Fuer Wunder ist es nie zu spaet
aus der Flasche, greift
nach einer schwarzen Perücke, auf der sich ein paar Schlangen winden, und geht
auf die Terrasse hinaus.
Maja sieht Alex unverwandt in die Augen, während sie sich
anzieht, und er schaut zurück. Ein himbeerroter Gehrock, dazu eine passende
rote Weste mit Goldornamenten, ein weißes Hemd mit langen Ärmeln, die unter dem
Gehrock herausschauen, eine grüne Hose, die direkt unter den Knien endet und am
Bündchen geknöpft ist.
Während sich Alex langsam die Weste zuknöpft, lässt er Maja keinen
Moment aus den Augen. Gerade zieht sie sich ein langes taubenblaues Cape über
das weiße Unterkleid, dessen sinnliches Seidenfutter auf ihrer nackten Haut
ruht. Als das Cape zugeknöpft ist, hebt Maja ganz leicht ihren Rock und zieht
sich den Slip aus. Sehr diskret, aber Alex sieht es. Kann man eine schönere
Einladung bekommen?
Jens zieht sich in seinem Zimmer um. Er lässt das lockige,
dunkle Haar wild über dem strengen Anzug flattern. Kerzengerade steht er vor
dem Spiegel und sieht sich in die grünen Augen. Gott, wie albern er sich vorkommt.
Maja hat ihn dazu genötigt. Erst wollte er sich ja drücken, in sein Zimmer
gehen und eine Migräne oder was auch immer vortäuschen, denn er will sich nicht
verkleiden. Aber Maja hat ihn auf dem Weg nach oben bemerkt und gefragt, ob er
den Mr.-Darcy-Anzug anziehen wird, in dem sie ihn schon einmal gesehen hat. Er
hat versucht, sich rauszureden, aber Maja hat einfach weitergesprochen, wie
schön er doch ausgesehen habe und dass er sich jetzt umziehen solle, um dann
herunterzukommen und sich zu zeigen. Warum in aller Welt sollte er sich den
anderen zeigen? Damit alle was zu lachen kriegen? Sorgfältig knöpft er den
obersten Knopf der Hose zu, als es an der Tür klopft.
»Herein, Tür ist offen.«
Maja schiebt die Tür auf. Ihr Cape schleift auf dem Boden, und die
Perücke mit den Rad schlagenden Pfauen hängt ein wenig schief.
»Wollte nur nachsehen, ob du auch nicht eingeschlafen bist. Es gibt
jetzt Essen.«
»Ich komme mir albern vor.«
»Glaub mir, du wirst der Schönste auf dem Fest sein. Jetzt komm.«
Arm in Arm schlendern sie mit den raschelnden eleganten
Kleidern die Wiese hinunter zum Wasser. Dort ist ein Tisch mit großen, weißen
Leintüchern, glänzendem Porzellan und Kristallgläsern gedeckt. Karin und Alex
sitzen wie zwei seltsame, schweigende Vögel etwas abseits der Gesellschaft,
während die anderen lautstark Platz nehmen, Mads hat eine Laute dabei, auf der
er zupft.
»Da sind wir!«, ruft Maja.
Alle Blicke richten sich auf sie und Jens. Da kommen sie, da kommen
sie. Jens würde am liebsten die Augen schließen, um die abschätzigen Blicke,
das Flüstern und das höhnische Lachen gar nicht bemerken zu müssen. Verkleidet,
lächerlich gemacht, er hört sie schon flüstern, dieses Gemurmel, jemand
räuspert sich, nein, er hätte einfach in seinem Zimmer bleiben sollen.
»Jens.«
Jens antwortet nicht, tut, als hätte er es nicht gehört.
»Jens! Verdammt, du bist der Schönste, den dieser Maskenball hier je
erlebt hat. Wo hattest du dich denn versteckt?«
Pelle hat sich in seiner Nachtmütze und dem seidigen Morgenrock
erhoben und geht jetzt mit Zigarillo im Mund und Champagnerglas in der Hand
über das Gras zu Jens. Dann breitet er die Arme aus und drückt ihn lang und
fest.
»Ich finde, das hat einen Applaus verdient. Der Wettstreit ist
eindeutig entschieden. Der Schönste des heutigen Abends ist: Mr. Darcy!«
Alle klatschen, einige pfeifen sogar. Ein wenig abseits der Gruppe
sitzt Karin und ist innerlich fassungslos vor Erstaunen.
Niemand sitzt am gedeckten Tisch, denn warum sollte man am
Tisch sitzen, wenn der Boden so weich und trocken ist? Die ganze Gesellschaft
liegt auf dem Abhang zum Wasser hin und genießt das gebratene Schwein, das
marinierte Hirschfleisch und den Wein. Das Fleisch ist saftig und schmeckt
herrlich nach Orange und Thymian, mit glitschigen Fingern umfasst man die
Weingläser und leert sie schnell.
Channa ermutigt Jens, doch mehr von dem Rotwein zu trinken, Pedro
findet das eine gute Idee, und Jens trinkt und trinkt und trinkt. Er spürt, wie
seine Wangen rot erblühen, er streckt den Rücken, und der Wind, der in seinen
dunklen Locken spielt, ist frisch und freundlich. Fühlt es sich so an, beliebt
und schön und umschwärmt zu sein? Das hat Jens noch nie in seinem ganzen Leben
erlebt. Noch niemals.
Channa hat ihren Arm um seinen Hals gelegt, Fatima hat ihren Kopf in
seinem Schoß und
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