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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Genevieve Tucholke
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um nach Paris zu reisen.
    Wie lang das her war. Monate. Viel zu viele Monate.
    »Mom.« Mir brach die Stimme.
    » Scheiße «, hörte ich jemanden unterdrückt fluchen.
    Und dann stand wieder River vor mir.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Ich hätte wissen müssen, dass es dich traurig macht, deine Mutter zu sehen. Siehst du, genau deswegen beschränke ich mich lieber auf Monster.«
    Ich sah River fassungslos an. Mir liefen die Tränen übers Gesicht und ich war wütend. »Das war grausam, River. Ich hatte es gerade geschafft, mich nicht mehr nach ihr zu sehnen, und dann holst du sie zurück, und jetzt vermisse ich sie wieder schrecklich.«
    Als River mir tröstend über den Arm streichelte, schüttelte ich seine Hand nicht ab, obwohl das eigentlich mein erster Impuls war, weil mir die Berührung guttat.
    »Nicht böse sein«, bat er mich. »Ich tu’s nie wieder, versprochen. Ich habe es nur gemacht, damit du mir glaubst. Es ist einfacher, jemandem zu verzeihen, der einen erschreckt hat, als jemandem, der einen zum Weinen gebracht hat.«
    Wir schwiegen.
    River schaute wieder aus dem Fenster. Seine Hände lagen auf den kalten Fliesen der Arbeitsplatte, die Haare fielen ihm in die Augen. »Jack wollte, dass ich es noch mal mache«, sagte er, ohne mich anzusehen. »Er wollte, dass ich ihm den Teufel noch einmal zeige. Mein kleiner Trick hat ihm gefallen. Ich weiß nicht, wie er mir auf die Schliche gekommen ist, aber er hat mich durchschaut. Bevor Casablanca anfing, habe ich ihm erzählt, dass der Teufel sich gern nach Einbruch der Dunkelheit auf dem Friedhof herumtreibt, und er ist sofort losgezogen, um der Sache nachzugehen, genau wie ich es mir gedacht hatte. Er ist ein kluger Junge. Und dann bin ich ihm hinterhergegangen, habe den Teufel erscheinen lassen und … na ja, hatte meinen Spaß.«
    »Und wie war das mit Isobel?«, fragte ich.
    »Tja, also … Isobel.« Er sah mich immer noch nicht an. »Ich kam zum Friedhof und da stand sie mit ihrem Hula-Hoop-Reifen am Tor. Als ich sie fragte, ob sie ein gutes Versteck wüsste, hat sie mir von dem Baumhaus erzählt. Da hab ich ihr gesagt, dass sie sich dort eine Weile verstecken soll und dass das alles Teil eines lustigen Spiels wäre. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass sie gleich so lange dort bleiben würde. Ich dachte, sie hält vielleicht ein paar Stunden durch, aber …«
    »Du hast das Funkeln bei Isobel benutzt, um sie dazu zu bringen, sich ganz allein in dieses Baumhaus zu setzen? Wie konntest du nur, River? Sie ist doch noch ein kleines Mädchen! Dass du Leuten in unserem Alter Sachen vorgaukelst, okay, damit kann ich noch irgendwie leben, und Sunshine hat es vielleicht nicht anders verdient. Aber Jack und Isobel? Das ist böse, River. Das ist geradezu teuflisch. Freddie hätte …«
    Ein Herzschlag verging, dann schlang River die Arme um mich, vergrub das Gesicht in meinen Haaren, und ich wurde ruhiger … und ruhiger … und ruhiger.
    »Schsch, Vi. Schsch. Niemandem ist irgendetwas Schlimmes passiert, auch Isobel nicht«, flüsterte er, die Lippen an meine Stirn gepresst und die Arme um meine Taille geschlungen. »Sunshine hat auch bloß einen Verrückten in einem Tunnel gesehen, statt geküsst zu werden, wie sie es sich erhofft hatte. Die Bewohner deiner kleinen Stadt hatten so viel Aufregung wie seit dem Tag nicht mehr, an dem ein reicher Junge seiner Geliebten im Keller die Kehle aufschlitzte – dein Bruder war total begeistert –, und wir beide haben gesehen, wie Kinder mit Pflöcken in der Hand über einen Nebel verhangenen Friedhof gerannt sind. Das war alles bloß … Spaß.«
    »Bloß Spaß?«
    »Ja.«
    Allmählich bekam ich wirklich Angst vor ihm und fragte mich, wie viel Chaos dieser Junge mit seinem … Funkeln schon angerichtet hatte, wenn das seine Vorstellung von Spaß war.
    Trotzdem ließ ich zu, dass er mich weiter in den Armen hielt.
    Er tastete die falschen Perlen der langen Kette entlang, die ich trug, und streifte dabei immer wieder wie unabsichtlich meinen Bauch, wobei mich ein wohliges Gefühl durchströmte. Ich hätte ihn wegstoßen sollen. Ich hätte schreien oder weinen und weglaufen sollen. Aber ich tat nichts davon. Ich … ich ließ ihn einfach gewähren.
    River küsste mich und ich erwiderte den Kuss. Wie von selbst schlangen sich meine Hände um seinen Hals, während seine Finger über die Perlenkette strichen und mich dabei an allen möglichen Stellen meines Körpers berührten.
    Wir bewegten uns wie in einem langsamen

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