Fuer Wunder ist es nie zu spaet
kichert so süß, und dann ist da noch Pedro, der ihn einfach
nur anlächelt. Jens lächelt zurück.
Alex und Maja sehen einander an, sie sind nüchtern, still und
entschlossen. Das klebrige, verwischte Gefühl der Betrunkenheit hat sich in
ihnen nicht breitgemacht. Alex hat keinen Tropfen getrunken und Maja auch
nicht, denn sie erinnert sich gut an das, was Alex über betrunkene Leute gesagt
hat. Also hat sie laut und deutlich Nein zum Wein gesagt und Wasser getrunken.
Was an diesem Abend geschieht, das soll ohne Zutun von Alkohol geschehen.
Pelle, seine Freunde und Jens liegen etwas weiter weg auf der Wiese.
Pugh hat eine Gitarre ausgepackt, und sie singen, reden und lachen. Karin, Alex
und Maja liegen in der Nähe der Glut. Karin wirkt in sich gekehrt und still und
knabbert an einem Stück Hirschfleisch.
Auch Alex und Maja sind still, aber nicht nach innen gekehrt, nein,
ganz im Gegenteil. Ihre Fühler zeigen nach außen, aufeinander zu. Maja trinkt,
dann trinkt auch Alex. Maja beißt ein Stück vom Fleisch ab, Alex tut dasselbe.
Maja leckt sich die Finger ab, einen nach dem anderen, Alex folgt ihren
Bewegungen mit dem Blick und spürt das drängende Verlangen in sich, ihr Finger
zu sein. Sie lächelt und schiebt den Rock ein klein wenig hoch und lehnt sich zurück,
als würde sie das Gesicht genießerisch der Sonne zuwenden, allerdings ist die
Sonne schon untergegangen. Er kriegt kaum mehr Luft und versucht, tief
durchzuatmen.
»Ich muss mal aufs Klo.«
Karin steht auf, wirft Alex und Maja einen müden Blick zu und geht
langsam zum Schloss hinauf.
Alex und Maja sehen sich an. Jetzt wird es ernst. Nun gilt es. Die
restliche Gesellschaft ist vollauf mit sich beschäftigt. Ein letzter Blick,
dann stehen sie auf und gehen.
34
D u hast schöne Hände.«
»Was, ich? Nein, die sind ganz und gar nicht schön,
sondern grob von der Arbeit.«
»Ich kann aus der Hand lesen.«
»Und wofür?«
»Wofür? Natürlich um in die Zukunft zu sehen. Darf ich dir aus der
Hand lesen?«
»Ich weiß ja nicht . . .«
»Doch! Komm!«
Pedro nimmt die Hand von Jens, legt sie in seine und streichelt die
Fingerspitzen des anderen.
»Du hast kräftige Finger, was darauf hinweist, dass du stark und ein
wenig langsam bist. Das sind gute Eigenschaften.«
»Aha.«
»Und dein Daumen zeigt ein wenig nach innen, siehst du? Das deutet
auf Schüchternheit hin. Bist du schüchtern?«
»Doch, das könnte man sagen.«
Jens kann nicht umhin zu lachen. Der Wein, die anderen, die singen,
und Pedro in seinem Korsett mit den rot bemalten Lippen, das ist alles so
merkwürdig.
»Nun, dann schauen wir uns mal die Berge an.«
»Die Berge?«
»Ja, die kleinen Erhebungen dort, wo deine Finger anfangen. Hier . .
.«
Pedro führt Jens’ Hand an seinen Mund und pustet leicht über seine
Finger. Und merkwürdigerweise lässt Jens das zu, denn merkwürdigerweise liegt
Jens auf einer Wiese an einem lauen See, trägt elegante Kleidung aus dem 19.
Jahrhundert, die Haare offen und lockig und hat ein Weinglas in der einen Hand
und einen Mann im Korsett an der anderen. Merkwürdigerweise denkt er gerade
überhaupt nicht an seine Perennen, seinen Hund, seine Eltern oder seine Rechnungen.
Er ist einfach nur da, auf der Wiese und nirgends sonst.
»Da unterhalb des Daumens hast du einen sehr kräftigen Venusberg,
mein Freund. Du weißt ja wohl, was das bedeutet, oder?«
»Nein.«
»Der steht für starke Sexualität. Besitzt du die, Jens?«
Jens schluckt, lässt seine Hand aber weiter in der von Pedro liegen.
»Aber du bist ja auch schüchtern. Oha, hier siehst du den Mondberg,
unterhalb deines kleinen Fingers. Der ist auch sehr ausgeprägt, weißt du,
warum?«
»Nein.«
»Du hast Phantasie und bist kreativ. Du hast alles, was sich ein
Mann wie ich wünscht. Du bist ein eleganter Gärtnermeister, der kräftig ist,
ein wenig schüchtern, aber viel sexuelle Lust verspürt und Phantasie hat . . .«
Pedro lässt Jens nicht aus den Augen und packt seine große Hand ein
wenig fester.
Karin sieht alles. Exakt alles. Trotz Wein, Cognac,
Whisky, Bier sieht sie das Leben jetzt messerscharf. Mads schiebt sie abseits
vom Tanzboden über das trockene Gras. Pugh, Channa und Pelle singen irgendeinen
Song, den außer ihnen niemand kennt. Ein skurriler Anblick in ihren weißen Perücken,
und dazu Pelle in der langen Unterhose und dem weiten, bis zum Bauchnabel
aufgeknöpften Nachthemd. Die Laternen um den winzigen Tanzboden herum
erleuchten die
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