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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Hamberg
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und atmet tief durch. Zwei Stunden. Soll er einen
Film anschauen oder joggen gehen? Nein, er muss laufen.
    Alex zerrt seine Sportsachen aus der Tasche.
     
    Karin gießt sich etwas Weißwein in das mundgeblasene
Zahnputzglas. Dann sitzt sie an dem sauber gescheuerten Schreibtisch mit dem
wohlriechenden Rosenstrauß, durch das Fenster weht eine sanfte Brise, und unter
den Füßen spürt sie breite Holzdielen. Es ist schön, unglaublich schön.
Handgemalte Tapeten aus der Mitte des 18. Jahrhunderts mit ockergelben Eichenblättern,
die sanft durch die Luft schaukeln. Ein paar wuchtige Porträts in schwülstigen
Goldrahmen. Vorsichtig linst Karin hinter eines der Bilder und stellt fest,
dass die Tapete dahinter aufhört. Sie lacht leise in sich hinein. Selbst reiche
Leute sparen an irgendwelchen Stellen, teure Tapeten hinter den riesigen Gemälden
bringen ja nichts.
    Sogar der Kachelofen ist mit Eichenblättern dekoriert, diese hier
sind grün. Sie nippt am Wein. Er fühlt sich wie Balsam an, sanfter Balsam, der
die Kehle hinunterrinnt und im Magen landet. Ihre Bluse hat sie auf das
protzige breite und hohe Bett geworfen. Sie sitzt im BH am offenen Fenster
und lässt ihre Brüste über den See schauen. Noch einen Schluck. Ein bisschen
nachschenken.
    Vielleicht kann es hier doch ganz gut werden. Trotz . . . trotz
allem. Pelle ist perfekt, das Schloss ist perfekt. Und diese immerfröhliche
Josefin, die das Essen kochen wird, die ist auch perfekt. Aber was zum Teufel
macht Jens hier?
    Jens Fredman. An den hat sie seit . . . schon ewig nicht mehr
gedacht. Den hatte sie aus ihrer Erinnerung gestrichen. Aber er ist immer noch
derselbe. Ganz genau derselbe. Karin kippt den Rest des Weines in einem
einzigen Schluck herunter.
     
    Schön, aus den Klamotten rauszukommen. Jetzt haben alle
gesehen, dass er auch normal gekleidet sein kann und dass er nicht komisch ist.
Jens wandert feierlich im Arboretum der Insel umher. Jetzt trägt er seine
üblichen Arbeitskleider, auf die er nicht aufpassen muss. Seine verwaschenen
Tischlerhosen, ein altes T -Shirt mit weitem Halsausschnitt, nichts,
was eng sitzt, und dazu Turnschuhe. Ausgelatscht, zerschlissen und genau nach
seinen Füßen geformt.
    Er holt tief Luft. Atmet aus, ein, aus. Es duftet paradiesisch. Die
Bäume stehen ganz still, kein Blättchen rührt sich in der stillen
Nachmittagshitze. Trauerweide, Eberesche, Schwarzerle, Grauerle, Haselnuss,
Ulme, Stieleiche, Traubenkirsche, Salweide, Moorbirke. Überall verschiedenste
Sorten Laubbäume. Jens reibt ein Blatt zwischen seinen sonnenverbrannten
Fingerspitzen. Saugt den Duft ein, steckt das Blatt in die Tasche.
    Karin. Er hat sie sofort wiedererkannt. Schon als er sich dem
Marktplatz näherte, hat er sie erkannt. Inzwischen trägt sie schicke Kleider,
ist elegant und schön. Und eine gut genähte Ledertasche hat sie auch dabei. Aber
ihre Füße, die ein bisschen nach innen zeigen, die gibt es immer noch. Die kann
sie nicht verbergen, ganz gleich, wie viel teure Kleidung sie am Leib hat.
    Erst hat er erwogen, einfach kehrtzumachen und mit dem Bus wieder
nach Hause zu fahren. Aber das hat er dann doch nicht getan. Er ist
herumgegangen, immer wieder im Kreis, und hat sich dann ein Stück entfernt auf
eine Parkbank gesetzt. Er hat so getan, als würde er sie nicht erkennen und als
hätte er nicht begriffen, dass sie mit demselben Ziel unterwegs wären. Aber sie
konnte früher schon nicht schwimmen, hat es nie gelernt, da war ja wohl
offensichtlich, dass sie hergekommen war, um am selben Kurs teilzunehmen wie
er. Sie hat ihn auch erkannt, das hat er gesehen, und natürlich sah sie
erstaunt aus. Aber es schien, als hätten sie beide beschlossen, sich
auszuschweigen. Trockenschwimmen und schweigen.
     
    »Das war doch ein nettes Abendessen, oder?«
    Pelle kriecht dicht zu Maja ins Bett. Streicht mit seinen alten,
groben Händen über Majas Oberarme. In seinen Augen glitzert es.
    »Klar, dass du das findest.«
    Maja nimmt ein Buch und fängt an, zerstreut darin herumzublättern.
    »Wie meinst du das?«
    »Immer redest nur du. Als wären es deine Gäste und dein Kurs und . .

    Blätter, blätter.
    »Ich bin einfach nur nett! Ist das jetzt auch verkehrt? Darf man
nicht nett sein?«
    »Doch, aber . . . Merkst du nicht selbst, dass du immer alles an
dich reißt? Und ich sitze stumm da, genau wie Alexander und Jens. Karin und du,
ihr habt als Einzige die ganze Zeit geredet.«
    »Aber es waren doch interessante Gespräche!«
    »Das fandet ihr,

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