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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Genevieve Tucholke
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nichts dagegen tun. »Stimmt«, sagte ich trotzig. »Ich lag in Rivers Bett. Aber nur zu deiner Information: Es ist nichts passiert. Wir haben bloß zusammen geschlafen. Nebeneinander , meine ich. Ich war gestern Abend ziemlich durcheinander, und River hat mich beruhigt, und dann …«
    Ich verstummte, weil mir klar wurde, dass ich gar nicht wusste, wie es weitergegangen war, nachdem River und ich uns in der Küche von Citizen Kane geküsst hatten. Ich wusste nur noch, dass ich ihn für das, was er Jacks Vater angetan hatte, gehasst hatte, abgrundtief gehasst, und dann … plötzlich nicht mehr. Und dass wir kurz darauf im Gästehaus in seinem Bett lagen …
    Neelys Lächeln erlosch schlagartig. Er sah seinen Bruder an und verengte die Augen. »Sag nicht, dass du es an ihr benutzt hast. Großer Gott, River. Du bist sogar noch tiefer gesunken, als ich es für möglich gehalten hätte.«
    River stand seufzend auf, bückte sich nach seinem Hemd, das am Boden lag, und zog es sich über. »Violet weiß über das Funkeln Bescheid. Ich habe ihr alles erzählt. Und wenn ich es gestern Abend benutzt habe, dann nur, um sie zu beruhigen.« Plötzlich sah er fast so aus – fast –, als würde er sich einen Moment lang schämen. »Aber abgesehen davon, ist es ganz egal, was wir gemacht haben, weil das nur uns beide etwas angeht. Violet und mich, und niemanden sonst, okay?«
    Neely sah seinen Bruder wortlos an.
    »Hör zu«, fuhr River ruhig fort, »lass uns in die Küche rübergehen, und ich mache uns Frühstück, okay? Ich ertrage keine Vorträge auf leeren Magen, und genau deswegen bist du doch hier, oder? Um mir mal wieder eine deiner Moralpredigten zu halten.«
    Wir gingen in die Küche hinüber. Niemand redete. Das einzige Geräusch war das Klappern der Töpfe und Pfannen und das genervte Seufzen von Rivers Bruder. Nach ein paar Minuten kam ich zu dem Schluss, dass es vielleicht klüger wäre, die beiden allein zu lassen, und ging.
    Als ich wieder im Haupthaus war, schaute ich nach Jack, der aber nicht in seinem Zimmer war. Verdammt. Luke hatte natürlich recht gehabt, dass der Kleine früh wach sein würde. Ich hätte früher aufstehen sollen und nicht wieder in Rivers Bett landen dürfen. Wenn River in meiner Nähe war, konnte ich einfach nicht mehr klar denken und war nicht mehr ich selbst. Und das machte mir Angst. Andererseits machte mir alles Angst, was hier in letzter Zeit vor sich ging – dabei hatte ich mich immer für relativ furchtlos gehalten.
    Ich ging auf der Suche nach Jack um das Haus herum und fand Luke im Schuppen. Er hatte die Tür offen gelassen, um mehr Licht zum Malen zu haben, und stand mit entschlossener, aber eindeutig zufriedener Miene vor der Staffelei. Was extrem ungewöhnlich für ihn war.
    »Hey«, begrüßte ich ihn. »Weißt du, wo Jack steckt?«
    Luke deutete, ohne sich zu mir umzudrehen, auf den Ecktisch, an dem Jack über eine Leinwand gebeugt saß und eifrig malte.
    Ich ging zu ihm hin und sah ihm über die Schulter. Eine riesenhafte Gestalt, glühend rote Augen, kleine schmale Hände, die sich an Grabsteine klammerten. Er malte den Teufel auf dem Friedhof.
    »Jack ist ein Naturtalent«, sagte Luke. »Er hat mir erzählt, dass er noch nie gemalt hat, aber er ist genauso gut, wie wir es damals in seinem Alter waren. Er hat ein gutes Auge für Farben und Atmosphäre … und Perspektive …« Luke verstummte und richtete den Blick wieder auf seine eigene Arbeit.
    Jack sah zu mir auf und schüttelte sich seine kupferfarbenen Haare aus dem sommersprossigen Gesicht. »Liegt bei uns wohl in der Familie«, sagte er grinsend.
    Ich lächelte. »Bei uns auch.«
    Plötzlich war es, als würde ein Gedanke in meinem Kopf einrasten. Ein wichtiger Gedanke, dem ich Aufmerksamkeit schenken sollte …
    »Hat Rivers Bruder dich gefunden?« Luke legte seinen Pinsel hin und drehte sich zu mir um.
    »Ja. Im Bett. Mit River.«
    Jack schaute kurz auf und beugte sich dann wieder über sein Bild.
    Luke senkte die Stimme. »Was ist auf einmal mit dir los, Vi? Bis auf Gianni und eure Fachsimpelei über Kaffee hast du dich nie für Jungs interessiert und plötzlich verbringst du jede Nacht mit einem Fremden im Bett?«
    Er hatte vollkommen recht. Was war mit mir los?
    River. Das Funkeln. Das war los. Trotzdem hatte ich keine Lust, mir Vorhaltungen von einem Kerl machen zu lassen, der seine Sommerferien damit verbrachte, sich bis zu den Brüsten einer Kellnerin mit runden Wangen durchzufummeln oder die Schenkel

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