Für immer untot
ähnlichen Meisterwerken, der zum vorderen Teil der Kirche führte. Wo Mircea stand und sich in einem Becken mit Weihwasser wusch.
»Das ist nicht möglich«, sagte Pritkin und beobachtete ihn ungläubig. Zu sehen, wie Mircea Blut aus einem Abendmahlkelch trank, hätte ihn kaum mehr schockieren können.
Offenbar hörte Mircea uns hereinkommen, aber er wusch sich weiter. Er kehrte uns den Rücken zu, und der Kerzenschein ließ die Muskeln in seinem nackten Rücken deutlich hervortreten. Er hatte sich den Schmutz vom Fluss aus dem Haar gewaschen und warf es nun zurück – Tröpfchen schimmerten im Licht.
Die Szene sah nach einem richtig guten Liebesroman-Cover aus.
Ich seufzte, und Pritkin sah mich finster an. »Er ist ein Vampir!«, sagte er, als wäre mir das noch nicht aufgefallen.
»Ja. Und?«
»Ich glaube, es überrascht den Magier, dass ich nicht in Flammen aufgehe«, sagte Mircea und trocknete sich mit etwas ab, das verdächtig nach einem Altartuch aussah. Ich war selbst ein wenig überrascht, denn immerhin war er Katholik. Dann sah ich genauer hin und stellte fest, dass das Tuch, wie die Kathedrale, schon bessere Tage gesehen hatte.
Hier und dort standen Kisten, Fässer und Tonnen und ließen nur den Mittelgang frei. Viele Füße hatten dort Schmutz hinterlassen. Draußen war meiner Aufmerksamkeit entgangen, dass die wahrscheinlich heiligen, aber sehr unheimlich wirkenden Statuen beim Eingang beschädigt worden waren. Die Revolution schien nicht viel für Religion übrigzuhaben.
»Aber natürlich!«, höhnte Pritkin. »Das Wasser ist entweiht! Dafür haben die Jakobiner gesorgt!«
»Sie haben die Kathedrale verwüstet, bevor sie sie in einen Tempel der Vernunft‹ verwandelten«, erwiderte Mircea, und vermutlich galten seine Worte mir. »Was angesichts der Ausschreitungen ein wenig ironisch erscheint.«
»Sie haben die Kirche geschändet«, sagte Pritkin scharf. »Und deshalb muss sie jetzt etwas gleichermaßen Widerwärtiges hinnehmen!«
»Aber da wir nicht zu solchen Leuten gehören, sollten wir uns zu benehmen wissen«, fuhr Mircea fort. »Ich habe festgestellt, dass die meisten Menschen vernünftig sind, wenn man ihnen den richtigen Anreiz bietet.« Er hielt etwas hoch, zwischen zwei Fingern der einen Hand, während er sich mit der anderen das Haar abtrocknete.
»Das gehört mir!« Pritkin trat einen Schritt darauf zu, blieb dann aber wieder stehen.
»Und du hast etwas, das mir gehört. Ich schlage einen Tausch vor.« Mircea drehte sich um.
Ich sah es, als er Pritkin erkannte. Es war nichts Deutliches, aber für einen Sekundenbruchteil versteifte er sich, und sein Blick glitt zu mir. Ich schüttelte andeutungsweise den Kopf und hörte sofort damit auf, als Pritkin uns beide ansah. »Was geht hier vor?«, fragte er. »Hältst du mich für einen Narren?«
»Nein, nicht für einen Narren«, sagte Mircea, und ein Unterton in seiner Stimme wies mich daraufhin, dass er nicht wusste, was er von Pritkin halten sollte. Ich fragte mich, wie lange es dauern würde, bis er zwei und zwei zusammenzählte. Magische Menschen konnten bis zu zweihundert Jahre alt werden; in unserer Zeit gab es also vielleicht noch einige, die die Französische Revolution erlebt hatten. Aber sie sahen bestimmt nicht wie fünfunddreißig aus.
»Wir gehen folgendermaßen vor«, sagte Pritkin. »Du bringst die Karte nach draußen und legst sie neben die Ley-Linie. Ich nehme sie und öffne einen Zugang. Wenn ich festgestellt habe, dass die Karte echt ist, gebe ich ihr den Gegenzauber.«
»Er kennt den Zauber, den ich brauche«, erklärte ich.
Mirceas ungläubiger Blick wanderte vom Magier zu mir. »Und du glaubst, dass er ihn dir tatsächlich gibt?«
»Hier steht nicht meine Ehre auf dem Spiel!«, sagte Pritkin wütend.
»Du hast sie entführt und versucht, sie umzubringen!«
»Ich habe sie entführt, damit ich sie nicht töten muss!«
»Magier, bei allem, was heilig ist, ich schwöre… «
»Heilig?« Pritkins höhnische Stimme klang genauso wie in meiner Zeit. »Wie kannst es wagen, ein solches Wort in den Mund zu nehmen, du… «
»Ruhe!« Mein Ruf hallte seltsam von den Seiten der Kathedrale wider, schien dort wie aus geisterhaften Lautsprechern zu kommen. Ich hatte genug von diesem Unsinn. »Wir haben keine Wahl«, sagte ich zu Mircea.
»Er hat sich bereits als Verräter herausgestellt. Ihm noch einmal zu trauen. .«
»Ich bitte dich nicht, ihm zu trauen. Ich bitte dich, mir zu trauen.«
Mircea antwortete nicht,
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