Fuer Wunder ist es nie zu spaet
es
geht nur um das vertrocknete Gestrüpp und die Äste, die auf dem Hof
herumliegen. Am besten werfen wir das alles auf einen großen Haufen hinter dem
Schloss. Darum kann ich mich dann später kümmern. Das geht schnell, eine
Viertelstunde vielleicht, wenn ihr mir helft.«
»Interessierst du dich neuerdings für Gartenarbeit?« Channa sieht
erstaunt über den Rand ihrer Sonnenbrille.
»Das könnte man so sagen.«
Alex kann überhaupt nicht aufhören. Wie ein Kind schwimmt
er vor und zurück, vor und zurück durch die Bucht. Er ist unermüdlich in seiner
Sturheit, die nur konzentrierte Sportler aufweisen. Er versucht, auf dem Bauch
zu schwimmen, dann auf dem Rücken, und genießt es, völlig ohne Gewicht zu sein.
Alles fühlt sich so leicht an!
Maja steht am Ufer in der Sonne und passt auf wie ein Luchs. Sie ist
stolz. Einer ihrer Schüler kann schwimmen! Und sie hat das geschafft! Sie ist
nicht vollkommen nutzlos, sie kann durchaus Sachen hinkriegen.
Dann überfällt sie das andere. Es ist, als bekäme sie eine
schallende Ohrfeige auf die eine Wange, nachdem die andere gerade gestreichelt worden
ist. Sie hat wirklich mit ihm geschlafen. Mit ihrem Schüler. Und nun hat er
daraus, dass er sie befriedigt hat, Vertrauen und Selbstbewusstsein gewonnen
und wagt selbst, sich hinzugeben. Vielleicht kann er deshalb bald den
Freischwimmer machen. Aber sie kann doch nicht mit allen ihren Schülern
schlafen, das geht einfach nicht.
Pelle. Sie war Pelle untreu, besser gesagt: Sie ist Pelle untreu. Im Moment sitzt er noch da oben mit seinen Freunden, ist guter
Dinge und glaubt, es sei ein rundum schönes Wochenende. Er ahnt nicht, dass
seine Frau, während er im Schatten liegt, mit einem neunzehnjährigen Jungspund
herumvögelt. Und der Grünschnabel liebt sie auch noch und will mit ihr abhauen.
Mein Gott.
Maja winkt Alex zu, der begeistert auf dem Rücken schwimmt und mit
den Beinen strampelt. Manchmal verliert er seinen Mittelpunkt, muss sich einen
Moment lang hinstellen und nachdenken, und dann schwimmt er weiter.
Was soll sie damit nur anfangen? Abhauen – das ist so unglaublich
pubertär. Was denkt sich Alex eigentlich? Sie beide in einem Amischlitten, mit
flatternden Haaren und auf dem Weg ins Abenteuer? Easy Rider? Aber das Leben
ist nun mal kein Roadmovie, in dem man einfach abhauen kann. Wenn Maja mit Alex
abhauen würde, dann würde Pelle ganz allein hier im Schloss bleiben. Bei diesem
Gedanken fühlt sie einen schneidenden Schmerz im Bauch, meine Güte, tut das
weh. Maja muss sich vorbeugen, ihre eigenen Zehen packen und den Bauch
zusammendrücken. Dann streckt sie sich wieder, nein, der Schmerz ist noch da.
Da ist ein Mann, dem sie auf keinen Fall wehtun will, ein Mann, von
dem sie nicht richtig weiß, ob sie ihn noch liebt, der aber doch ein Teil von
ihr ist. Er ist so etwas wie ihre Beine oder ihre Arme oder zumindest ein Bein
und ein Arm. Was gibt das, wenn man vor einem Bein und einem Arm abhaut? Dann
hinkt man und muss zudem lernen, alles mit einer Hand zu erledigen.
Aber wenn sie einfach abhauen könnte, dann
würde sie es jetzt, in diesem Moment, tun. Sie könnte Pelle in sicherer
Gesellschaft bei seinen Freunden zurücklassen und mit Alex zusammen das Boot
nehmen und davontuckern. Mit dem Wind in den Haaren könnten sie zur erstbesten
Stelle am Festland fahren, das Boot dort zurücklassen, ein Auto mieten und
abhauen. Tagelang Sex haben, nächtelang Auto fahren, bis sie einen Platz
finden, der sich irgendwie richtig anfühlt. Vielleicht bis nach Spanien und
dann nach Nordafrika oder Marokko übersetzen und dort ein Haus mieten. Alex
könnte in irgendeinem Touristenort sofort Arbeit finden, so gut aussehend und
jung und fit, wie er ist, und außerdem hat er ja schon in der Bootsbranche
gearbeitet. Maja kann solange in dem schönen Haus sein, mitten im Getümmel,
aber doch nahe am Meer und der Einsamkeit, und malen. Seit ein paar Tagen hat
sie so ein seltsames Jucken in den Fingern. Sie hat nicht richtig verstanden,
was es ist, aber jetzt wird es ihr klar. Es ist die Lust, zu leben und zu
malen, und die war ziemlich lange verschwunden.
Wieder winkt Maja Alex zu. Verdammt, sie muss die Sache mit Alex
beenden. Das ist so falsch, wie etwas nur sein kann.
Josefin streckt sich im Bett und gähnt, die Sonne hat das
Zimmer richtig aufgewärmt. Sie schaut auf die Uhr – meine Güte, fünf nach eins!
Hat sie wirklich so lange geschlafen? Und hat sie das richtig in Erinnerung,
dass Pelle heute zu
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