Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für immer untot

Für immer untot

Titel: Für immer untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
Vom Netzwerk:
fiel mir schwer, den normalen, alltäglichen Pritkin mit dem schlecht sitzenden Mantel und der blöden Frisur von dem Mann zu trennen, der mich geküsst hatte. »Ich dachte, nach der Szene im Empfangsraum würden Sie sich über ein Wiedersehen freuen.«
    »Wovon reden Sie da?«
    Ich antwortete nicht, denn ich hatte gerade etwas bemerkt, das mir wichtig erschien. Wie immer trug Pritkin jede Menge Patronengürtel, Scheiden und Halfter. Der Bursche war ein wandelndes Arsenal und mit fast allen tragbaren Waffen ausgestattet, die der Mensch kannte. Doch eine fehlte.
    »Sie haben kein Schwert«, sagte ich, und etwas in meinem Gehirn machte Klick.
    Pritkin drehte sich um, nachdem er seinen Mantel in den Schrank gehängt hatte, und Billy machte sich sofort daran, ihn nach der Rune zu durchsuchen.
    Ich hoffte, dass er dabei diskret genug vorging. »Ich brauche keins, erinnern Sie sich?«
    Für eine Sekunde starrte ich ihn an, sprang dann vom Bett und packte ihn. Ich drehte ihn um und zog ihm dabei das T-Shirt aus der Hose.
    »Was zum…«
    »Halten Sie still«, sagte ich und bemühte mich, all die Schnallen und Riemen zu lösen – die Hälfte von ihnen schien allein dem Zweck zu dienen, mich in den Wahnsinn zu treiben. Die meisten Adrenalinschübe in letzter Zeit verdankte ich lebensbedrohenden Situationen; es war ein wenig verwirrend, die gleiche Reaktion auf etwas zu erleben, das durchaus positiv sein konnte. Mein Herz klopfte immer schneller, und plötzlich zitterten die Hände so sehr, dass ich kaum mehr etwas mit ihnen anzufangen wusste. »Ziehen Sie das T-Shirt aus«, forderte ich Pritkin auf und gab mir alle Mühe, ruhig zu sprechen.
    Er drehte sich um und sah mich fragend an, widersprach zu meinem Erstaunen aber nicht. Rasch streifte er bis zur Taille alles ab. Ich warf einen Blick auf seinen Rücken und fand das Erwartete: ein Muster aus Farben, aus goldenen, silbernen und blauschwarzen Tönen, die ihm von der Schulter über die Seite reichten.
    Mit den Fingerspitzen strich ich über die leicht erhöhten Ränder des Musters, über warme Haut und feste Muskeln, und meine Hand verharrte am Hosenbund der Jeans. Wie dumm von mir, dass ich nicht schon vorher daran gedacht hatte, zumal ich gesehen hatte, wie ihm ein Teil davon in die Haut geschnitten worden war. Pritkin brauchte tatsächlich kein Schwert mehr mit sich herumzuschleppen. Er hatte eins in Form einer magischen Tätowierung, die sich als Waffe manifestierte, wann immer er wollte.
    »Denken Sie daran, sich ein neues Tattoo zuzulegen?«, fragte er mit seltsam gepresst klingender Stimme.
    Ich gab keine Antwort. Er stützte sich mit dem einen Arm an der Wand ab, was die Muskeln darin deutlich hervortreten ließ, und sein Rücken war angespannt.
    All die eingesperrte, erbarmungslos an die Leine gelegte Kraft, die so sanft unter meinen Händen pulsierte, hatte etwas Hypnotisches.
    Ich beobachtete, wie zwei meiner Finger unter den lockeren, zerfransten Hosenbund tasteten und weiter dem Rand der tätowierten Klinge folgten. Der seidene Denim war warm von seinem Körper und gab leicht nach, und ich entdeckte ein Grübchen direkt unter dem Kreuz. Wahrscheinlich hatte ich gewusst, warum sich keine Unterwäsche bei seinen Einkäufen befunden hatte, dachte ich wie in Trance, als meine Finger das Schwert verließen und stattdessen die kleine Vertiefung erforschten.
    Pritkin wirbelte plötzlich herum und ergriff meine Hand. »Vorsichtig«, sagte er rau. »Oder haben Sie vergessen, was Ihr Geis anrichten kann?«
    Und das war ein weiteres Rätsel. Im Empfangsraum hatte es keine plötzliche Aufwallung von Energie gegeben, und jetzt ebenfalls nicht, obgleich das eigentlich der Fall sein sollte. Pritkin ließ mich los, und ich setzte mich wieder.
    Mir war zu warm, und außerdem fühlte ich mich desorientiert. Mein Blick klebte an Pritkins Brust regelrecht fest. Das Haar wuchs oben dicht und golden, reichte dünner und dunkler werdend zum Bauch und verschwand dann unter dem Hosenbund.
    Auf all den festen Muskeln sah es weich und viel zu verlockend aus.
    Ich schluckte. »Wir haben ein Problem.«
    Pritkin schnaubte. »Nur eins? Das würde ich mir wünschen.«
    Ich ließ mich nach hinten sinken, plötzlich erschöpft von all den Gedanken an die Bedeutung meiner jüngsten Erkenntnis. Pritkin hatte Saleh nicht getötet.
    Der Mann im Empfangsraum… Er war es nicht gewesen, und vermutlich war er auch kein Verräter. Ich hatte meinen stärksten Verbündeten zurück, aber auch einen

Weitere Kostenlose Bücher