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Für immer untot

Für immer untot

Titel: Für immer untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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verblasstes Foto. Die Frau darauf trug einen dunklen Hut und ein hochgeschlossenes Kleid, das ihr Gesicht besonders bleich erscheinen ließ. Sie wirkte jung, hatte ebenmäßige Gesichtszüge und helle Augen. Eine hübsche Frau, fand ich. Besser gesagt: Sie wäre hübsch gewesen, wenn sie gelächelt hätte.
    Ich drehte den Kasten, aber wenn es ein Geheimfach gab, entdeckte ich es nicht. Es war einfach nur ein Rechteck und wies nicht einmal ein Futter auf, unter dem man etwas verstecken konnte. Ich nahm das Foto und warf einen Blick auf die Rückseite. Dort stand der Name des Studios: J. Johnstone, Birmingham.
    Ich erinnerte mich an Pritkins Hinweis, dass er im viktorianischen England gelebt hatte, was ihn viel älter machte als die gut dreißig Jahre, nach denen er aussah. Aber bei all den Kämpfen, dem Weglaufen und dem Nicht-sterben-wollen war ich nie dazu gekommen, ihn nach Einzelheiten zu fragen. Und er hatte nie eine Familie erwähnt. Ich wusste nicht, ob die fotografierte Frau seine Mutter war oder eine Schwester oder gar eine Tochter. Überrascht stellte ich fest: über den Magier hätte ich ein Buch schreiben können, aber den Mann kannte ich nicht.
    Billy schwebte durch die Tür und unterbrach meine Überlegungen. »Hast du den Stein gefunden?«, fragte ich. Er zeigte mir seine leeren Hände, und ich seufzte. Die Briefe legte ich ungelesen zurück – ein kurzes Betasten teilte mir mit, dass sich der Runenstein nicht in ihnen befand. Dann stellte ich den Kasten aufs Nachtschränkchen zurück, genau auf die staubfreie Stelle, von der ich ihn genommen hatte. »Was jetzt?«
    Billy sah mich groß an. »Du weißt, was jetzt kommt. Du hast das Zimmer durchsucht, und ich habe mich unten umgesehen. Einen so wertvollen Gegenstand würde er nicht irgendwo verstecken. Woraus folgt: Er hat ihn bei sich.«
    Es war das Worst-Case-Szenario, und ich kam nicht daran vorbei. »Wie steht’s mit deinem Geschick als Taschendieb?«
    »Kommt darauf an, ob er aufpasst. Ich habe schon einmal eine Rune für dich geklaut, aber nur weil ihr beide so damit beschäftigt gewesen seid, euch anzuschreien, dass er nichts gemerkt hat. Du musst ihn ablenken.«
    Großartig. Normalerweise wäre es kein Problem gewesen, den immer gereizten Magier in einen Streit zu verwickeln, aber jetzt… »Kommt nicht infrage«, sagte ich scharf.
    »Dann solltest du besser von hier verschwinden. Auf dem Weg hierher bin ich nämlich an ihm vorbeigekommen.«
    Eine Sekunde lang starrte ich Billy an, und dann begriff ich, was seine Worte bedeuteten. Ich eilte zur Tür, und das war genau die falsche Reaktion, zumal ich hätte springen können – aber ich geriet in Panik. Der Knauf drehte sich unter meiner Hand, und plötzlich lag ich auf dem Bett. Eine harte Brust drückte mich nach unten, und ich hatte ein Messer am Hals.
    Ich blinzelte nervös und sah den Magier an, dessen Gesicht die Farben des großen Buntglasfensters zeigte. Blaues Licht lag auf seinem hellen Haar und ließ ihn für einen Moment seltsam fremdartig aussehen. »Was machen Sie hier?«, fragte er.
    Die Spitze des kalten Messers schuf eine Mulde in meiner Haut und war der Halsschlagader gefährlich nahe. Ich schluckte. »Ich versuche, mich nicht zu bewegen?«
    Pritkin wich mit finsterer Miene zurück, und das Messer verschwand wie durch Magie. »Sie hätten mich auf Ihren Besuch hinweisen sollen. Was, wenn Sie hier auf Fallen gestoßen wären?«
    Ich antwortete nicht und war viel zu sehr damit beschäftigt, herauszufinden, warum er erneut so anders aussah. Er schüttelte den alten braunen Ledermantel ab, und darunter kamen ein verblichenes grünes T-Shirt und eine Jeans zum Vorschein. Die Jeans war hellblau, abgetragen und glatt wie Seide, außerdem weit genug, um nicht die Muskeln an seinen Hüften zu zeigen. Mit anderen Worten: Sie waren das genaue Gegenteil von schwarz und hauteng. Das Haar hatte die Stachelmuster aus der Empfangshalle verloren. Er schien es gerade gewaschen zu haben – feuchte Strähnen fielen ihm in die Augen. Der Rest von ihm hätte dem Haar unter die Dusche folgen sollen. Auf den Wangen und vor allem an den Armen zeigten sich dunkle Flecken, die seine Muskeln hervorhoben.
    »Was haben Sie gemacht?«, fragte ich und setzte mich auf. »Ich habe recherchiert.«
    »In einem Kohlebergwerk?«
    »Obskure magische Texte findet man nur selten in hygienischen Computerdateien. Würden Sie mir jetzt bitte erklären, was Sie hierherführt?«
    Ich wandte den Blick von ihm ab, und es

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