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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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düster.
     
    Natürlich, das war sie. Schlank, dunkelblond, stolz. Sie trug enge Jeans und eine abgewetzte Wildlederjacke. Die Augen konnte
     er nicht sehen, sie waren unter der Mütze verborgen. Etwas Wesentliches an ihr hatte Viktor Godunow präzise erfaßt: Leichtigkeit,
     sanfte Entschlossenheit. Sie lief nicht, sie flog. Rasch und energisch. Die Hände steckten in den Hosentaschen, über ihrer
     Schulter hing eine Tasche. Neben ihr lief ein kahlgeschorener Muskelprotz.
    »Ich halte mich hier höchstens eine Dreiviertelstunde auf. Sei so gut und hol das Auto her«, hörte Hauptmann Leontjew sie
     sagen, als sie das Haus erreichten.
    Ihre Stimme klang unverhohlen gereizt.
    Sie ging ins Haus. Nach einer Weile folgte ihr der Muskelprotz.
    Leontjew beschloß, vorerst abzuwarten. Er wollte einen Blick auf das Nummernschild des Autos werfen, das Veronika Sergejewna
     abholen würde, und vor allem brannte er darauf, sich den Muskelprotz noch einmal anzuschauen, denn sein Gesicht kam ihm merkwürdig
     bekannt vor. Er hatte ein professionelles Personengedächtnis.
    Leontjew setzte sich auf eine Bank, zündete sich eine Zigarette an, holte eine Zeitschrift aus der Tasche, schlug sie auf
     und sah, daß er sich nicht getäuscht hatte. In der Zeitschrift lagen die Fotos, die ihm Mascha Rakitina gestern gegeben hatte.
     Der Typ war einer der drei Banditen im Jeep, die dem Mädchen von der Schule bis nach Hause gefolgt waren.

Sechsundzwanzigstes Kapitel
    Der Wagen blieb im Stau stecken.
    Ich kann diese beiden Kerle nicht mehr ertragen, dachte Nika. Ich muß mir was einfallen lassen, sonst dreh ich nochdurch. Dabei brauche ich jetzt einen klaren, kühlen Kopf. Ich muß überlegen können.
    Nika löste vorsichtig die zum Glück nur mechanische Türverriegelung. Sie wartete ab, bis die Kolonne vor ihnen langsam losrollte,
     öffnete die Tür, sprang hinaus und rannte zwischen den Autos hindurch zum Dolgoruki-Denkmal.
    Stassik hupte wie verrückt, konnte aber nicht hinterherrennen. Kostik mußte erst den Sicherheitsgurt lösen. Der Stau löste
     sich rasch auf, hinter ihnen wurde gehupt – der graue Mercedes, aus dem erst ein verrücktes Mädchen mit Schirmmütze rausgesprungen
     war, dann ein kahlrasierter Muskelprotz, hielt den Verkehr auf.
    Nika rannte, ohne sich umzusehen, über die Kusnezki-Brücke, bis zum Kaufhaus ZUM, dort setzte sie sich auf den steinernen
     Sims. Wenn sie ihnen entkommen wollte, durfte sie eigentlich nicht sitzenbleiben, aber ihr Herz schlug so heftig, daß sie
     unbedingt verschnaufen mußte.
    Um sie herum wuselte eine geschäftige Menschenmenge, und sie ertappte sich dabei, daß sie ständig bestrebt war, ihr Gesicht
     zu verstecken, und sich dauernd nach allen Seiten umsah. Jeden Moment rechnete sie mit der besonderen scheußlichen Kälte in
     der Magengrube, die sie in der Metro empfunden hatte.
    Gleich ist Kostik wieder da, und dann geht alles von vorn los, dachte sie. Ein widerliches Gefühl, wenn man verfolgt wird.
     Und doppelt widerlich, wenn man weiß, daß das auf Anweisung des eigenen Ehemannes geschieht.
    Sie öffnete ihre Tasche, um die Zigaretten herauszunehmen, und entdeckte das Handy. Sie schaltete es ein – es klingelte augenblicklich.
    »He, Teilnehmer, warum bist du nie erreichbar?« fragte Sinas verschlafene Stimme. »Läßt mich hier allein, treibst dich sonstwo
     rum und schaltest auch noch das Telefon ab.«
    »Hallo, wie geht’s?«
    »Alles in Ordnung. Ich ruh mich aus, seh mir ein Video an. Wo bist du denn?«
    »Auf dem Weg nach Hause. Hat jemand angerufen?«
    »Hmhm. Dein Mann«, sagte Sina betont gleichgültig und gähnte.
    »Interessant. Und?«
    »Er hat gesagt, ich soll verschwinden. Was machst du in meiner Wohnung, Sina Resnikowa? Ich hab dich nicht eingeladen. Wieso
     zum Teufel bist du Aas nach Sinedolsk gekommen und hast meine Frau geholt? Was hast du ihr über mich erzählt, du Miststück?
     Antworte, sonst geht’s dir schlecht.«
    »Moment mal, hat er wirklich so mit dir geredet?«
    »Ich zitiere wörtlich. Weißt du, ich war selber ganz erstaunt. Er ist immerhin Gouverneur, ein seriöser Mann, und dann so
     ein Ton!«
    »Und was hast du ihm geantwortet?«
    »Daß er ein Flegel ist. Daß er schon immer ein Flegel war und einer geblieben ist. Jedenfalls, wir haben uns richtig gekracht,
     wie früher.«
    »Wann hat er denn angerufen?«
    »Vor einer Viertelstunde. Übrigens, er hat gesagt, wenn ich in einer Stunde nicht spurlos verschwunden bin, und zwar nicht
     nur

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