Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fürchte deinen Nächsten!

Fürchte deinen Nächsten!

Titel: Fürchte deinen Nächsten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Sie waren dabei, ihre Jacken abzustreifen und sie im Kofferraum zu verstauen. Sie trugen jetzt nur die Jogging-Kleidung, und die Frau band ihr helles Haar noch mit einem Stirnband fest.
    Beide liefen locker weg und verschwanden unter den Bäumen.
    Rankin schloß den Wagen ab. Er putzte seine Brillengläser, die leicht beschlagen waren. Feuchtigkeit wehte ihm entgegen. Der Wind brachte eine kalte Nässe mit, die durch seine Kleidung drang und seine Haut streichelte.
    Ein Frauenlachen drang an seine Ohren. Es drang aus dem Dunkel zwischen den Bäumen hervor. Die Laternen waren hier spärlich gesät, aber das machte Rankin nichts. Ihm ging es darum, an den Fluß zu kommen und dort spazierenzugehen. Der Park selbst interessierte ihn nicht. Schon als Kind hatte Alex die Themse geliebt, und diese Liebe hatte sich im Laufe der Jahre noch verstärkt.
    Am Südufer ging er entlang. Am anderen Ufer des Flusses wand sich die breite Uferstraße entlang, die den Strom durch London begleitete und ihren Namen häufig wechselte. Hier hieß sie Chelsea Embankment. Über die Straße schoben sich die Fahrzeuge in einer nie abreißenden Schlange. Eine Lawine aus Blech, die vor dem Hintergrund des Ranelagh Gardens fast wie ein Spielzeug wirkte. Innerhalb des Parks auf der anderen Seite lag noch das Chelsea Hospital, ein großer und moderner Bau, dessen Lichter sich abzeichneten wie die eines UFOs, das soeben gelandet war. Alex Rankin atmete tief durch. Jeder Luftzug war wie ein Balsam für ihn. Er genoß es, am Ufer entlangzugehen. Er zog den Schal fester, weil der Westwind doch etwas stark war.
    Schiffe schoben sich über den Strom. Sie hatten ihre Positionsleuchten gesetzt. Manche von ihnen wirkten wie schwergewichtige Monstren, die Mühe hatten, sich über Wasser zu halten. Die Bugwellen sahen aus wie weiße Bärte. Manchmal auch gelb, wenn sie von einem fremden Lichtschein erwischt wurden.
    Der Fluß rauschte. Er gurgelte und schmatzte. Er produzierte die ungewöhnlichsten und auch unheimlichsten Geräusche, die im Dunkeln noch anders klangen als bei Tageslicht. Zumindest für den einsamen Spaziergänger.
    Aber er liebte Musik. Er ging gern spazieren. Er war nicht einsam, weil der Fluß ihm die Botschaft brachte. Er sprach mit ihm, er unterhielt sich, er war einfach da und mittlerweile zu einem guten Freund geworden.
    Alex konnte das Wasser riechen. Es roch nie gleich. Mal frisch, wenn das Bett gut mit Wasser gefüllt war, mal alt und modrig, wenn in heißen Sommern zu viel verdampfte.
    Der Boden unter seinen Füßen war feucht. Die Temperaturen bewegten sich um den Gefrierpunkt herum. In diesem Jahr war der Winter recht früh gekommen, und er hatte auch hier seine Spuren hinterlassen. An besonders ungeschützten Stellen schimmerte noch eine dünne Eisschicht auf dem Boden.
    Wellen glitten und gurgelten heran. Nicht so stark wie am Meer, doch auch sie hatten Kraft. Sie waren wie ein Perpetuum mobile und bewegten sich in einem ständigen Gleichklang. Manchmal raunten sie auf, dann hörte Rankin aus ihnen lockende Stimmen hervor, die ihn wie Sirenenklang auf den Grund des Flusses ziehen wollten.
    Am Boden war es heller. Dort malte sich der Lichterglanz der Riesenstadt ab. Rankin ging tiefer in die Dunkelheit. Links von ihm lag der Park als düsteres schweigendes Versteck.
    Ruhe finden. Die Gedanken ordnen. Deshalb war Alex Rankin überhaupt zu seinem Lieblingsplatz gefahren. So war es immer in den letzten Jahren gewesen, doch an diesem Abend wollte die Entspannung nicht kommen. Er hätte auch im Büro Sitzenbleiben können, denn seine innere Einstellung hatte sich nicht verändert. Das Gefühl war gleich geblieben, und damit kam selbst ein Profiler nicht zurecht.
    Er blieb stehen und schaute auf den Fluß. Helle Wellenkämme leuchteten auf, als wollten sie dem Menschen das Gefühl einer trügerischen Sicherheit geben.
    Dieser Vergleich gefiel dem Profiler. Ja, die Sicherheit war trügerisch geworden. Er fühlte sich nicht wohl. Seine Arbeit hatte ihn sensibel gegenüber äußeren Einflüssen gemacht. Genau diese Sensibilität spürte er an diesem Abend überdeutlich.
    Da war etwas.
    Der Fluß befand sich in seinem eigenen Gleichgewicht. Da schmatzten die Wellen wie gierige Mäuler an den Uferstreifen, als wollten sie alles fressen. Aber sie zogen sich wieder zurück, um wenig später erneut anzurollen.
    Der Fluß hatte mit seinem Gefühl nichts zu tun, da war sich Rankin schon sicher.
    Er drehte sich um.
    Das Rauschen lag jetzt hinter

Weitere Kostenlose Bücher