Für immer untot
Stellvertreter, und das erschien mir gut genug, auch wenn es nicht unbedingt das war, was ich mir erhofft hatte. Doch ich brachte keinen Ton heraus, sah ihn einfach nur an, bis das Bild vor meinen Augen zu einer Mischung aus Hell und Dunkel wurde – aus irgendeinem Grund gingen alle Farben ineinander über.
»Ich werde dich hier heilen«, sagte Mircea rau und nahm mein Handgelenk in eine große Hand.
Plötzlich wirkte er sonderbar, gleichzeitig wild und sehr kontrolliert, mit etwas, das in ihm brannte, Zorn oder Frust, vielleicht auch beides. Die anderen sahen es ebenfalls, denn die Vampire gaben sich auf einmal sehr unterwürfig, und Radella sah mit großen, besorgten Augen zu ihm auf. Françoise saß neben uns auf dem Boden und machte einen unsicheren Eindruck, als wüsste sie nicht, was sie sagen sollte. Ich fragte mich, warum sie alle hier waren, doch dann stellte Mircea etwas an, das Wärme durch meinen Arm fließen ließ. Der Schmerz hörte so plötzlich auf, dass ich verblüfft nach Luft schnappte.
Ich senkte den Blick und beobachtete, wie sich meine Wunde schloss und sich Dinge unter der Haut bewegten. Knochen fügen sich zusammen, dachte ich vage, und der Teil war nicht so angenehm. Aber es tat nicht weh, und plötzlich konnte ich sogar etwas klarer denken. Ich spürte, wie mein Herzschlag das Blut durch die Adern pumpte, und die Haut fühlte sich wie straff gespannt an, aber es gab weder Lethargie noch Schmerz.
Mircea biss sich auf die Lippe, als er den Linien von Sehnen und Muskeln in meiner Hand folgte und sie so mit dem Finger formte, als wäre er ein Skalpell.
Das Gefühl hätte kaum leichter und sanfter sein können – ganz vorsichtig strich er mir über die Haut. Doch ich schauderte und dachte: Wie stark und kraftvoll eine so sanfte Berührung sein kann.
Mircea schien es gar nicht zu bemerken. Seine Augen waren größer und heller als jemals zuvor, und hinter ihnen summte noch immer wie Elektrizität der Rausch des Kampfes. Er war vollkommen konzentriert und wirkte seltsam jung, und als er schließlich den Kopf hob, um mir zu sagen, dass er fertig war, packte ich ihn am Hemd und küsste ihn.
Es war keine große Anstrengung. Ich bekam den Winkel nicht ganz richtig hin, unsere Zähne Hackten aneinander, und wir schmeckten beide nach Adrenalin.
Und wenn schon. Meine Hände, die sein Hemd hielten, ballten sich wie von ganz allein zu Fäusten. Ich konnte sie nicht aus der Seide lösen, und das musste ich, um ihn zu schlagen. Und ich wollte ihn schlagen, denn plötzlich war ich zornig. Ich hatte eine Stinkwut auf Mircea. Weil er fast gestorben war, verdammt, und ich hatte nichts dagegen tun können, und er wäre fast gestorben.
Mircea widersetzte sich dem Kuss nicht. Anstatt zurückzuweichen, zog er mich noch näher, so nahe, dass ich das Pochen seines Herzens hörte und ihn atmen spürte. Er übernahm die Kontrolle über den Kuss und machte ihn langsamer, bis er nur noch warme Zärtlichkeit und unvermeidlich war. Seine Hände glitten an meinem Rücken hoch zum Haar, strichen durch die Locken und ließen mich erschauern. Ich hatte nicht gewusst, dass jemand Entschuldigungen küssen konnte, aber Mircea war ganz offensichtlich dazu imstande. Ich wusste nicht genau, wofür er sich entschuldigte, doch es fühlte sich richtig an. Zum Beispiel dass es ihm leidtat, mich so sehr erschreckt zu haben.
Er küsste gut, und er küsste nicht ganz und total. Immer wieder hörte er auf und nahm den Kuss ein wenig fort, und dann stiegen Enttäuschung und Arger in mir auf. Ich wollte schreien, doch dazu fehlte mir der Atem. Und als ich glaubte, vollkommen den Verstand zu verlieren, kam ein leises, hungriges Knurren von ihm, und er küsste mich mit neuer Leidenschaft. Plötzlich keuchte ich, und das Begehren war wie heißer Dampf zwischen uns.
Ich spürte, wie der Geis reagierte: ein leichtes Zittern dicht unter der Haut, Hinweis auf eine unmittelbar bevorstehende Explosion. Und es war mir gleich. Aus irgendeinem Grund bemerkte ich erst jetzt die Festigkeit von Mirceas Körper, die Stärke und sanfte Zärtlichkeit seiner Hände. Ich stellte mir vor, wie es sich anfühlen würde, unter seinem Gewicht zu liegen, und jähe Hitze durchwogte mich. Ich wollte es. Ich wollte es mehr als alles andere.
Und dann löste er sich von mir, sah schockiert und ein wenig wild aus, was während des Kampfes nicht der Fall gewesen war, obwohl es da mehr Sinn ergeben hätte. Ich sah ihn an, betrachtete das zerzauste Haar und das
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