Für immer untot
erwischt, mit einem Bein in der Luft, und das eigene Bewegungsmoment ließ ihn kippen. Er explodierte auf dem Asphalt, und Mircea lächelte mit grimmiger Zufriedenheit. Er ging zur nächsten menschlichen Statue, einem jungen, blonden Mann, und gab ihr einen kleinen Stoß mit der flachen Hand. Der Magier fiel nach hinten, gegen einen anderen, und beide gingen zu Boden, platzten mit einem Knall auseinander und verwandelten sich in eine Wolke aus buntem Staub, bei der sich nicht mehr feststellen ließ, welche Teile von welchem Magier stammten.
Mircea setzte den Weg zum letzten Mann fort, während ich auf den fleischfarbenen Sand starrte, der aus einem abgewetzten Turnschuh rann. Wind wehte über den Parkplatz und blies einige Körner jener Substanz an meine Wange, die ich nicht vom Asphalt heben konnte. Sie fühlten sich nicht wie Sand an; ich wusste gar nicht, wie sie sich anfühlten.
Ein Pochen wies mich darauf hin, dass ein weiterer Körper zu Boden fiel, und wieder bildete sich eine wogende Staubwolke. Es gelang mir nicht, den Blick darauf zu fixieren. Schock, diagnostizierte ich vage. Ich wusste, was ich unter solchen Umständen empfinden sollte, war aber nicht sicher, ob ich es empfand.
Mein ganzer Körper tat weh, doch die Schmerzen schienen mich nur durch einen fernen, summenden Dunst zu erreichen.
Ich starrte zu den Sandhaufen, die eben noch Menschen gewesen waren, und fragte mich, was der Zauber angestellt hatte. Billy sagte etwas. Vielleicht versuchte er, mir die Sache mit dem Zauber zu erklären, aber ich verstand ihn nicht. Möglicherweise hat er ihnen alles Wasser aus dem Leib gesaugt, spekulierte ich benommen. Blieb das von einem Menschen übrig, wenn die gesamte Flüssigkeit weg war? Ein Haufen beißend riechender Kram, der wie eine Person aussah, aber keine sein konnte, weil Personen nicht zu Staub zerfielen, wenn man sie berührte? Es erschien mir falsch, unmöglich.
Ebenso unmöglich war es, dass ich einem Mann ins Herz geschossen hatte.
Jemand ging neben mir in die Hocke und schnitt das Plastikband durch. Hier und dort sah ich etwas Weißes im Blut an meinem Handgelenk, aber es schien keine wichtige Ader aufgerissen zu sein. Trotzdem, es fühlte sich schlimm an.
Jemand zog mich in seine Arme, und am Rücken spürte ich eine Brust, die zu schnell atmete, oder vielleicht war ich das. Ich versuchte, langsamer zu atmen, ohne dass es zu einer Veränderung kam, und daraus schloss ich, dass es jemand anders sein musste.
Starke Hände strichen durch mein Haar und trennten einzelne Strähnen voneinander. Dann berührte mich ein Atem am Ohr, und eine Stimme hauchte:
»Dulceafä, ich kann deine Verletzung heilen, aber es wäre besser, wenn wir dazu MAGIE aufsuchen. Dort gibt es Heiler, die weitaus geschickter sind als ich.«
Mircea, dachte ich. Er roch nach Rauch, Blut und Schweiß, und das erschien mir seltsam, denn ich assoziierte ihn mit teurem Eau de Cologne. Ich sah nach unten und bemerkte dort schwarze Streifen und Fingerabdrücke an meiner Haut, wo er mich berührt hatte. Das fand ich sonderbar, obwohl ich nicht sagen konnte, warum.
»Wir müssen weg von hier, Cass. Er kann dich nicht nach MAGIE bringen. Wir gehören gar nicht hierher.« Billy schwebte vor meinem Gesicht, und das war okay, denn er sah genauso aus wie sonst.
»Ich kann nicht nach MAGIE zurück«, erwiderte ich, und meine Stimme klang fast normal. Seltsam.
»Es ist ein schlimmer Bruch, Dulceafä, und es gibt viele kleine Knochen im Handgelenk. Vielleicht bin ich nicht imstande, alles perfekt in Ordnung zu bringen.«
Ich sah ihn an. Mirceas Gesicht war schmutzig und schweißnass, und auf der linken Wange zeigten sich langsam verblassende Rautenmuster. Neue Haut ersetzte die verbrannten Stellen, die sich wie Schorf ablösten und vom Wind fortgeweht wurden. Die Augen schienen sich überhaupt nicht verändert zu haben. Intelligenz leuchtete in ihnen, Anteilnahme und Verständnis – sie waren wunderschön. Ihm fehlte nichts. Mircea lebte, beziehungsweise existierte. Für einige Sekunden war die Erleichterung so groß, dass sie noch mehr schmerzte als das Handgelenk.
Ich wollte etwas sagen, aber es brodelten zu viele Emotionen zu dicht unter der Oberfläche meines Bewusstseins. Mir gingen Dinge durch den Kopf, die man normalerweise nicht aussprach. Etwas in mir wollte ihm mitteilen: Selbst wenn mein Leben zu Ende gehen musste, freute ich mich doch darüber, dass seine Existenz andauerte. Es war eine Art Zukunft per
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