Fürchte deinen Nächsten!
bereitet er alles sehr gut vor. So auch diesmal. Er wollte dich. Er hat dich ausgesucht und wartete nur auf eine Gelegenheit, dich in seine Fänge zu bekommen. Das ist ihm perfekt gelungen. Er hat deine Eltern getötet. Er wußte, daß du anfällig bist, und du hast ihm ja auch den Gefallen getan. So konnte er zu dir kommen und ich in seinem Namen überzeugen. Jetzt bist du sein Freund oder nimmst es zumindest an, aber der Freund des Teufels zu sein, ist immer gefährlich.«
Judas Delany verzog das Gesicht. In diesem Augenblick sah er aus wie ein kleiner Junge, der dicht vor dem Weinen steht. Marcellas Ausführungen hatten ihn erschüttert. Auf die Idee, daß der Teufel seine Eltern so hingerichtet hatte, war er nicht gekommen. Er hätte es auch nie für möglich gehalten, und aus seinem Mund drang ein Röcheln. Dabei schüttelte er den Kopf. »Was hast du dir da nur aus den Fingern gesaugt, verfluchte Psychologin? Der Teufel ist mein Freund. Sein Blut steckt in mir und hat mir die neuen Kräfte gegeben…«
»Das ist alles richtig. Auf der anderen Seite bist du auch nur eine Versuchsperson für ihn.«
»Nein, das ist nicht wahr!« brüllte er.
»Du kannst ihn fragen, wenn du willst. Vielleicht sagt er die Wahrheit.«
Judas wollte es nicht mehr hören. »Nein, nein!« brüllte er. Seine Arme schnellten in die Höhe. Die Hände schossen plötzlich nach vorn, Finger wurden gespreizt, bevor sie sich um die Kehle der Frau legten und zudrückten.
Delany beugte sich dabei vor. Er brachte sein Gesicht nahe an das der Psychologin heran. »Du willst einen Keil zwischen uns treiben, verdammt. Aber das schaffst du nicht. Nein, das ist nicht möglich. Der Teufel steht auf meiner Seite, er ist und bleibt mein Freund! Und meine Eltern sind nicht von ihm getötet worden!« Bei fast jedem Wort drückte er zu und schüttelte die Frau durch.
Marcella rang um Luft. Die Beinhaltung hatte sich verändert. Sie trat jetzt um sich. Sie spürte die Qual, die immer größer wurde, je mehr man ihr die Luft nahm.
»Du lügst, du lügst! Du willst mich reinlegen, du verfluchte Nutte, du!« Er war wie von Sinnen, aber er riß sich plötzlich zusammen, und seine Hände zuckten wieder zurück.
Marcella Ash rang nach Luft. Sie wälzte sich dabei von einer Seite auf die andere, während der Killer neben ihr kniete und zu Boden starrte. Er wirkte in sich selbst versunken. Marcella sah es nicht. Sie hörte ihr eigenes Keuchen, und sie spürte auch die Schmerzen an ihrem Hals, wo die verdammten Finger zugedrückt hatten.
Es war schlimm. Sie hatte schon nichts mehr richtig sehen können. Auch jetzt kam ihr die Kehle noch wie zugeschnürt vor.
Auch der Killer war mit sich selbst beschäftigt. Er brabbelte vor sich hin. Die Machete hatte er wieder an sich genommen und starrte die flache Seite an, die für ihn wie ein Teil eines Spiegels war, in dem er sein eigenes Gesicht entdeckte.
Es war zu einer Fratze geworden. Er sah auch Tränen in seinen Augen und empfand irrsinnigen Haß. In einem nicht mehr gelenkten Anfall riß er die Mordwaffe plötzlich hoch und schwenkte sie so herum, daß sie über dem nackten Körper der Frau schwebte.
»Ich werde dich zerhacken. Ich werde dich so töten wie die anderen und dir zum Schluß den Kopf abschlagen!«
Marcella Ash tat nichts. Die Angst hielt sie fest wie eine Klammer. Zudem wußte sie, daß dieser Psychopath keine leeren Drohungen ausstieß. Das Gegenteil dessen hatte er schon fünfmal bewiesen, und sie sah nur die verdammte Klinge, an der noch Blutreste festklebten. Sie und der Mann wirkten wie versteinert.
»Es ist zu leicht für dich, wenn ich dich nur erwürge!« Er sprach, lachte und schüttelte sich dabei. »Ja, das ist mir zu einfach. Du sollst leiden und Schmerzen noch schlimmer verspüren als die Angst. So ist es bei allen anderen gewesen, und so wird es auch bei dir sein!«
Marcella rechnete damit, die letzten Sekunden ihres Lebens zu durchleiden. Sie wußte nicht mehr, wie sie sich noch wehren sollte. Die Lage war gekippt, sie näherte sich dem absoluten Ernstfall, und da halfen auch keine Worte aus irgendwelchen Lehrbüchern der Psychologie.
Schlug er zu?
Nein, er tat es nicht!
Er drehte sich plötzlich von der Couch weg, hätte beinahe den Glastisch umgestoßen und stand auf. Auch die Waffe zuckte dabei in die Höhe, und er drehte sich wieder zu Marcella um, die etwas Hoffnung geschöpft hatte, auch wenn sie es noch nicht richtig glauben konnte. Er kümmerte sich nicht mehr um sie.
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