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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Hamberg
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Wolken. Menschen. Was soll man mit denen bloß anfangen? Frauen.
Karin. Jetzt wird er endlich aufgeben, jetzt muss sie allein zurechtkommen, und
zwar in jeder Hinsicht. Er wird sie loslassen. Er wird sie alle loslassen.
    Karin war das erste Mädchen, das er küssen durfte. Im feuchten
Gewächshaus zwischen Tomaten, Zucchini, Mangold und Schnittbohnen bat sie ihn
plötzlich um einen Kuss. Darauf war er nicht vorbereitet gewesen, und ihre
schnelle Zunge war geradezu in seinen Mund eingebrochen. Hitzig. Immer so
hitzig. Sie zog sich den Pullover aus und wollte, dass er sie berührte, aber er
wusste nicht, wie, und, ganz ehrlich gesagt, auch nicht, warum.
    Sie waren erst zwölf Jahre alt, Karin hatte schon richtige kleine
Brüste, er selbst hatte noch gar nichts außer seinem Gewächshaus. Er berührte
ihre Brüste, ganz vorsichtig. Fester, verlangte sie. Da streichelte er sie ein
wenig fester, aber ihre Brüste sahen so zerbrechlich aus, als ob sie viel
lieber sanft gestreichelt werden wollten. Am Ende hatte Karin geseufzt, den
Pullover wieder angezogen und war mit dem Rad zu Patrik Svensson gefahren, der
zwei Höfe weiter wohnte. Der wollte mehr als nur Grapschen, und das kriegte er
auch. Bei Karin durfte jeder ran.
    Jens war es immer schwergefallen, ihren Stimmungsschwankungen zu
folgen. Bis sie elf waren, las sie viel und wollte am liebsten mit ihm allein
sein, doch dann passierte etwas. Sie war nie zu Hause, kam nie zur Ruhe und
wurde irgendwie seltsam. Als sie beide fünfzehn waren, wollte sie ihm seine
Unschuld nehmen. In der Nacht war sie betrunken zu ihm nach Hause gekommen,
hatte ihn in die Scheune gelotst und dann vor ihm gestrippt. Sie hatte eine Art
Ballett getanzt und gleichzeitig ein Kleidungsstück nach dem anderen
abgeworfen. Jens war daraufhin in Tränen ausgebrochen, und Karin war mit dem
Moped zwei Höfe weiter zu Patrik Svensson gefahren.
    Dann kam Agneta vom Nachbarhof. Sie machte ein halbes Jahr lang gute
Miene und wohnte sogar eine Zeit lang mit im Haus. Sie las Klatschzeitungen,
trank Kaffee und rauchte draußen auf der Veranda Marlboro light. Nein, er war
nicht verliebt, nicht im Geringsten, aber sie war freundlich, warm und sehr
gefügig. Er selbst verbrachte die meiste Zeit draußen in den Gewächshäusern,
und so kam sie irgendwann mit diesem Patrik Svensson zusammen. Inzwischen haben
sie zwei Kinder zusammen und scheinen recht glücklich. So kann’s gehen.
    Aber jetzt wird Jens loslassen. Dieser ganze missratene Schwimmkurs
ist ein großes Zeichen Gottes, dass es an der Zeit ist, das Projekt Frauen ad
acta zu legen. Jens schließt die Augen, hält die Nase in die Sonne, und der
Duft des Wiesenlieschgrases steht ihm wie ein unsichtbarer Heiligenschein um
den Kopf.
     
    Maja schließt die Ateliertür hinter ihnen. Alex tigert
unruhig umher.
    »Setz dich hin.«
    Erstaunt sieht Alex sie an – ihre Stimme klang etwas sehr heftig.
    »Ich wollte nicht so streng sein, aber setz dich doch.«
    Alex bleibt stehen.
    »Okay, dann setze ich mich eben.«
    Maja lässt sich auf dem Eisbärenfell nieder.
    »Also, wegen gestern . . .«
    »Vergiss es«, unterbricht Alex sie und sieht demonstrativ aus dem
Fenster.
    »Nein, das kann ich nicht, ich habe nämlich die ganze Nacht darüber
nachgedacht. Du bist verletzt, das habe ich wirklich nicht gewollt.«
    »Verletzt? Was glaubst du denn? Dass ich in dich verliebt bin, oder
was? Dann hast du mich total falsch verstanden.«
    »Wenn du meinst.«
    »Fangen wir jetzt mit den Übungen an? Ich hab einiges für diesen
Kurs bezahlt.«
    »Klar, natürlich.«
    Maja steht auf. Es ist nicht ganz so gelaufen, wie sie es sich
vorgestellt hat. Was immer sie sich vorgestellt hat, als sie die Tür so
sorgfältig hinter sich und Alex geschlossen hat.
    »Wir machen eine Vertrauensübung. Du musst lernen, loszulassen.«
    »Whatever. Bring mir nur bitte schnell Schwimmen bei.«
    »Du bekommst eine Binde über die Augen, und ich führe dich wie einen
Blinden durch den Raum. Dabei musst du mir einfach vertrauen. Entspann dich,
und versuch mal, an nichts zu denken. Mach nur, was ich sage.«
    »Gut, dann hol die verdammte Binde, und dann legen wir los.«
     
    »Er hat mich ertrinken lassen.«
    Jens öffnet die Augen und sieht zunächst mal alles verschwommen.
Anscheinend ist er eingeschlafen. Da sitzt Karin, ein Stück von ihm entfernt im
Bademantel mitten auf der Wiese.
    »Er hat sich einfach noch ein Bier aufgemacht und gelacht, während
ich am Steg um mein Leben gekämpft habe.

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