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Fuer immer und ledig - Roman

Fuer immer und ledig - Roman

Titel: Fuer immer und ledig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrike Heiland
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hatte, und schließlich hatte sie mit ihrer Vermutung, er ginge fremd, auch noch ins Schwarze getroffen, selbst wenn sie ganz sicher nicht wusste, mit wem er sie betrog.
    Ich würde um ihn kämpfen. Mehr als am Ende alleine dastehen konnte ich schließlich nicht.
    »Warte mal, ich hab was für dich«, sagte sie. Sie rannte aus dem Raum und kam nach zwei Minuten mit ihrem Laptop wieder. Auf dem Bildschirm war ein Foto von Marc und mir. Er stand hinter mir, hatte seine Arme um mich geschlungen und küsste meinen Hals. Ich strahlte vor Glück, die Augen genießerisch geschlossen.

    Ich erinnerte mich an den Moment. Wir waren in den Gemeinschaftsraum gegangen, um uns Kaffee zu machen. Mitten in der Nacht, keine halbe Stunde nachdem wir - mal wieder - wunderbaren Sex gehabt hatten. Ich erinnerte mich auch, dass ich jemanden gehört hatte, und es war mir egal gewesen, ich hatte nur gedacht: Ja, die ganze Welt kann uns sehen, jeder soll wissen, wie glücklich ich bin.
    Nun sah ich selbst, wie glücklich ich gewesen war.
    »Hast du das Foto gemacht?«
    Tiffy schüttelte den Kopf. »Dorothee.« Die Fotografin, die hier ausstellte. »Sie war die ganze Nacht draußen und hat fotografiert, dann kam sie zurück und hat euch noch gleich mitgenommen. Ich habe es auch eben erst gesehen, als ich ihr helfen sollte, die besten Bilder für ihre Ausstellung zusammenzusuchen.«
    »Für Sonntag?«
    Tiffy nickte. »Von manchen macht sie Abzüge, andere projiziert sie an die Wand … Ach, sie hat sich da so einiges ausgedacht.«
    »An die Wand projizieren?«, fragte ich.
    Tiffy sah mich neugierig an. »Du hast doch was vor.«
    Jetzt nickte ich.

18
    Es gab keinen Grund, warum ich nicht mehr solo spielte. Jedenfalls nicht den einen, alles erklärenden Grund. Dabei hatte ich das einmal richtig gerne gemacht. Ich hatte immer viele Konzerte gespielt, und nicht nur meine Professoren waren der Meinung gewesen, ich sei mehr als nur ein vielversprechendes Talent. Dass mich jemand wie Rupert in seine Agentur geholt hatte, war die allergrößte Auszeichnung gewesen. Und trotzdem stand ich nach meinem Abschluss da und konnte nicht mehr alleine auf die Bühne. Erst dachte ich noch, ich wollte es einfach nicht, aber dann wurde mir klar: Es ging nicht mehr. Ich hatte eine totale Sperre im Kopf.
    Also machte ich noch diesen und jenen Aufbaustudiengang, verdiente Geld mit privatem Unterricht und Gesangsbegleitung und landete schließlich als Korrepetitorin an der Staatsoper. Dort fragte mich keiner, warum ich nicht Konzertpianistin war. Dort gab es genügend Musiker und Sänger, die wie ich in der »zweiten Reihe« standen - die im Chor sangen oder im Orchester spielten. Sie hatten alle unterschiedliche Gründe: Manche fühlten sich alleine auf der Bühne nicht wohl
und fanden es nicht so wichtig, dass der Zuschauer ihre Namen nicht kannte. Manchen war schon rein wirtschaftlich ein sicherer Platz in der Gruppe lieber als das Unstete einer Solokarriere. Manche waren einfach nicht gut genug.
    Ich hatte mich alleine auf der Bühne immer sehr wohlgefühlt. Wirtschaftliche Überlegungen waren mir (leider) fremd, und gut genug war ich auch. Warum also, um es mit Marcs Worten zu sagen, versteckte ich mich in den Proberäumen der Staatsoper?
    Vielleicht hatte es mit der Enttäuschung darüber, dass Marc nicht zu meinem Abschlusskonzert gekommen war, angefangen. Interessanterweise hatte auch meine Heiratsmanie zu der Zeit erst so richtig Fahrt aufgenommen. Was vorher noch ein romantischer Traum gewesen war, sollte verbissenem Tatendrang weichen, kaum dass Marc von der Bildfläche verschwunden war. Es hing also beides zusammen, wie ich mir eingestehen musste. Und es zeigte doch deutlich, dass Marc meine große Liebe war, oder etwa nicht? Hieß das, wenn ich das eine Problem gelöst hatte, würde sich das andere von selbst lösen?
    Marcs Weggang war allerdings nur ein Baustein gewesen. Ich konnte nicht einmal sicher sagen, ob es der Anstoß zu allem gewesen war, oder doch eher der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Das Desinteresse meiner Familie für meine Musik hatte mich schon mein Leben lang gewurmt, und wenn ich ehrlich war, war ich immer noch nicht ganz darüber hinweg. Vielleicht
hatte ich mir deshalb den letzten, alles entscheidenden Schritt nicht zugetraut.
    Und dann war da noch der weit verbreitete Konservatismus im Klassikbetrieb. Schon meine erste Klavierlehrerin hatte sehr viel Wert darauf gelegt, mich für das halbjährliche Vorspiel in das

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