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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Genevieve Tucholke
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einfacher.«
    Neely lachte wieder. Dann sah er mich an. »River ist der Meinung, dass das Leben einfach sein sollte, und trotzdem richtet er in einer einzigen Nacht mehr Unheil an als der Teufel in zehn. Was für ihn aber offensichtlich kein Problem ist, weil er ja einen kleinen Bruder hat, der jedes Mal alles wieder in Ordnung bringt.« Er trat auf mich zu, beugte sich vor und flüsterte mir ins Ohr: »Soll ich dir ein Geheimnis verraten? Das ist alles dummes Geschwätz. River schwingt große Reden, wenn er Angst hat – genau wie unser Vater. Die Frage ist … wovor hat er Angst? Hast du es schon herausgefunden?«
    Er richtete sich wieder auf und ich rieb mir übers Ohr. Obwohl ich spürte, dass River mich prüfend musterte, sah ich ihn nicht an.
    »Was hast du gerade zu ihr gesagt, Neely?«
    River wirkte … besorgt. Das gefiel mir.
    Neely ging zum Tisch, legte die Handflächen auf die Platte und beugte sich vor. »Du hast keine Geschwister, ja? Was für ein Schwachsinn. Wir wissen von mindestens zwei Halbbrüdern und einer Halbschwester. Wie gesagt …«, erklärte er mit einem Seitenblick zu mir. »Unser Vater hat eine Schwäche für Frauen. Zum Glück sind die armen kleinen Bastarde noch zu jung, um zu wissen, was es bedeutet, zu unserer Familie zu gehören. Sie werden es früh genug herausfinden.«
    »Wir haben eine Schwester?«, fragte River überrascht. »Von einer Schwester weiß ich ja noch gar nichts.«
    »Ich hab es selbst gerade erst herausgefunden, Idiot. Kürzlich habe ich die Kontoauszüge durchgesehen und festgestellt, dass er an irgendeine Frau in Colorado Unterhalt bezahlt. Aber interessiert dich das überhaupt? Dad wird sich nie offiziell zur Vaterschaft bekennen, und ich erinnere mich noch gut, wie du mal zu mir gesagt hast, dass du – Achtung, ich zitiere: ›die Brut, die aus den betrügerischen Lenden unseres Vaters hervorgegangen ist‹, nie kennenlernen willst.«
    River zuckte lässig mit den Schultern. »Vielleicht war das gelogen.«
    »Ach. Halt doch die Klappe, River.« Neely wandte sich zu mir. »Hat er dir zufälligerweise seinen Nachnamen genannt, Violet?«
    »West«, antwortete ich. »Er hat sich mir als River West vorgestellt.«
    Neely lachte so sehr, dass ihm die blonden Haare in die Augen fielen. »Rivers wirklicher Nachname – unser Nachname – lautet Redding.« Er wartete kurz, bis ich die Neuigkeit verdaut hatte. »Neely ist die Abkürzung von Cornelius. Und River ist nur sein Spitzname. In Wirklichkeit heißt er William.«
    Ich sah blinzelnd zwischen Neely und River hin und her. River wich meinem Blick aus, aber Neely schaute mich ganz offen an und schmunzelte immer noch in sich hinein. Er schien davon auszugehen, dass ich den Namen Redding kannte.
    Und so war es auch. Die Reddings waren eine der einflussreichsten und ältesten Familien der Ostküste. Meine Vorfahren mochten vielleicht wohlhabende Industrielle mit einer prächtigen Villa am Meer gewesen sein, aber im Vergleich zu den Reddings waren sie absolut unbedeutend . Die Reddings besaßen prächtige Anwesen im ganzen Land, Schiffe, Eisenbahnstrecken und stellten Präsidenten. Sie pflegten Kontakte zur Mafia, zu den Freimaurern und zu den Beatles.
    Freddie hatte die Reddings in ihren Geschichten oft erwähnt. Ich war ungefähr zehn, als sie mir einmal ein Schmuckstück zeigte, ein Smaragdcollier, das wir nach ihrem Tod verkauft haben. Sie sagte, sie hätte es als junge Frau auf einer ausschweifenden Party der Reddings getragen.
    Ich hatte also mit einem Redding geschlafen. Neben einem Redding, meine ich.
    »Dann habe ich also mit einem Redding geschlafen. Neben einem Redding, meine ich«, sprach ich meinen Gedanken laut aus und sah River an. »Freddie hat mir von eurer Familie erzählt. Sie ist einmal auf einer Orgie der Reddings in New York zu Gast gewesen.«
    »Ja, das klingt nach uns.« River warf mir einen Blick zu, den ich nicht deuten konnte.
    Neely rieb sich nachdenklich den rechten Unterarm. »Echo. Ein hübscher Name für eine Stadt. Geradezu perfekt. Als wäre das, was hier passiert, das Echo all der Dinge, die in den Städten davor geschehen sind. Wie viele sind es mittlerweile, die du heimgesucht hast? Acht? Neun?« Neely hielt mitten in der Bewegung inne, als wäre ihm erst jetzt bewusst geworden, dass er sich den Arm rieb. »Wann hörst du auf, davonzulaufen, River? Wenn du nämlich nicht bald damit aufhörst, werde ich dich verprügeln müssen. Und zwar so, dass es verdammt wehtut. Was ich lieber

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