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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Kuh! Sie würde doch wohl gemerkt haben, dass sie dreiunddreißig Schlaftabletten aufgesaugt hatte! Plop-plop-plop … Aber was sollte ich tun? Ihr den Staubsauger entreißen und den Staubsaugerbeutel aufschlitzen?
    Das Zimmermädchen sah mich kopfschüttelnd an und schob sich mit dem Wägelchen und dem Staubsauger an mir vorbei.
    Ich blieb mit hängenden Armen im Zimmer stehen.
    Ich hatte verloren. Meine Fahrkarte ins Jenseits war in einem Staubsaugerrohr verschwunden.
    Und überall in Deutschland waren die Briefträger unterwegs.

Liebe Tine, lieber Frank,
    nur ganz kurz und in aller Deutlichkeit: Mein Testament ist in keiner Weise anfechtbar. Ich wünsche, dass Chisola die Perlenkette, das Notebook und den iPod bekommt, und zwar ohne Diskussionen und ohne dem Kind deswegen ein schlechtes Gewissen zu machen. Von mir aus kauft Arsenius und Habakuk auch je eine Perlenkette, ein Notebook und einen iPod von eurem eigenen Geld, aber denkt mal darüber nach, warum ihr die Jungs eurem Mädchen vorzieht und wohin permanente Benachteiligung den Geschwistern gegenüber führen kann (sic!).
    Und noch etwas: Es mag ja Kühe geben, die ähnliche Essgewohnheiten haben wie ihr, aber unter Menschen ist es allgemein unüblich, etwas bereits Gegessenes noch einmal zu essen. Und wenn ihr euch fragt, warum bei euch nie jemand vom Salat nimmt, dann könnt ihr das auf Tines Bemerkung vergangenen Sommer zurückführen. Ich zitiere: »Ja, diese Schüssel ist wirklich ihr Geld wert. Wir nehmen sie einfach für alles, als Salatschüssel, als Puddingschüssel, als Fußbad und als Kotzschüssel, wenn wieder mal Magen-Darm-Grippe umgeht.« Na, noch Fragen?
    Ich hätte wohl noch einiges zum Thema »Gute Sitten und Manieren« zu schreiben, aber ich muss noch fünf andere Abschiedsbriefe schreiben, ein Hotelzimmer buchen und den Kühlschrank abtauen.
    Liebe Grüße
    Eure sehr beschäftigte Gerri

Z ehn
    Natürlich konnte ich auch ohne Schlaftabletten in einen Zug nach Irgendwo steigen. Ja, genau genommen war das die einzige Alternative. Denn so viel stand fest: Nach Hause konnte ich jetzt nicht mehr. Ich konnte überhaupt nirgendwo mehr hin, wenn alle meine Briefe gelesen hatten.
    Und was hatte ich nicht alles geschrieben!
    Zum Beispiel an Tante Evelyn! Wenn sie herauskriegte, dass ich gar nicht tot war, dann würde sie mich eigenhändig erwürgen. Wahrscheinlich waren weder Volker noch Onkel Korbmacher darüber erfreut, dass Volker nicht Onkel Korbmachers Sohn war. Und Tante Evelyn natürlich schon gar nicht.
    Oder an diesen Adrian von Aurora. Ich wusste es nicht mehr ganz genau, aber ich war ziemlich sicher, dass ich ihm meine Brüste beschrieben hatte. Oh mein Gott!
    Was hatte ich getan? Und was sollte ich jetzt tun? Ich brauchte ein gutes Versteck. Aber wo konnte ich hin? Mir fiel nur ein einziger Mensch ein, bei dem ich jetzt überhaupt noch aufkreuzen konnte.
    ***
    »Gerri-Mausilein«, rief Charly aus. »Das ist aber eine schöne Überraschung. Ulrich, stell noch einen Teller auf den Tisch. Gerri ist zum Frühstück gekommen.«
    »War die Post noch nicht da?«, fragte ich.
    »Doch, gerade gekommen«, sagte Charly zurück. »Ich habe ein Paket von Babyland bekommen. Lauter süße kleine Anziehsachen. Und Nippelöl. Wollte ich gerade auspacken und ausprobieren. Warum hast du eine Reisetasche dabei?«, fragte Charly.
    »Weil – tja, ich kann nicht mehr zurück in meine Wohnung«, sagte ich. »Meine Tante würde mich dort mit einem Kruzifix erschlagen.«
    »Was hat die Alte denn wieder? Hast du vergessen, das Treppengeländer zu polieren?«
    Ulrich – nur mit Boxershorts bekleidet – schlug mir auf die Schulter. »Guten Morgen, altes Haus. Kaffee?«
    »Ja, bitte«, sagte ich und ließ mich in einen der Korbstühle fallen, die um den alten Küchentisch herumstanden. Auf dem Tisch stand ein dickes himmelblau-rosa gestreiftes Paket, und darauf lagen zwei Briefe, und einer davon war von mir.
    »Gut, Charly trinkt nämlich neuerdings Fencheltee«, sagte Ulrich.
    »Das würdest du auch, wenn dir so übel wäre wie mir«, sagte Charly und setzte sich neben mich. »Das mit der Morgenübelkeit ist übrigens voll gelogen. Mir ist den ganzen Tag schlecht.«
    »Mir auch«, sagte ich und starrte auf meinen Brief. Ich konnte ihn mir schnappen und aufessen. Das hatte ich in der Schule auch mal gemacht, mit einem Zettel, den Charly mir zugesteckt hatte.
    »Her mit dem Zettel, Fräuleinchen«, hatte Rothe gebrüllt. »Na, wird’s bald! Ich zähle bis drei.

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