Fuer Wunder ist es nie zu spaet
dir? Und ich will es jetzt wissen.«
Pelle sieht aus dem Fenster. Er reibt sich mit der großen Hand über
das Gesicht und massiert seinen Nasenrücken.
»Du bedeutest . . .«
Er hält inne. Du bedeutest mir alles, will er sagen. Du bist meine
Sonne, mein Meer, mein Frühstück, mein Abendessen, mein Herz, meine Lunge,
meine Augen, meine geheimnisvolle Katze, meine warme Decke, mein frisches Trinkwasser.
Du bist keine Statistin. Du bist ein ganz eigenes Stück, das in einem ganz
eigenen Theater gespielt wird. Du bist ein spannender Akt, von dem ich mich
nicht losreißen kann, auch nicht, wenn er erschöpfend und anstrengend sein mag,
weil er so intelligent und gut geschrieben ist. Und schön. Schön auf eine
wehmütige und aufmüpfige Weise, nicht einschmeichelnd süß, niemals kitschig.
Nicht einmal, wenn du auf offener Bühne mit anderen schläfst, höre ich auf,
dich zu lieben.
»Ich weiß nicht, was du mir bedeutest, Maja. Ich spüre es nicht mehr.«
Dann schließt er die Augen und reibt sich wieder den Nasenrücken.
»Liebst du mich?«
Maja fixiert Pelle mit ihrem Blick. Sie will sehen, wie er es sagt.
Sie will wissen, was Sache ist. Sie will wissen, ob sie ihn jetzt loslassen und
auf diese Insel hinausfahren oder ob sie zu Hause bleiben soll. Wenn er sagt,
dass er sie liebt, dann bleibt sie. Dann wird sie kämpfen.
»Ich . . . ich glaube nicht.«
Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich. Aber du betrügst
mich mit einem jungen Mann. Nachts schleichst du zu ihm und kommst mit einem
frisch geduschten Körper zurück. Du willst meinen Körper nicht mehr, und das
verstehe ich sogar. Du hast den honigsüßen Geschmack von etwas frisch
Aufgeblühtem entdeckt, warum solltest du dann altes Roggenbrot essen wollen?
»Dann weiß ich Bescheid.«
Maja erhebt sich von der Chaiselongue und geht mit entschlossenen
Schritten über die knarrenden Bodendielen. Die Tränen brennen ihr unter den
Augenlidern, und die Unterlippe zittert heftig.
»Tschüs.«
Sie dreht sich nicht um, denn sie will Pelle die Tränen nicht
zeigen, die ihr aus den Augen schießen. Pelle lässt sich die Zeitung schwer
aufs Gesicht fallen. Nun ist sie gegangen.
»Hast du geweint?«
Alex betrachtet Majas rot geschwollene Augen.
»Ja, ein wenig.«
»Komm her, mein Mädchen.«
Alex breitet die Arme aus, und Maja kriecht hinein, so wie sie es so
viele Male bei Pelle getan hat. Bei Pelle mit seiner breiten, behaarten Brust
und den ewigen Leinenhemden, dem Geruch nach Zigarillos und Metall. Alex duftet
nach Rasierwasser, obwohl er keinen Bart hat. Und die Kapuzenjacke, die er
anhat, ist weich zu ihrer Haut. Sie lässt sich umarmen, und Alex sagt nichts,
sondern hält sie einfach nur.
»So, jetzt bin ich so weit.«
Maja versucht zu lachen und wirft ihr Täschchen mit dem Handtuch und
ein paar Broten in den kleinen Kahn.
»Ich auch!«
Alex zeigt stolz auf seine Reisetasche, die schon im Boot wartet.
»Hey, was hast du denn alles eingepackt?«
Maja sieht erstaunt auf die große Tasche.
»Na ja, ich dachte, wir bleiben vielleicht über Nacht!«
Maja weiß nicht so recht, was sie darauf antworten soll. Im Grunde
weiß sie überhaupt nicht, was sie machen soll, und deshalb schiebt sie das Boot
vom Ufer. Das ist schon mal ein Anfang.
»Nein, nein, setz du dich ins Boot, ich schiebe. Me Tarzan, you Jane,
weißt du.«
Alex packt Maja um die Taille und hebt sie ins Boot.
Der See ist ziemlich unruhig. Nachdem er monatelang still dagelegen
hat, scheint das Wasser ganz eifrig darauf aus zu sein, sich endlich wieder
bewegen zu dürfen. Alex stößt das Boot problemlos vom Ufer ab, schwingt sich
über die Reling und nimmt im Vorschiff Platz. Schweigend sitzen sie
nebeneinander. Maja ist ernst, Alex hat ein Lachen in der Kehle.
»Jetzt, Maja, jetzt fahren wir.«
Maja lächelt ihm müde zu und startet den Außenborder.
Mit dem Rücken zum Schloss tuckern sie durch die Wellen.
Pelle sieht sie aus dem Fenster der Bibliothek. Sieht, wie
sie sich am Ufer lange umarmen, dann ins Boot klettern und in der Ferne
verschwinden. Er sieht alles, die Hand aufs Herz gepresst. Meine Güte, wie es
da drinnen rattert. Aber es ist besser, jetzt einen Schnitt zu machen. Das
letzte bisschen Stolz, das ihm noch bleibt, will er sich bewahren.
Er sieht seine Frau und Alexander über den See entschwinden. Dann
schwankt er durch den Speisesaal, das Atelier und die Küche in das kleine
Arbeitszimmer auf der anderen Seite des windumtosten Schlosses. Dort
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