Für immer untot
anderen von ganz allein auf-man musste nur ziehen.
»O Gott«, hauchte Pritkin, und aus irgendeinem Grund schien er der Panik nahe zu sein. Er starrte mich schwer atmend an, und das wilde Verlangen in seinem Gesicht rang mit etwas, das an Entsetzen grenzte. Die Pupillen waren groß, das Grün der Augen geschrumpft. Und er krallte sich mit den Fingern ans Bett, als könnte er nur auf diese Weise verhindern, vom wilden Strom der Gefühle zwischen uns wie ein Jo-Jo zu mir gerissen zu werden.
Ich merkte kaum, wie sich die Luft um uns herum zu bewegen begann, einem unsichtbaren Mittelpunkt entgegenstrebte und dabei die verstreut auf dem Boden liegenden Kleidungsstücke mitnahm. Wieder ertönte ein Schrei, und er hörte sich wie eine aus Pritkins Kehle stammende Beschwörung an. Ein rotes Glimmen, erschien in den Schatten, flackerte wie ein Nordlicht und zeigte die Umrisse eines Mannes. Ich blinzelte, und eine Gestalt trat durch das Glühen, das sich wie Nebel vor ihr teilte. Ein zweites Mal blinzelte ich, von einer Halluzination überzeugt. Ungläubig sah ich von Pritkin zu seinem Ebenbild.
»Sie muss sterben«, sagte der Mann wie beiläufig. Er bemerkte Pritkins Gesichtsausdruck und lächelte daraufhin, herzlich und gleichzeitig voller gemeiner Bosheit. »Ich verspreche dir, dass es nicht wehtut.«
»Was liegt dir an ihr?«, fragte Pritkin voller Verachtung.
»Sie hat mit Saleh gesprochen.« Der Blick des Mannes richtete sich auf mich, und ich sah kein Leben in seinen Augen, keine Wärme, nichts Menschliches, nur kalte Berechnung. Wie hatte ich diese beiden Männer jemals miteinander verwechseln können? »Sie weiß Bescheid.«
Bevor ich meine Gedanken zu einer Frage anordnen konnte, sprang Pritkin vom Bett und stürzte sich auf den Neuankömmling. Er prallte gegen seine Brust, und der Schwung warf sie beide zu Boden. Sie rollten durchs kleine Zimmer, wobei es immer wieder zu zischenden und fauchenden magischen Entladungen kam.
Ich nutzte die Gelegenheit, mich nach etwas umzusehen, das sich als Waffe verwenden ließ.
Ich hatte ein Armband, das einmal Eigentum eines dunklen Magiers gewesen war und sich immer freute, wenn es ordentlich rundging. Leider war es recht eigenwillig und hielt sich nicht immer an meine Anweisungen. Ich wagte es nicht, jetzt davon Gebrauch zu machen, denn es hielt nicht viel von Pritkin, und dadurch bestand die Gefahr, dass es den Falschen angriff.
Der Schrank enthielt genug Feuerkraft für eine kleine Armee, aber ich konnte ihn nicht erreichen, und der einzige Gegenstand auf dieser Seite des Raums war die Lampe auf dem Nachtschränkchen. Sie wirkte nicht besonders stabil, aber ich schnappte sie mir trotzdem und sah, wie ein sich langsam wölbender Mahlstrom aus blendendem Weiß Pritkin aufnahm. Es knisterte laut, und Energie zerriss die Luft, als wäre ein Blitz eingeschlagen. Der grelle Glanz blendete mich, und plötzlich war etwas auf mir.
Er – es – berührte mich und drückte mich aufs Bett, aber ich fühlte keine Wärme vom Körper und roch nichts, nicht die geringste Andeutung von Aftershave oder dem Leder des Mantels. Von Geistern war ich an so etwas gewöhnt, doch es hatte etwas Grässliches, von einer solchen Leere festgehalten zu werden. Instinktiv erweiterte ich meine Sinne und suchte nach etwas Menschlichem. Was ich sah, lebte und wand sich, war aber kein Mensch – nein, ein Mensch ganz gewiss nicht.
Ich spürte sein Verlangen wie tausend heranziehende Gewitter, eine überwältigende Gier, die mit mir verschmelzen wollte, um mich völlig auszusaugen, bis in den letzten Winkel. Eine erstickende Wolke senkte sich auf mich herab, und plötzlich fühlte ich kalte Hände, die mich überall begrabschten. Der Gestank von Fäulnis drängte sich mir auf, als mich das Wesen küsste. Die Wolke durchdrang meine Haut und breitete sich im Körper aus, während ich gezwungen war, den feuchtkalten Atem des Geschöpfs in mich aufzunehmen.
Es berührte mich überall, verschlang mich von außen und von innen. Und es hatte gelogen. Es tat weh, und damit einher ging das schreckliche Gefühl, entleert zu werden, viel schlimmer als beim Biss eines Vampirs.
Rasiermesserscharfe Zähne schienen mich überall in Stücke zu schneiden: kleine Klingen, die zwischen Knochen und Fleisch kratzten und die Luft in meinen Lungen in Glassplitter verwandelten.
Eigentlich sollte ich vor so etwas geschützt sein. Das einzige Vermächtnis meiner Mutter war die pentagrammförmige Tätowierung auf dem
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