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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Hamberg
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hattest, war ich wirklich . . . zutiefst verliebt in dich.«
    »Ist das dein Ernst?«
    Karin bleibt stehen und sieht Jens misstrauisch an. Sie weicht
seinem Blick aus und setzt sich ein Stück entfernt auf die Bank, verschränkt
Arme und Beine und schließt die Augen vor der Sonne. Jens muss mit etwas
lauterer Stimme reden.
    »Ja. Es war so. Deshalb hat mir dieser Brief von dir so wehgetan.
Weil da drinstand, dass du mich auch liebtest, dass es aber nicht ginge, weil
ich so . . .«
    Karin winkt abwehrend.
    »Bitte sag es nicht. Was wäre wohl gewesen, wenn ich mich getraut
hätte zu sagen, wie es wirklich war, nämlich, dass ich einfach Angst hatte,
zurückgewiesen zu werden? Ich liebte deine Ruhe und deine Geduld. Ich konnte so
verrückt sein, wie ich wollte, du hast mir immer Ruhe gegeben. In deinem
Gewächshaus zu sitzen, während du mit dieser Sprühflasche rumgespritzt und
kleine Blättchen abgewischt hast und solche Sachen, ja, da ging es mir gut.«
    »Ich weiß, dass ich es genossen habe, wenn du da warst. Du hast dann
vor dich hingeredet und dir Geschichten ausgedacht und . . . Das war schön, ja,
so habe ich es auch in Erinnerung. Ich konnte ganz still vor mich hinarbeiten,
und du konntest deine Phantasie schweifen lassen.«
    Karin hat die Augen immer noch geschlossen. Jens nimmt einen Schluck
Saft und sieht sie zärtlich an.
    »Du warst oft sehr wütend. Davor hatte ich Angst.«
    »Das bin ich immer noch. Ich habe hier drinnen eine Wahnsinnswut.«
    Karin klopft sich selbst mit der Faust gegen das Brustbein, hat die
Augen aber immer noch geschlossen.
    »Wie ein wilder Vulkan, der einfach nur ausbrechen will. Wie hätte
ich es sonst schaffen können, so hart zu arbeiten, so viel zu trainieren, mich
insgeheim kaputt zu saufen und trotzdem noch die hübsche Fassade zu erhalten?
Ich bin einfach so wütend! Ich hatte ein verdammtes Scheißleben, und ich habe
alles getan, um es zu verbergen.«
    Nun steht sie wieder auf und beginnt mit diesem unseligen Wandern
über den Steg.
    »Jetzt übertreibst du, du hattest doch kein Scheißleben.«
    »Doch, das hatte ich, Jens, so war es einfach. Niemand liebt mich,
ich glaube, nicht einmal meine Tochter. Mein Exmann hasst mich. Und mein Vater,
auf den bin ich am allerwütendsten. Meine Mutter war schließlich krank im Kopf,
die konnte nichts dafür, aber er! Mama und ich waren ihm einfach egal, er hat
zugeschaut, wie sie unterging, und hat dann meine Rettung versoffen. Er hätte
mich retten können! Aber er hat die Gelegenheit verpasst. Ich war so klein.
Wenn ich Bilder von Simone sehe, als sie in dem Alter war, mit den schmalen
Beinen, den rutschenden Strümpfen und den zerzausten Haaren, dann muss ich
daran denken. So klein war ich, als ich in meinem Zimmer mit der dreckigen
Bettwäsche lag, während die Wohnung von besoffenen Menschen bevölkert war. Da war
niemand, den man hätte umarmen können. Niemand.«
    »Du musst ihn sehen.«
    Jens steht auf, bürstet sich die Krümel von den nackten Beinen und
stellt sich vor Karin hin, die mit gesenktem Blick weiterredet.
    »Er ist schon tot.«
    »Nein, er lebt noch.«
    Karin sieht auf. »Woher weißt du das?«
    »Weil ich angerufen und gefragt habe.«
    »Du hast da angerufen und gefragt? Warum denn das?«
    »Weil mir das nicht egal ist.«
    »Aber das musst du ja gemacht haben, ehe du . . . mich gerettet
hast.«
    »Stimmt.«
    »Soll das heißen, dass du im Krankenhaus angerufen hast?«
    »Ja.«
    Erneutes Schweigen. Sie stehen sich gegenüber. Karin in ihrem weißen
Bademantel und barfuß, Jens in seinen etwas zu hoch gezogenen Shorts, einem
grünen T -Shirt
und Sandalen. Ein Stück entfernt raschelt es zwischen den Birken. Jens und
Karin drehen sich um. Dort steht ein träger Damhirsch und knabbert frische
Birkenblätter. Das Tier macht desinteressiert kehrt und spaziert weiter in
Richtung Brombeergestrüpp.
    Jens sieht wieder Karin an und redet weiter: »Ich will dir helfen.
Du musst ihn sehen, du musst dich verabschieden und dann weitergehen. Dabei
musst du ihm gar nicht verzeihen, Karin, das ist nicht nötig. Aber vielleicht
kannst du ihm erzählen, was du empfindest und was er mit dir gemacht hat.«
    »Das kann ich nicht, Jens.«
    »Doch.«
    »Ganz ehrlich: nein. Da geh ich lieber wieder ins Wasser. Ich habe
mir selbst versprochen, dass ich ihn nie wieder werde sehen müssen.«
    »Aber er will dich sehen. Vielleicht will er sich entschuldigen.«
    »Dann kann er seine Entschuldigung ins Universum schreien.«
    Zögernd streckt

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