Für immer zwischen Schatten und Licht ("Schatten und Licht"-Saga 2) (German Edition)
überrascht, dass du so sympathische Freunde hast, Lily!“
„Klar, ich suche mir sonst auch nur extra unsympathische aus“, antwortete ich genervt, aber da stimmte auch meine Mutter in die Lobeshymne ein:
„Sam hat uns erzählt, dass er die vergangenen Monate in Australien zugebracht hat!“, verkündete sie, als handelte es sich dabei um eine nobelpreiswürdige Leistung.
„Tjaaah“, machte Sam gedehnt und weidete sich an meiner verständnislosen Miene, „du weißt doch, meine Studienzeit Down Under … “
„Lieber Freund, könnte ich dich mal in meinem Zimmer sprechen?“, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ohne eine Reaktion abzuwarten, packte ich Sam am Ärmel und schleifte ihn auf den Flur. Tatsächlich zerrte ich so stark an seinem Flanellhemd, dass die Nähte krachten, aber Sam hielt sich am Türrahmen fest und streckte noch einmal den Kopf in die Küche. „Der Kuchen war absolut köstlich, Linda“, rief er meiner Mutter zu. „Sie müssen mir unbedingt das Rezept geben!“
„Ich mache dir was zum Mitnehmen zurecht!“, trällerte sie ihm hinterher, bis ich es schaffte, ihn zu meinem Zimmer zu manövrieren. Nachdem ich die Tür hinter mir zugeknallt hatte, lehnte ich mich schwer atmend dagegen.
„Kannst du mir erklären, was dieser Affenzirkus soll?“
„Deine Eltern mögen mich“, sagte Sam selbstgefällig.
„Sie leiden an einem bösen Fall von Geschmacksverirrung. Aber ich will wissen, was du hier überhaupt zu suchen hast!“
Jetzt erst schien Sam realisiert zu haben, dass er sich in meinem Schlafzimmer befand. Anstatt zu antworten, schaute er sich mit demselben vorsichtigen Interesse um wie ein prüder Museumsbesucher in einer Akt-Ausstellung. Meinen Büchern, die Rasmus bei seinem ersten Besuch am meisten beeindruckt hatten, schenkte er kaum Beachtung, dafür aber meiner Kommode umso mehr. Neugierig griff er nach einer Packung Abschminkpads, missverstand offenbar, um welche Art von „Frauenprodukt“ es sich dabei handelte, und ließ sie erschrocken wieder fallen. Danach nahm er behutsam neben meinem zerrauften Teddy auf der Bettkante Platz.
„Du warst wohl noch nie im Zimmer eines Mädchens?“, fragte ich und spürte einen Anflug von Überlegenheit.
„Doch, schon … aber da war es immer finster, und die Bettfedern haben gequietscht …“
Das machte meine Überlegenheit mit einem Schlag zunichte. „So etwas wird hier ganz bestimmt nicht passieren!“, unterbrach ich ihn errötend.
Sam setzte sich gerade hin und sah mich aufmerksam an. „Oh, hat Raziel da etwa ein“, er vollführte eine schnelle Geste, „Problemchen?“
Falls das überhaupt möglich war, wurde mein Gesicht noch heißer. „Das ist es nicht, was ich gemeint habe! Ich bin mir absolut sicher, dass Rasmus sehr wohl in der Lage wäre … also, wenn er wollte, dann könnte er sicherlich …“
„Ach, hier drückt der Schuh, hm?“, fragte Sam mitfühlend. „Nun, das ist auch irgendwie naheliegend – ehrlich gesagt sind viele Engel nicht unbedingt die maskulinsten Männer. Trotzdem solltest du dich nicht damit zufriedengeben, Raziels Zierfisch zu sein, wenn er dir eigentlich lieber vom anderen Ufer aus zuwinken würde.“
Als hätte mir diese Konversation alle Kraft geraubt, ließ ich mich neben ihn auf mein Bett plumpsen. „Rasmus ist auch nicht schwul, okay?“ In Wirklichkeit hatte sich dafür noch nicht die richtige Gelegenheit ergeben. Einmal hatte ich schon fast geglaubt, dass es so weit wäre, aber dann hatte meine Mutter angerufen und mich daran erinnert, pünktlich zum Abendessen zu Hause zu sein. Zwischen Rasmus‘ Nachhilfestunden und meiner Ausgangssperre blieb einfach nicht so viel Zeit, wie ich mir wünschte. Natürlich hätte ich mir ein Alibi für eine ganze Nacht überlegen können, aber weil ich meine Eltern ohnehin wegen so vieler Dinge belügen musste, hatte ich mir vorgenommen, nur noch in Notfällen auf Schwindeleien zurückzugreifen. Und dann war da noch die nicht ganz unwesentliche Tatsache, dass ich bisher so gut wie keine Erfahrungen mit Jungs gesammelt hatte und mich deshalb noch ziemlich unsicher fühlte … Aber das ging Sam ja nun wirklich nichts an.
„So, nachdem wir das geklärt hätten“, versuchte ich krampfhaft, das Thema zu wechseln, „würdest du mir bitte verraten, was du von mir willst?“
Unglücklicherweise schien Sam sich in diesem Themenbereich absolut wohl zu fühlen. „Weißt du, Lily, als ich vorhin mit Henrietta im Keller
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