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Für immer untot

Für immer untot

Titel: Für immer untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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über die Reling auf die Straße weiter unten.
    Ich stand da und starrte erschrocken und geschockt auf den Körper der Contessa hinab, der reglos auf dem Pflaster lag. Ich lebte noch, aber vermutlich nicht mehr lange. Denn ein Meistervampir konnte nicht so einfach getötet werden. Es war möglich, ihn zu verletzen und ordentlich in Rage zu bringen, aber um ihn zu töten, musste man sich ganz anders ins Zeug legen. Bestimmt kam die Contessa gleich wieder auf die Beine, und wenn das geschah, war ich erledigt. Ich musste vom Schiff, und zwar fix.
    Zihao näherte sich, als ich nach einer Lücke in dem wüsten Getümmel auf der Straße suchte. Er hatte seinen Speer verloren, verwendete ein großes Ruder als neue Waffe und wollte es auf den Kopf von Mister Cape schmettern.
    »Warten Sie!« Ich sank auf die Knie, die ohnehin ziemlich weich waren, und breitete die Hände aus. Die Sterne waren an ihren alten Platz zurückgekehrt und schienen nicht mehr zu rotieren. Doch der Wächter zögerte trotzdem.
    Er sagte etwas, das ich nicht verstand. Ich begann, Ming-de um ihren Übersetzungsapparat zu beneiden, trotz seiner schlechten Laune. Schließlich wurde dem Mann klar, dass wir ein Kommunikationsproblem hatten. Er zeigte auf die Gestalt im Umhang und dann auf mich, schien damit zu fragen, ob wir zusammengehörten, und ich nickte energisch. Es stimmte nicht, aber wer auch immer in dem Kapuzenumhang steckte, er gehörte nicht zur anderen Seite, und für einen Abend hatte ich genug Blut gesehen.
    Der Wächter schien mit meiner Auskunft zufrieden zu sein und stapfte fort, um jemand anders anzugreifen. Mein Blick glitt zu Mister Cape zurück, und ich fragte mich, ob ich meine Zeit damit vergeudet hatte, eine Leiche zu verteidigen. Denn der Mann lag da, ohne sich zu rühren, einen blassen Arm ausgestreckt und das Gesicht noch immer unter der Kapuze. Er schien nicht zu atmen, aber angesichts des weiten Umhangs ließ sich das kaum feststellen. Der Arm war warm und wirkte menschlich genug, und so zog ich die Kapuze zurück, um nach Verletzungen zu suchen.
    Von einem Moment zum anderen erstarrte ich.
    Ich hörte, wie der Wahnsinn um mich herum andauerte, wie der Elefant trompetete, Glas brach und Leute fluchten. Aber nichts von all dem erschien mir so real wie das Gesicht, von Schwärze gesäumt und bunt im Licht all der umherfliegenden Zauber. Es war ein sehr vertrautes Gesicht.
    Nein. Ich musste am Kopf getroffen worden sein, ohne es zu merken, denn für diesen Anblick kam nur eine Halluzination infrage. Ich blinzelte mehrmals, doch an dem Gesicht änderte sich dadurch nichts. Ich drückte die Handballen an die Augen, saß eine Weile ganz still und achtete darauf, nicht zu hyperventilieren, denn das hätte einen Schwächeanfall herausgefordert, den ich mir nicht leisten konnte. Aber ich atmete vielleicht etwas schneller als sonst, und als ich die Hände schließlich sinken ließ, hatte ich mich wieder im Griff.
    Zumindest ein bisschen. Hoffte ich.
    Ich starrte in das Gesicht hinab, und ja, ich begann doch noch zu hyperventilieren, als mein Gehirn versuchte, mit der verrückten, absurden und völlig unmöglichen Sache fertig zu werden, die mir die Augen zeigten. Doch meine Augen mussten sich irren, denn es war völlig ausgeschlossen, dass dies Pritkin sein konnte. Ich hatte ihn im Dante’s zurückgelassen, davon überzeugt, dass ich nicht lange wegbleiben würde. Und er musste noch immer dort sein, wenn er nicht irgendwo eine Zeitmaschine aufgetrieben hatte. Aber es war auch nicht Rosier. Denn ich wusste zwar, dass der Dämonenlord bluten konnte, aber ich bezweifelte, dass er das Bewusstsein verlor, nur weil er mit dem Kopf an etwas stieß.
    Er sah ein wenig anders aus, dachte ich benommen. Längeres, rötlich-blondes Haar fiel ihm in die Augen und reichte bis zu den Schultern. Er wirkte jünger, das Gesicht etwas schmaler, was seine Nase noch größer machte und die Wangenknochen deutlicher hervortreten ließ. Die Lippen waren so dünn, wie ich sie in Erinnerung hatte.
    Ich schätze, er muss eine Art Verkleidung gebraucht haben. Er konnte nicht genauso aussehen, ein Leben nach dem anderen; jemand hätte es bemerkt.
    Vielleicht wusste er deshalb so wenig über Vampire. Es wäre nicht klug gewesen, in der Nähe von Geschöpfen zu bleiben, die ebenso alt waren wie man selbst, die sich an ein Gesicht erinnerten, das sie vor Jahrhunderten gesehen hatten, ganz gleich, wie sehr man es zu tarnen versuchte. Und Pritkin war nie dumm

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