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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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derKommission für die Zusammenarbeit mit alternativen Kultur- und Gesundheitsvereinigungen, dem stellvertretenden Bildungsminister
     Russow.
    »Die Gruppe ›Gesunde Familie‹, geleitet von Dr. med. S. A. Astachowa, steht in keinerlei Verbindung zu einer der in der GUS
     registrierten informellen religiösen Vereinigungen. Ziel der Gruppe ist eine gesunde Lebensweise – Förderung der Körperkultur,
     Verzicht auf schädliche Gewohnheiten, körperliche Abhärtung und Stärkung der Immunkräfte. Zum Unterrichtsprogramm gehören
     gesundheitsfördernde Gymnastik sowie ein Kurs über vernünftige Ernährung. Die Gruppe ist offiziell registriert, die Lehrkräfte
     verfügen über medizinische Hochschuldiplome und Zulassungen vom Gesundheitsministerium.«
    »Dort war ein Mann«, sagte Jegorow langsam, »ein Mann namens Shanli. Koreaner oder Turkmene. Er hat sie hypnotisiert. Sie
     haben eine Tätowierung auf der Brust, ein fünfzackiger Stern in einem Kreis. Die Kinder haben gehungert, wurden immer dünner
     und wiederholten dauernd irgendeinen Schwachsinn, eine Art Gebet an diesen Shanli, den sie Guru nannten und anbeteten wie
     einen Gott. Außerdem war da noch eine Frau, Shanlis Leibwächterin. Riesengroß und kahl geschoren. Womöglich ist das ja Soja
     Astachowa, aber sie sieht ganz und gar nicht aus wie eine promovierte Medizinerin. Zweimal hat diese Frau mich zusammengeschlagen
     wie ein professioneller Karatekämpfer.«
    »Großartig« – Galina Borissowna schürzte vielsagend die mohrrübenroten Lippen –, »Doktor Astachowa hat Sie also auch noch
     zusammengeschlagen.«
    »Aber warum sind Sie danach nicht zur Miliz gegangen?«
    Jegorow antwortete nicht. Er wollte nur eines: so schnell wie möglich Fedja sehen. Was hier vorging, kam ihm vorwie ein Fiebertraum, wie eine Ausgeburt seiner kranken Phantasie.
    Die Sitzung der Kommission dauerte noch eine weitere Stunde. Galina Borissowna beharrte auf ihrer Forderung, Jegorow das Sorgerecht
     zu entziehen.
    Die andere Dame vom Jugendamt dachte daran, daß das Büfett in ihrer Verwaltung heute mehrere Kisten französische Hühner bekommen
     hatte und sie nun hier saß und es nicht mehr rechtzeitig vor Verkaufsschluß schaffen würde. Im Laden kosteten solche Hühner
     das Doppelte.
    Die drei Ärzte dachten ebenfalls an ihre eigenen Angelegenheiten und blickten immer wieder verstohlen zur Uhr.
    »Wir haben schließlich Gesetze«, tönte Galina Borissowna, »Verletzung der Fürsorgepflicht für Minderjährige, Paragraph hundertsechsundfünfzig
     …«
    »Nun hören Sie aber auf!« Dem Psychiater riß der Geduldsfaden. «Wenn hier einem das Sorgerecht entzogen werden müßte, dann
     doch eher der Mutter, Oxana Jegorowa.«
    Die Kinderärztin, eine ältere Frau mit von chronischem Schlafmangel geröteten Augen, gab sich einen Ruck und sagte: »Kollegen,
     kommen wir zum Schluß. Das Kind wird behindert sein, da ist es wohl beim Vater am besten aufgehoben. Wer will denn so ein
     Kind schon haben!?« Sie hob die Stimme. »Sie? Ich? Ich hab selber zwei. Oder der Staat vielleicht? Ich persönlich sehe keinen
     Grund, Jegorow das Sorgerecht zu entziehen. Stimmen wir ab. Es ist schon spät.«
    Alle außer Galina Borissowna stimmten dafür, Fedja beim Vater zu lassen. Jegorow bat um eine Kopie sämtlicher Papiere, die
     Galina Borissowna so fleißig zusammengetragen hatte.
     
    Jegorow nahm Urlaub und verbrachte fast einen ganzen Monat bei Fedja im Krankenhaus. Offiziell waren Besuche auf der Intensivstation
     verboten. Die Eltern durften nur als Pfleger oder Putzfrauen hinein. Wenn du bei deinem Kind sein willst, dann sei so gut
     und wisch den Fußboden, trag Schieber raus, und kümmere dich um die Kinder, die nicht von ihren Eltern besucht werden. Und
     denk an kleine Geschenke fürs Personal, von dem schließlich abhängt, ob du morgen wieder zu deinem Kind darfst oder zu hören
     bekommst: »Das ist verboten.«
    Spätabends auf dem Heimweg verschlief er in der Metro oft seine Station. Aber das war ganz gut. Die Müdigkeit betäubte die
     Angst. Nach einer Woche konnten die Ärzte ihm noch immer nicht garantieren, daß Fedja durchkommen würde. Ob er physisch und
     psychisch je wieder gesund sein würde, stand gar nicht zur Debatte.
    Unablässig quälte Jegorow der Gedanke, daß er etwas unternehmen mußte, um Oxana und Slawik zu finden. Auf offizielle Unterstützung
     brauchte er nicht zu hoffen. Aber er konnte sich nicht in Stücke reißen. Morgens eilte er gleich nach

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