künstlerhaus waren mittlerweile genauso aufgeregt wie ich. Teilweise sogar noch mehr, denn für sie stand ihre gesamte Existenz, ihre Zukunft auf dem Spiel. Tiffy und ich, wir könnten uns schon irgendwie durchschlagen. Aber als Bildhauer oder Installationskünstlerin oder Maler war es nicht ganz so einfach, geeignete Räume zum Arbeiten und Ausstellen zu finden und dann noch den Lebensunterhalt zu verdienen.
Und mir wurden die Knie schon sehr weich, als ich mit einem Mal verstand, dass sich die Hoffnungen aller auf mich allein konzentrierten: Ich hatte die Aktion ins Leben gerufen. Ich hatte den Tag geplant. Ich hatte große Künstler zur Unterstützung organisiert. Und ich war bereit, die gesamte Verantwortung zu übernehmen, wenn es hart auf hart kam. Sie zählten auf mich. Wenn ich es recht bedachte, bekam ich davon nicht nur weiche Knie, sondern ausgewachsene Panikattacken.
»Tilly«, flötete Rupert am Sonntagmorgen ins Telefon. »Ich kann’s gar nicht erwarten, dich endlich spielen zu hören! Und weißt du was? Charles Bonham hat ausdrücklich darum gebeten, nicht gerade irgendwo seinen
Auftritt zu haben, wenn du gleichzeitig anderswo im Gebäude spielst. Das freut dich doch, oder?«
Jetzt hatte ich zu den weichen Knien und den ausgewachsenen Panikattacken noch ein Monsterlampenfieber. Konnte der Tag noch schlimmer werden?
Er konnte es. Marc tauchte außerplanmäßig gegen Mittag auf, zog mich aus dem Gespräch mit dem Caterer, der gerade mit seinen Leuten die Theken aufbaute, und schob mich wortlos in meinen Raum.
»Mir geht eine Sache nicht aus dem Kopf«, sagte er grimmig. »Wenn du die ganze Zeit so überzeugt davon warst, dass ich dich liebe - warum hast du dich dann bereiterklärt, deiner Schwester bei den Hochzeitsvorbereitungen zu helfen?«
Ich konterte: »Wenn du die ganze Zeit mit mir geschlafen und mir erzählt hast, ich sei die Frau deiner Träume - warum hast du dann nicht mit meiner Schwester Schluss gemacht?«
Er sah mich düster an. Setzte sich mal wieder auf meine Klavierbank und seufzte. »Ich wollte ja. Aber dann … dann hab ich gemerkt, wie sehr sie mich liebt.« Er hob eine Hand, um mich zu unterbrechen, noch bevor ich eine bissige Bemerkung loslassen konnte. »Ich weiß, was du über sie denkst. Aber ich glaube, du kennst Fina gar nicht richtig.«
»Ich kenne meine eigene Schwester nicht richtig?«, rief ich ungläubig. »Hört, hört.«
»Ich gebe zu, ich
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