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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Genevieve Tucholke
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stöhnte und ich grinste. Ach was, ich strahlte . River hatte für mich Partei ergriffen und Luke die Stirn geboten. Sunshine machte das nie.
    River hier zu haben, war schon jetzt um Längen besser, als mit Freddie zu reden und zu ihr zu beten. Weil Freddie tot war. Aber River lebte und behauptete sich gegenüber Luke und wollte mit mir einkaufen gehen. Plötzlich ging es mir blendend.
    Zehn Minuten später folgten River und ich mit schwingenden Stoffbeuteln einem schweigsamen Luke den Weg in die Stadt hinunter. Diesmal blieben wir nicht stehen, als wir am Tunnel vorbeikamen. Die Jungs gingen weiter, als wäre er ihnen völlig egal, aber ich schauderte und hielt den Blick gesenkt, weil ich Angst hatte, einen alten, schmutzigen Mann zu sehen, wenn ich aufschaute, der mich aus dem Eingang heraus angrinste und gierig mit seinen pelzigen Zähnen klapperte.
    Es gab in unserer Stadt nur ein einziges Café, das dafür aber sehr gut war. Es lag mitten im Zentrum gegenüber von einem kleinen Park, in dem alte Eichen standen. Drehte man sich auf der Wiese einmal um die eigene Achse, konnte man die Bücherei sehen, die Pizzeria, das Café, den kleinen Lebensmittelladen, den Blumenladen, den Popcorn-Stand, das Uhrengeschäft, den Heimwerkermarkt und das Antiquariat, das einem geheimnisvollen Mann namens Nathan Keane gehörte. Nathan Keane war ein Jahrhundert alt, hatte lange struppige Haare, seltsame Öffnungszeiten und litt an gebrochenem Herzen.
    Echo war so idyllisch, wie man es von einer Stadt erwarten konnte, die älter war als die meisten anderen Orte in Amerika. Ein hübsches, sauberes Städtchen, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein schien, besonders wenn die Sonne alles in ihr goldenes Licht tauchte. Und obwohl ich einen Großteil meiner Zeit damit verbrachte, davon zu träumen, von hier fortzugehen, gab es auch Momente, in denen ich meine Heimatstadt irgendwie mochte.
    Die Familie, der das Café und auch die Pizzeria gehörte, stammte aus Italien, was beiden Lokalen das nötige Flair verlieh. An sonnigen Tagen konnte man an einem der runden schmiedeeisernen Tische draußen sitzen, Cappuccino trinken, dem schönen Gianni, der in meiner Klasse war, beim Milchaufschäumen zuschauen und sich ein bisschen kultiviert fühlen, als wäre man in Europa.
    Ich trank hier meinen Kaffee, seit ich zwölf war. In dem Sommer, in dem Freddie starb, verbrachte ich fast jeden Tag damit, zwischen der Bücherei und dem Café hin- und herzupendeln, und man sah mich sicher oft mit einer Espressotasse in der einen und dem Werk einer der Brontë-Schwestern in der anderen Hand dort sitzen. Die Erwachsenen, die vorbeikamen, warfen mir manchmal einen kopfschüttelnden Blick zu, aber meinen Eltern wäre es egal gewesen, dass ich in diesem zarten Alter schon Kaffee trank, wenn sie es gewusst hätten – was nicht der Fall war. Freddie hätte es mir bestimmt nicht erlaubt, aber meine Eltern hielten nichts von Verboten oder Vorschriften. Sie waren der Meinung, dass niemand sich in die ureigensten Privatangelegenheiten eines anderen Menschen einzumischen hatte – und dazu gehörte bestimmt, dass es ihrer Ansicht nach meine Sache gewesen wäre, dieses wachstumshemmende, karamellbraune Getränk zu mir zu nehmen, wenn ich Lust darauf hatte.
    Werden sie wiederkommen? , fragte ich, wie ich es oft tat. Werden sie jemals wiederkommen, Freddie?
    Ja, lautete die Antwort. Ja, ja, ja. Du musst nur Geduld haben, Vi.
    Wir bestellten bei Maddy drei Latte Macchiato zum Mitnehmen, obwohl wir ja gerade erst Espresso im Gästehaus getrunken hatten. Ich lächelte sie an, aber sie schaute nur Luke an. Sie hatte runde Wangen, lange Wimpern und glänzende schwarze Augen und dachte wahrscheinlich, sie wäre verliebt oder irgendetwas anderes, das dem Verliebtsein so nahe kam, dass andere Leute sie nicht interessierten.
    Luke deutete grinsend mit dem Zeigefinger auf sie. »Immer schön anständig bleiben!«
    Sie lachte. »Wieso sollte ich?«
    »So gefällst du mir!« Luke nickte, und Maddy strahlte ihn an, als wäre er die Sonne, die an einem regnerischen Tag durch die Wolken bricht.
    »Du hast was Besseres verdient«, sagte ich, aber so leise, dass sie es nicht hörte. Freddie hatte immer gesagt, dass man seine Kämpfe selbst ausfechten musste, und ich war mir ziemlich sicher, dass das hier nicht meiner war.
    River und ich gingen mit unseren Pappbechern nach draußen, und während ich einen Schluck nahm, sinnierte ich darüber, wie angenehm es war, mit jemandem Kaffee

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