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Fuer immer zwischen Schatten und Licht

Fuer immer zwischen Schatten und Licht

Titel: Fuer immer zwischen Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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letzten Knoten auf meinem Handrücken gebunden hatte. „Der Schacht ist doch ein Stück breiter, als ich dachte. Um die Seile zu erreichen, wirst du springen müssen“, er hob seine Stimme, als ich nach Atem rang, „aber das schaffst du locker. Am besten, du nimmst ein paar Schritte Anlauf. Sobald du die Seile erwischt hast, musst du auch deine Beine herumschlingen. Nur in den Armen hast du vermutlich nicht genug Kraft. Seid ihr im Sportunterricht schon mal an Tauen geklettert?“
    „Ja, aber da bin ich keine zwei Meter hochgekommen!“
    „Dann trifft es sich doch gut, dass du jetzt nicht nach oben klettern musst, sondern nur nach unten.“ Rasmus lächelte nicht, aber ich merkte, dass er so viel Zuversicht in seine Stimme legte wie nur irgend möglich. „Wenn du willst, gehe ich zuerst. Dann fange ich dich einfach auf, falls du abrutschst.“
    Bei seinem allzu durchschaubaren Versuch, sich ebenso stark und unantastbar zu geben wie früher, spürte ich ein schmerzhaftes Ziehen in meinem Inneren. Ich sah ihn an, meine Frage unausgesprochen, aber der Ausdruck in meinem Gesicht genügte. Rasmus senkte den Kopf. „Das Adrenalin hilft mehr, als du vielleicht glaubst“, sagte er leise.
    Um mir keine Chance auf Widerspruch zu geben, wandte er sich ohne ein weiteres Wort dem Schacht zu. Sorgfältig befestigte er die Taschenlampe an seinem Gürtel. Seine Muskeln spannten sich an, während er in leicht geduckter Haltung den Abstand zwischen der Tür und den Seilen prüfte. Dann machte er einen Satz schräg nach vorne.
    Es ging so schnell, dass ich seinen katzenartigen Sprung kaum wahrnahm. Der Schacht schien ihn zu verschlingen, und ich hörte nur ein grauenvolles Schleifen, als er an den Seilen entlang nach unten rutschte. Mit einem heiseren Schrei stürzte ich auf die Öffnung zu, aber anstatt den Strahl der Taschenlampe wie einen Kometen in den Abgrund fallen zu sehen, schaukelte der Lichtkreis nur noch leicht hin und her: Rasmus musste sicheren Halt gefunden haben.
    Ich presste beide Hände gegen meine Brust, wo mein Herz verrücktspielte. Mein Kopf fühlte sich merkwürdig leicht an, sodass ich befürchtete, gleich ohnmächtig zu werden. Zur Sicherheit trat ich einen Schritt vom Schacht weg und atmete ganz langsam aus. Dann erst schaffte ich es, zu rufen:
    „Ist alles in Ordnung mit dir?“
    „Ja, alles gut“, tönte es zu mir nach oben. Rasmus‘ Stimme klang blechern und viel weiter weg, als er eigentlich war. Ein kalter Schweißtropfen rollte meine Wirbelsäule hinab.
    „Ich glaube, ich kann das nicht“, japste ich. „Das ist Irrsinn, ich bringe so etwas einfach nicht fertig!“ Natürlich wusste ich, dass mein Protest sinnlos war: Für Rasmus gab es jetzt keinen Weg mehr zurück. Um die Seile wieder hochzuklettern und zurückzuspringen, hätte er so stark sein müssen wie früher – oder wie Serafina.
    „Wenn man es selbst macht, kommt es einem gar nicht so schlimm vor“, beteuerte Rasmus aus der Dunkelheit. „Es ist nur … ein bisschen anstrengend, also wäre es ganz gut, wenn wir es schnell hinter uns bringen würden.“
    Das gab für mich den Ausschlag. Wie selbstsüchtig musste ich sein, um ihn nur eine Sekunde länger als nötig in diesem finsteren Tunnel auf mich warten zu lassen? Mit zusammengebissenen Zähnen überprüfte ich noch einmal die Bandagen um meine Hände, dann setzte ich einen Fuß zurück, um Anlauf zu nehmen. In Gedanken sagte ich einen Countdown auf und war gerade bei zwei angelangt, als mich der Rufton meines Handys unterbrach. Meine Eltern, die sich fragten, wo ich so lange blieb …? Ungeschickt grub ich es aus meiner Hosentasche, und meine Eingeweide schienen ein paar Zentimeter tiefer zu sacken, als ich den Namen auf dem Display sah: Jinxy hatte mir eine SMS geschickt.
    Die dicken Stoffstreifen um meine Hände machten es mir schwer, die richtige Taste zu treffen. Zweimal landete mein Finger daneben, ehe es mir gelang, das Telefon zu entriegeln und auf Öffnen zu drücken.
    Nichts zum Anzeigen leuchtete mir entgegen. Ich fragte mich, warum Jinxy mir so etwas schrieb – erst danach begriff mein vernebeltes Gehirn, dass es sich um eine automatische Meldung handelte. Jinxy musste die SMS versehentlich und ohne Inhalt abgeschickt haben.
    „Was ist los?“, wollte Rasmus wissen. Trotz des Halls war seine Nervosität deutlich zu hören.
    Ich beeilte mich, mein Handy einzustecken, und holte dann tief Luft. „Falscher Alarm. Jetzt halte dich bitte so fest, wie du nur

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