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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Mann, kurz
     am Fenster. Die drei Männer, mit Maschinenpistolen bewaffnet, liefen auf die Villa am Waldrand zu. Sie duckten sich nicht
     einmal, sie schritten sicher aus und freuten sich schon auf das zu Tode erschrockene Gesicht ihres Schuldners und die verzweifelten
     Schreie des Mädchens.
    Eine schnelle Salve mähte alle drei vor der Treppe nieder, im großen Lichtkegel der Hausbeleuchtung. Die Schüsse kamen von
     hinten, aus einem Fenster der Nachbarvilla.
    Der Geschäftsmann zählte sein Geld stets gewissenhaft und wußte genau, daß er den drei Männern im Jeep nichts schuldete. Keinen
     Cent. Aber er hatte die Hoffnung aufgegeben, ihnen das im guten klarzumachen. Es gab nur eine Alternative: Entweder er zahlte,
     und zwar eine beträchtliche Summe, oder er räumte die drei begriffsstutzigen Kameraden aus dem Weg. Er hatte sich für letzteres
     entschieden und die drei Profis geschickt in eine primitive Falle gelockt.
    Nach dem trockenen Knattern der MPi-Salve wurde es wieder still. Die drei Männer lagen vor der Treppe. Kurze Zeit später würde
     man den Jeep mit den drei Leichen finden, natürlich ganz woanders.
    Das Klingeln eines Handys in der Tasche des einen Toten zerriß die Stille. Es war der Vermittler. Der Mann, derin Wychino seine kühne Vermutung überprüfen sollte, hatte sich soeben gemeldet: Die Zielperson war tatsächlich dort. Der Vermittler
     wollte ihnen sagen, daß sie, wenn sie umgehend nach Wychino fuhren und ihren Auftrag endlich zu Ende brachten, umgehend ihr
     Geld bekommen sollten. Und zwar insgesamt, den bereits gezahlten Vorschuß mitgerechnet, nicht dreißigtausend, sondern fünfunddreißigtausend
     Dollar.
     
    Erst am vierten Tag nach Sinas Abreise entschloß Nikita sich zum Aufräumen und Putzen. In der Spüle türmte sich Sinas gesamtes
     Geschirr, es gab kein einziges sauberes Glas mehr. Über den Fußboden rannten am hellichten Tag munter Kakerlaken in allen
     Farben und Größen, von winzigen kohlrabenschwarzen bis zu riesigen rotbraunen mit Fühlern so dick wie Kupferdraht. Insektengift
     konnte Nikita nicht finden. Ebensowenig wie einen Besen und einen vernünftigen Putzlappen. Der einzige Plasteeimer hatte einen
     Riß. Und die Lebensmittel waren auch alle.
    Nikita zog sich die Mütze tief in die Stirn und ging einkaufen. Auf der Straße im ungemütlichen Plattenbaubezirk verspürte
     er ein eiskaltes Stechen im Bauch. Ein Passant, ein großer, weißblonder Bursche, sah ihn allzu aufmerksam an.
    Stop, sagte sich Nikita, entspann dich. Wenn sie dich aufgestöbert hätten, würde dich jetzt keiner auf der Straße anstarren,
     sie würden einfach in die Wohnung kommen und dich umbringen, ohne vorherige Aufklärungsspielchen.
    Er sah dem Burschen seelenruhig in die Augen, und der wandte den Blick ab. Sie gingen aufeinander zu. Von weitem hatte der
     Bursche Ähnlichkeit mit Nikita: Größe, Körperbau, Haarfarbe und sogar Gesichtstyp. Seine Augen allerdings schienen irre, aber
     Nikita vermutete, daß auchsein eigener Blick im Augenblick nicht gerade normal wirkte. Wahrscheinlich schaute ihn der Kerl deshalb so erschrocken an.
     Oder weil sie sich so ähnlich sahen.
    Als sie auf einer Höhe waren, blieb Nikita stehen, stellte fest, daß die Ähnlichkeit nur Schein war – in Wirklichkeit hatten
     sie nichts gemeinsam bis auf Größe und Haarfarbe – , und fragte:« Entschuldigung, können Sie mir sagen, wo hier ein Haushaltwarenladen
     ist?«
    Der andere erstarrte, blickte sich nervös nach allen Seiten um und wühlte in den Taschen seiner Jeansjacke. Die Straße war
     leer. Der Wind fegte ungehindert hindurch, riß Nikita die Mütze vom Kopf und trieb sie auf die Fahrbahn. Nikita rannte hinterher,
     der Bursche zuckte eigenartig mit dem Arm. In diesem Augenblick ertönten Kinderstimmen, und eine Schar Schulkinder bog um
     die Ecke. Eine fünfte oder sechste Klasse auf dem Rückweg vom Schwimmen oder von einem Ausflug. Die Kinder krakeelten, liefen
     ständig aus der Reihe, und zwei Lehrerinnen schrien sie lustlos an, um Ordnung und Disziplin wiederherzustellen. Ein dunkelhaariges
     kleines Mädchen in ausgestellten Hosen fing die Mütze auf, schwenkte sie über ihrem Kopf und rief: »He, wer hat die verloren?«
    »Ich!« meldete sich Nikita.
    »Du solltest dir Bändchen drannähen!« Das Mädchen kicherte, ein paar andere Kinder lachten mit.
    »Danke.« Er zog den zerknitterten Mützenschirm bis zu den Augenbrauen herunter und wandte sich an eine der beiden

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